Walter Schachner im Interview: „Falsche Neun? Doppelsechs? Kann ich nicht mehr hören!“
Sonstiges 26.Januar.2017 Philipp Braunegger 0
Demnächst betritt Walter Schachner mit dem glatten Parkett der ORF-Show „Dancing Stars“ Neuland. Ist das Trainerbusiness also für ihn erledigt wie manche unken? Mit abseits.at spricht Schachner Klartext warum er sich nicht selbst als Trainer anbietet, was im heimischen Trainergeschäft falsch läuft, wieso er Kick-Neudeutsch ablehnt und er im Fußball noch nicht den „letzten Walzer“ tanzt. Das Interview wurde von Phillip Braunegger geführt.
Walter Schachner, ich konfrontiere Sie provokant mit einer Aussage die unter Fußball-Fans aktuell die Runde macht: „Jetzt macht der Schachner also schon bei Dancing Stars mit – mit dem Trainergeschäft hat er offenbar nix mehr zu tun!“ Was entgegnen Sie auf so etwas?
Wenn es solche Ansichten gibt, finde ich das einmal grundsätzlich schade. Weil es nicht stimmt! Mein Engagement bei der TV-Sendung Dancing Stars hat nichts mit meiner Beziehung zum Thema Fußball zu tun. Ich finde die Vorstellung sich einer neuen Herausforderung zu stellen, ein für mich völlig neues Segment kennen zu lernen und dort gefordert zu sein, ungemein spannend. Außerdem lerne ich neue Leute kennen, die aus Bereichen des öffentlichen Lebens kommen, die ich nicht kenne.
Trotzdem gibt es den Vorwurf „weg vom Fenster“ zu sein was Engagements am Rasen statt am Tanzparkett angeht…
Wie gesagt: der geht ins Leere. Warum gibt es diese Aussagen? Klar, weil ich schon länger keinen Trainerposten mehr übernommen habe. Nur dazu ist schon zu sagen: Ich wurde auch nicht angefragt. Das halte ich generell für ein Problem im heimischen Fußball.
Was genau?
Dass Trainer mit einem guten Namen – und ich denke da darf ich mich aufgrund meiner Erfolge beim GAK und so weiter durchaus dazuzählen, beziehungsweise traue ich mich auch zu sagen dass mir von den österreichischen Trainern, also nicht den ausländischen, von den Erfolgen keiner das Wasser reichen kann – bei freigewordenen Stellen nicht so gefragt sind wie sie es sein sollten. Ein paar Namen: Barisic, Baur, Kühbauer, Schöttel, seit kurzem Vastic und ich – warum haben gute Leute aus Österreich aktuell keinen Job? Das verstehe ich nicht. Nichts gegen ausländische Trainer, die leisten oft richtig tolle Arbeit! Trotzdem würde ich mir mehr Wertschätzung gegenüber heimischen Trainern wünschen. Die Herangehensweise zuerst ins Ausland zu schauen, da muss man sich in Österreich hinterfragen.
In Deutschland ist es gang und gäbe sich selbst quasi anzubieten. Dieses Klinkenputzen gehen ist für Sie keine Option?
Ich möchte mich nicht anbieten! Ein professioneller Verein muss doch selbst so umsichtig aufgestellt sein, dass er Kenntnis darüber hat wer gerade verfügbar ist! Der Verein muss aktiv werden und auf Kandidaten zugehen.
Was beim durchaus enorm großen Markt an Trainern nicht immer einfach ist.
Umso größer ist doch die Auswahl, oder? Überhaupt: wenn ich mir heute ansehe wie groß die Betreuerstäbe bei den Proficlubs – vor allem auch den Nationalteams – sind, muss ich mich wundern. Da gibt es für jeden Bereich einen eigenen Experten. Es gibt ja fast schon mehr Leute im Trainerstab als auf der Kaderliste! Muss das so sein?
Kompetenzaufteilung hat ja Sinn: jeder Bereich ist professionell besetzt, Arbeitsteilung erspart Aufwand.
Das streite ich nicht ab. Nur behaupte ich schon: wenn ich mit den Vokabeln von heute – „Falsche Neun“, „Doppelsechs“, „Gegen den Ball spielen“ – mit meinen Kickern vom GAK damals während der Halbzeitpause das Spiel besprochen hätte, anstatt einfach zu sagen „spielt´s agressiv, nach vorn orientiert“, bin ich mir nicht sicher ob Zweiteres nicht leichter verständlich gewesen wäre.
Uli Hoeneß meinte kürzlich er könne die Statistik-Schwemme „wer, wann, wo, wie viele Meter in irgendeiner Heatmap gelaufen ist“ nicht mehr hören. Sie würden das Spiel verwissenschaftlichen. Ist Purist Hoeneß für Sie ein Bruder im Geiste?
Sagen wir so: Statistiken sind oft hilfreich. Am Schluss ist Fußball aber immer noch ein Spiel, und das muss auch einfach erklärbar sein. Ich kann nur sagen: mir reicht ein Co.-Trainer, ein Sportwissenschaftler und jemand, der sich ums Medizinische und Konditionelle kümmert. Fertig.
Ein inzwischen fixer Posten im Fußball-Business ist auch der Berater. Es hieß oft auch Sie haben einen: ihre Gattin würde unter anderem ihre Verträge ausverhandeln!
Ha (lacht)! Ja, das Gerücht kursierte. In die Welt gesetzt hat das damals der Hannes Kartnig. Er sprach immer von der „Frau Chefin“. Meine Frau hat aber nie eine solche Funktion gehabt.
Zurück zum Thema „Schachner tanzt statt coacht“: wäre es aktuell für Sie überhaupt interessant in Österreich ein Team zu übernehmen?
Nur einen Bundesligisten! Wenn du in den unteren Ligen nicht schnell Erfolg hast ruinierst du dir dort nur schnell deinen Ruf. Aber in der ersten Liga sind die Klubs immer interessant.
Gäb es ein präferiertes Ziel?
Die Großklubs sind am reizvollsten, das ist legitim. Und wenn sich bei Sturm in Sachen Trainerposten in Zukunft wirklich etwas ändern sollte kann ich nur sagen: als überzeugter Steirer wär‘ Sturm natürlich DER Verein. Aber das ist Hypothese. Foda macht in Graz super Arbeit, Günter Kreissl sowieso. Ihn schätze ich sehr.
Sie sagten sich nicht selbst anbieten zu wollen, quasi hausieren zu gehen. Generell haben Sie aber zum Thema Verbesserungsversuche eine eigene Ansicht – die sollen nämlich auch die Trainer nachkommen dürfen.
Keine Frage: Loyalität zum Verein ist Voraussetzung für jedes Engagement. Wenn ein Coach aber in Erwägung zieht einen kleineren Verein für eine größere Adresse zu verlassen, wird ihm das negativ ausgelegt. Nur: warum darf ein Trainer nicht Interesse daran haben sich zu verbessern? Wenn Spieler mit anderen, größeren Teams sprechen, vielleicht ausländischen, sagt keiner was. Dann heißt´s: ist doch klar, dass der aufsteigen will! Warum regt man sich auf wenn das das Ziel eines Trainers ist?
Herauszuhören ist jedenfalls, dass Sie sich mit dem Thema Rückkehr ins Trainergeschäft genau beschäftigen. Die eingangs erwähnten Vorwürfe vom Fußball-Stammtisch gehen ins Leere.
So ist es. Mit mir ist immer zu rechnen – und das ncht nur am Tanzparkett!
Philipp Braunegger, abseits.at
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Philipp Braunegger
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