Anekdote zum Sonntag (56) – Wie Wacker zu seinem Namen kam
Bundesliga 21.August.2016 Marie Samstag 0
Aus „Faulheit“ einen Sportverein zu gründen? Das kling paradox, ist aber tatsächlich passiert. Wir schreiben das Jahr 1906 und ein gewisser Max Freund hat nur Fußball im Kopf. Freund ist Schüler und wohnt in Wien-Meidling. Um seiner Leidenschaft nachzugehen, hat er sich bei dem 1897 gegründeten Wiener Athletiksport Club eingeschrieben. Die Athletiker trainieren im Prater, im zweiten Wiener Gemeindebezirk. Für Freund wird es mit der Zeit mühsam mehrmals wöchentlich vom 12. Hieb in die Stadt zu pilgern um zu kicken. Auf Fußball zu verzichten kommt für ihn jedoch nicht in Frage. So spinnt Freund eine Idee: Ein eigener Verein muss her. In seinem Heimatbezirk ist genügend unbesetzte Grünfläche vorhanden und außerdem verfügt der Schüler über unbeschreiblichen Luxus: Er besitzt einen eigenen Lederball. Bald versammelt er zahlreiche Jugendliche am Gatterhölzl, einer großen Wiese an der Grenze zu Hietzing, um sich.
Wer aus dem Westen kommend die Wiener Stadtgrenze passiert, fährt wahrscheinlich über die verkehrsreiche Grünbergstraße. In der Nähe der von 1955 bis 1959 erbauten Gatterhölzl-Kirche mitten auf dem Grünberg kickten damals sämtliche Meidlinger Buben. Max Freund und Oskar Wittek versammelten jeden, der halbwegs anständig gegen den Ball treten konnte, um sich und stellten so eine brauchbare Mannschaft zusammen. Zu den ersten Mitgliedern des neuen Vereines zählten Kaspar, Pozdek, Stütz und Belohrad, die spätere auch zum Stamm der ersten Mannschaft gehören sollten. Spieler und Feld waren gefunden und auch auf die Klubfarben konnte man sich schnell einigen: Schwarz-Weiß. Eine dunkle Clothose und ein weißes Ruderleiberl konnte fast jeder Jugendliche auftreiben, bis die erste Spielermutter bezirzt worden war, ein Trikot aus weißen Ärmeln und schwarzem Oberteil herzustellen. Nun fehlte nur noch der Name.
Max Freund war nicht nur der Gründer des Vereins, sondern der unbestrittene Chef am Platz. Mit „Gemma, gemma!“-Rufen trieb er seine Mitspieler unermüdlich an, ebenso sprach – oder besser gesagt – brüllte er ihnen Mut zu: „Wacker, wacker! Immer weiter!“, tönte Freund am Gatterhölzl. Als Minderjährige konnten weder Freund noch Wittek den Klub offiziell aus der Taufe heben, trotzdem setzten sie Vereinsstatuten auf und brüteten in einer Waschküche, die sie als „Klubhaus“ okkupierten hatten, über einen eingängigen Namen. Den Geistesblitz hatte Wittek, dem klar war, dass Freunds „Wacker, wacker“-Antreibungen jedem Spieler und auch den wenigen Zuschauern schon vertraut waren: „Sportclub (SC) Wacker Wien“, schlug Wittek vor und Freund war begeistert. Beim nächsten Treffen am Meidlinger Schlachthaus stieß der neue Vereinsname bei den Mitgliedern auf rege Zustimmung. Fast zwei Jahre nach der inoffiziellen Gründung meldete ein gewisser Rudolf Krones den gleichnamigen Verein polizeilich an. Eine bis 1971 dauernde Geschichte voller Höhen und Tiefen nahm ihren Lauf: Von Turl Wagner bis zu Gerhard Hanappi schnürten einige große Kicker ihre Schuhe bei den Meidlingern. Einen Meistertitel, einen Cupsieg, mehrere Vize-Meistertitel sowie das Erreichen des Finales im Mitropacup 1951 konnten sich die Wiener in die Chronik schreiben lassen. 1971 fusionierten sie schließlich mit der Admira. Die einstige Heimstätte in der Rosasgasse ist heute eine Schulsportanlage, das letzte Schwarz-Weiße Dress liegt im Bezirksmuseum. Übrig von über sechzig Jahren Fußballgeschichte bleibt nur der Freundsche „Schlachtruf“, der bis heute im Vereinsnamen weiterlebt: Admira Wacker.
Marie Samstag, abseits.at
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