Kaum Variationen in der Offensive: Österreich verliert Auswärtsspiel gegen Serbien
Nationalteam 10.Oktober.2016 David Goigitzer 0
In Serbien mussten die Österreicher die erste Qualifikations-Niederlage seit 13 Spielen hinnehmen. Wie haben für euch analysiert, weshalb es zu der 3:2-Niederlage kam.
Prinzipielle Ausrichtungen
Die Österreicher agierten im Aufbau gewohnt im 4-2-3-1. Früh merkte man, dass die beiden Sechser durch den serbischen Doppelsturm im Pressing isoliert werden würden, weshalb Alaba zwischen beide Innenverteidiger abkippte. Die Serbien richteten sich jedoch mit Spielverlauf etwas tiefer aus, weshalb Baumgartlinger und Alaba öfter an den Ball kamen. Beide konnten jedoch oft nur Pässe auf die Flügel finden, da nun die Wege ins Zentrum versperrt waren. Dies lag vor allem an der nur wenig dynamischen bis komplett fehlenden Besetzung des Zwischenlinienraums. Trotz erneut engerer Positionierung von Sabitzer und Arnautovic, sowie Junuzovic als Zehner, fand man nur selten Pässe auf die offensive Dreierreihe. Arnautovic löste dies öfter mit tiefem Zurückfallen, dennoch wirkte die österreichische Mannschaft in zwei Teile geteilt und unverbunden.
Im Mittelfeldpressing begann man zunächst etwas zurückhaltender und war darauf bedacht, die Wege auf die serbischen Sechser abzuschneiden. Dies sollte im 4-4-2 gelingen. Nach der serbischen Führung legte man das Pressing jedoch deutlich früher an und versuchte schon die Verteidiger am Aufbau zu stören.
Die Serben legten ihr Offensivspiel sehr direkt an, versuchten über die sehr breit agierenden Flügelverteidiger die Defensive der Österreicher zu strecken und die Passwege in die Halbräume, die man stets überlud, zu bespielen. So fiel bereits in der sechsten Minute das Tor, als Ivanovic einen Laserpass durch den Halbraum fand und der Ball nur zwei Pässe später im Tor lag. Durch die sehr direkte Spielweise ging man stets viel Risiko, spielte auch viele hohe Bälle auf den oft weit ausweichenden Mitrovic. Dies trug dazu bei, dass Serbien nur kurze Ballbesitzphasen hatte. Baute man jedoch kontinuierlich auf, dann arbeitete man mit hohen Seitenwechseln, um die Flügelverteidiger in Szene zu setzen.
Das serbische Mittelfeldpressing formierte sich meist in einem sehr kompakten 5-4-1, das den Österreichern Verbindungen in den Zehnerraum sehr schwierig machte. Man konnte die komplette Breite abdecken und so Alaba und Baumgartlinger oftmals effektive Passoptionen nach vorne verwehren. Probleme hatte man jedoch, wen Klein im Halbraum auftrat, sowie mit den Dribblings von Arnautovic, die aus der Tiefe vorgetragen wurden. Hierbei half jedoch auch die abgeflachte letzte Linie der Österreicher.
Frühe Tore, etwas dominantere Österreichern
Nach dem schnellen Gegentor konnte man nur wenige Minuten später ausgleichen und das Spiel in den Griff bekommen. Die Elf von Marcel Koller hatte deutliche Vorteile in Sachen Ballbesitz, dies lag jedoch auch an der tiefen Ausrichtung des serbischen Pressings, das bis auf kurze Phasen meist zuließ, dass Alaba und Baumgartlinger den Ball bekamen. Die beiden Spielgestalter hatten jedoch durchaus Probleme ihre Offensivspieler in Szene zu setzen. Zu wenig abgestimmte Bewegungen gab es in der letzten Linie Österreichs, zu oft flachte diese ab und man endete wie schon zuvor im 4-2-4. Florian Klein zeigte kluge Ansätze und tauchte immer wieder im Halbraum auf, tat dies jedoch zu selten. So griff man zu oft zu Flanken oder hohen Bällen, da man am Flügel leicht zu isolieren war.
Kleiner Exkurs:
Führende Taktikexperten sehen die Zukunft des Ballbesitzes OHNE letzte Linie, oder höchstens einfach besetzt. Dies soll Raumüberladungen erleichtern, defensive Zuteilung erschweren und für mehr Dynamik sorgen, die dann auch nötig ist, und um effektiv hinter die Abwehrlinie zu kommen. Österreich, so wie viele andere Mannschaften (u.a. auch Real Madrid) , macht hier genau das Gegenteil und besetzt die letzte Linie statisch mit mehreren Spielern, meist mit Arnautovic, Sabitzer, Junuzovic und Janko. Dies führt zu schlechten Verbindungen im Ballbesitz, die folgenschwer sein können. Der Konter, der zum 2:1 der Serben führte, entsprang schlechten Verbindungen im Ballbesitz nach einem guten Ballgewinn von Österreich. Die Halbfeldflanke von Klein wurde einfach abgefangen, der Gegenstoß dauert zuvor einige Zeit, war jedoch wirksam.
Das hohe Pressing der Österreicher barg zunehmend Probleme: Zu wenig Druck konnten der für diese Ausrichtung wohl zu wenig dynamische Janko und Junuzovic auf die ballführenden Verteidiger ausüben, sodass diese immer wieder durch halbhohe und hohe Bälle die Flügel oder Halbräume fanden, welche mit kurzen Ablagen in das dann geöffnete Zentrum immer wieder für gute Progression im Ballbesitz sorgten. Die Abwehr der Österreicher verschob zudem vertikal nicht immer kompakt genug, weshalb aus diesen Ablagen oft Dynamik hergestellt und diese gegen die österreichische Abwehrkette genutzt werden konnte.
Die zweite Halbzeit
Die Serben sorgten weiterhin mit schnellen Kontern und der Nutzung der ballfernen Räume für Probleme bei Marcel Kollers Truppe. Die serbischen Halbstürmer rückten nun auch im Pressing situativ höher, was den Aufbau unserer Nationalmannschaft ebenfalls zum Stocken brachte. Die Österreicher konnten im zweiten Durchgang kaum effektiv Chancen herausspielen, die offensive Harmlosigkeit war, neben dem 2:2-Ausgleich, der wegen Abseits irregulär war, eklatant. Die Einwechslungen brachten nichts, da es ja primär mehr ein strukturelles als ein personelles Problem ist, mit dem die Nationalmannschaft zu kämpfen hat. Flexiblere und fluidere Zwischenlinienraumbesetzung ist nötig, um endlich wieder effektiv und erfolgsstabil den Weg vor das gegnerische Tor zu finden.
Das 3:2 fiel nach einem weiteren Angriff, der das sehr kompakte Verschieben der Österreicher ausnutzte. Nach Diagonalpass von Kolarov in die Mitte hatte Tadic zwar etwas Glück bei der Annahme, der „Sombrero“ über Wimmer funktionierte jedoch primär aufgrund des großen Raums dahinter, der starke Abschluss beschloss dann auch das Ergebnis in der 73. Minute mit 3:2.
Fazit
Der fehlende taktische Variantenreichtum der österreichischen Nationalmannschaft macht sich zusehends bemerkbar. Gegen individuell nicht übermächtige Serben verlor man schlussendlich verdient mit 3:2. Die vielen nicht genutzten Chancen von Arnautovic, der übrigens ein sehr gutes Spiel machte, gab es eher nicht zu sehen. Zu sehen war, dass Serbien genau wusste wie man Österreich knacken konnte. Der österreichische Matchplan schien einmal mehr vor allem defensiv angepasst gewesen zu sein, in der Offensive muss man noch härter an Variationen arbeiten, um endlich wieder einen Entwicklungssprung machen zu können.
David Goigitzer, abseits.at
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