Im Playoff der Europa League bekam die Wiener Austria ein interessantes Los und kämpft nun gegen den kroatischen Vertreter NK Osijek um den Einzug... So kann die Austria den NK Osijek knacken!

Im Playoff der Europa League bekam die Wiener Austria ein interessantes Los und kämpft nun gegen den kroatischen Vertreter NK Osijek um den Einzug in die Gruppenphase. Dabei wird der Verein NK Osijek wohl nur eingefleischten Fans des kroatischen Fußballs ein näherer Begriff sein. Im Folgenden wollen wir uns das Team aus der viertgrößten Stadt Kroatiens näher ansehen und werfen in zwei Teilen einen Blick sowohl auf den Erfolgslauf, als auch auf die Stärken und Schwächen von Osijek.

Defensive Ordnung ragt bei Osijek heraus

Wir kommen nun zu einer näheren Analyse der Spielweise von NK Osijek und fangen mit der größten Stärke der Kroaten an – nämlich dem Spiel gegen den Ball. Grundsätzlich formiert sich Osijek in einer 4-2-3-1-Anordnung, wobei diese auch manchmal zu einem flachen 4-5-1 wird. Dabei verschiebt man relativ ballorientiert, kombiniert dies jedoch auch mit einigen Manndeckungen, speziell an den Flügeln. Diese Vorgehensweise wirkt dabei überaus stabil, die Abläufe flüssig und die Automatismen ausgereift. Das ermöglicht Osijek eine gute Kompaktheit aufrechtzuerhalten und macht es für den Gegner schwer, offene Räume anzuvisieren und zu bespielen.

Darüber hinaus wirkt das Kettenspiel gut entwickelt (aus der Formation herausstechen, dahinter wird abgesichert) und ein nicht zu unterschätzender Faktor: Alle zehn Feldspieler beteiligen sich mit einem hohen Aufwand an der Defensivarbeit. Letztlich lässt sich konstatieren, dass die Mannschaft das tiefe Verteidigen wirklich beherrscht und damit doch ein recht hohes Niveau erreicht, was man selbst in Österreich nicht so oft zu sehen bekommt.

Dabei ist das Prunkstück der Mannschaft definitiv die Verteidigung. Kapitän Borna Barisic war in der engeren Auswahl beim Stadtrivalen Rapid und gilt als bester Linksverteidiger der kroatischen Liga. Die Innenverteidigung mit Skoric und Barac ist ebenfalls hoch einzuschätzen und bildet ein eingespieltes Duo, ist äußerst schwer zu überwinden, wie bereits PSV bemerkte. Positiv für die Austria: Barac wird das Duell definitiv verpassen, da er zu Ajax Amsterdam wechseln wird und bereits beim Medizincheck vor Ort weilt. Für Osijek ein schwerer Verlust, aber mit Skoric bleibt immerhin ein wichtiger Baustein erhalten, der nicht umsonst vor kurzem sein Debüt in der kroatischen Nationalmannschaft feiern durfte.

Ersetzt wird Barac wohl von Lesjak, der zu den Routiniers der Mannschaft gehört und auch als Abräumer im Mittelfeld zum Einsatz kommt, jedoch deutlich schwächer einzuschätzen ist. Komplettiert wird die Abwehr mit dem rechten Verteidiger Sorsa, der nominell eigentlich ein gelernter Flügelstürmer ist. Dementsprechend hat er seine Stärken im Spiel nach vorne, macht jedoch auch defensiv seine Sache nicht schlecht und profitiert vor allem von seinem starken Nebenmann Skoric, der durch seine gute Antizipation meist zur Stelle ist und vieles abräumt.

Zu guter Letzt wäre noch Torhüter Malenica, der diese Saison durch den Abgang des Stammtorhüters zur neuen Nummer eins aufgestiegen ist. Malenica ist definitiv als eine der Schwächen bei den Kroaten anzusehen, da er über keine gute Strafraumbeherrschung verfügt und auch ansonsten nicht immer den sichersten Eindruck erweckt.

Problemstelle Pressing und mangelnde Aufrückbewegungen

Osijek beherrscht also das tiefe Verteidigen und ist individuell-qualitativ in der Abwehr wohl am besten besetzt, wobei der Abgang von Barac natürlich eine große Lücke hinterlässt. Jedoch ist letztlich nur das tiefe Verteidigen auf einem hohen Niveau anzusiedeln, während andere Aspekte in der Defensive noch nicht so ausgereift sind und abfallen.

Dabei sticht vor allem das schlechte Angriffspressing ins Auge, das bei weitem nicht so kompakt ausgeführt wird wie das tiefe Verteidigen. Es kommt immer wieder vor, dass die Offensive alleine den Gegner anläuft und sich dahinter ein großes Loch auftut, da die Verteidigung nicht konsequent nachschiebt. Dadurch kommt es vor, dass zwischen Stürmer und Innenverteidigung ein Abstand von 30 bis 40 Metern entsteht, was im modernen Fußball eher unüblich ist.

Das bietet naturgemäß Räume für den Gegner, die ein guter Gegner auch zu bespielen weiß. Jedoch sei angemerkt, dass Osijek gegen stärkere Mannschaften meist darauf verzichtet und wenn höchstens situativ presst. Es bleibt daher abzuwarten, wie die Kroaten das Spiel gegen die Austria anlegen wird. Wenn man die Veilchen so stark einschätzt wie Luzern, könnte man auch weiter vorne attackieren, was der Austria definitiv entgegenkommen würde. Ein deutlich schwereres Unterfangen wäre es, wenn Osijek das Spiel so anlegt wie gegen Eindhoven und Rijeka. In dem Fall wird es wohl ein Geduldspiel werden und vieles davon abhängen, ob die Formkurve der Violetten im Offensivspiel nach oben zeigt.

Offensivspiel? Zentrum pfui, Flügelspiel hui

Das Ballbesitzspiel von Osijek lässt sich relativ simpel erklären – Flanken, Flanken und noch mehr Flanken. Der Flügelfokus der Kroaten ist teilweise so absurd, dass das Zentrum quasi unbesetzt und nahezu verwaist ist. Das Spiel mit dem Ball ist also mehr als ausbaufähig, wobei die Abwehr durchaus das Potential hätte, das Spiel sauber von hinten aufzubauen. Jedoch mangelt es den Kroaten an stabilen Verbindungen in der Spieleröffnung und weder das Zentrum, noch die Halbräume werden optimal eingebunden.

So beschränkt sich der Spielaufbau mehr oder weniger auf nur zwei Varianten: Entweder erhalten die Außenverteidiger den Ball und tragen ihn nach vorne, oder man passt sich hinten solange den Ball zu, bis der Gegner etwas Platz auf den Seiten lässt, um dann eine Spielverlagerung einzubauen. Diese werden jedoch speziell von Skoric sehr gut gespielt und sollten unbedingt verhindert werden. Eine dritte Variante wären weitgehend unkontrollierte Bällen nach vorne, was aber nur situativ zu erwarten wäre.

Wenn der Ball in höheren Zonen angelangt ist, bleibt auch weiterhin das vordergründige Ziel über die Flügel anzugreifen und wenn möglich durchzubrechen. Aus diesem Grund interpretiert der ukrainische „Zehner“ Dmytro „Lopa“ Lepa seine Rolle stark ausweichend und ist sehr oft auf den Flügeln anzutreffen, um dort für Überzahl zu sorgen.

Für manche Beobachter dürfte dabei speziell die Rolle der beiden „inversen“ (also in die Mitte ziehende) Flügelspieler etwas seltsam anmuten, da beide mit dem „falschen“ Fuß auf der „verkehrten“ Seite spielen. Wie passt dies also mit dem Flügel/Flankenfokus und der schlechten Anbindung des Zentrums zusammen? Der Hauptzweck besteht auch darin, Räume für die beiden aufrückenden und offensivstarken Außenverteidiger zu öffnen. Dadurch, dass beide Flügelspieler gerne ins Zentrum ziehen, muss der Gegner auch auf dieses Stilmittel achten, wodurch auch mal Räume für die Außenverteidiger auf den Seiten frei werden, wobei die beiden Flügelspieler auch gerne mal die Seiten wechseln.

Die Außenverteidiger werden dann meist in Richtung Grundlinie geschickt und sollen den kopfballstarken Stürmer Ejupi bedienen. Diese einfache und relativ simple Angriffsstrategie ist aber durchaus gefährlich, da Osijek gute Flanken hereinschlägt und die Strafraumbesetzung recht ordentlich ist. Jedoch können gute Gegner dies natürlich leicht unterbinden und die Austria sollte danach trachten, sich entsprechend darauf einzustellen. Ebenfalls ein gängiges Muster ist die bereits erwähnte Verlagerung auf die Flügelspieler, die dann ins Dribbling gehen und den Abschluss suchen.

Gefährliche Offensivspieler und durchschnittliches Zentrum

Individuell sind vor allem die beiden Flügelspieler und der Mittelstürmer Osijeks zu beachten. Dabei ist vor allem kroatische U21-Nationalspieler und Neuzugang Bockaj ein hochinteressanter Mann und befindet sich zurzeit in blendender Verfassung. Er kommt meist über den rechten Flügel, verfügt über einen starken linken Fuß, mit dem er oft den Abschluss sucht. Er geht auch immer wieder gerne ins Dribbling bzw. ist durchaus in der Lage, mehrere Spieler auf einmal auszuspielen und so Unterzahlsituationen aufzulösen. Darüber hinaus sind seine Freistöße brandgefährlich, was er mit einem direkten Freistoßtor gegen PSV eindrucksvoll untermauerte.

Sein Pendant auf der linken Seite Grezda kam im Sommer von Lokomotiva Zagreb zu Osijek und erarbeitete sich ebenfalls sofort einen Stammplatz. Grezda verfügt über ein hohes Tempo und ist durch seine Dynamik speziell im Umschaltspiel eine Waffe und kann dem Gegner einige Probleme bereiten.

Komplettiert wird die Angriffsreihe durch den starken Mittelstürmer Ejupi. Dieser setzt seinen massigen Körper stark ein und kann dadurch Bälle gut festmachen, wodurch seine Kollegen Zeit zum Aufrücken haben. Seine größten Qualitäten liegen im Strafraum, wo man ihn nicht aus dem Auge verlieren und speziell bei Flanken eng decken sollte.

Das Zentrum fällt qualitativ etwas ab. Mioc nimmt dabei die Rolle als Abräumer vor der Abwehr ein und besticht durch seine Laufleistung und giftige Spielweise gegen den Ball, wodurch er ein unangenehmer Gegenspieler im Zweikampf ist. Fußballerisch gehört er eher zu den Schwächeren und ist immer wieder für einen leichtfertigen Ballverlust gut.

Neuzugang Mudrazija kam im Sommer von Liefering, wo er vergangene Saison zehn Spiele absolvierte. Er nimmt die Rolle als Verbindungsspieler ein und stößt auch immer wieder aus der Etappe nach vorne in die Offensive. Allerdings wird er aufgrund seiner dritten gelben Karte gegen Eindhoven im Hinspiel fehlen, was ebenfalls kein Nachteil sein dürfte.

Der bereits erwähnte Zehner Lepa ist ein kleiner, wendiger Spieler und immer auf der Suche nach Freiräumen oder Ausweichmöglichkeiten auf die Flügel. Aber auch im Strafraum ist er durchaus gefährlich und verbuchte letzte Saison gute Werte mit acht Toren und fünf Vorlagen in 21 Ligaspielen. Durch sein hohes Laufpensum in der Defensive, fällt er jedoch gegen starke Gegner deutlich ab und muss sich quasi in den Dienst der Mannschaft stellen.

Wie könnte man NK Osijek knacken?

Osijek kann ein richtig unangenehmer Gegner werden, sofern ihr Plan des tiefen Verteidigens aufgeht und der Spielverlauf ein passender ist. Jedoch kann die Spielweise auch gegen sie verwendet werden. Durch die tiefe Defensive und die Mannorientierungen an den Flügeln wird aus der Viererkette auch mal schnell eine Fünfer- oder sogar Sechserkette, sobald die Außenverteidiger der Gegner aufrücken und die Flügelspieler sie verfolgen. Zwar hat man dann eine massive letzte Abwehrlinie, jedoch birgt das immer die Gefahr der Unordnung oder des mangelnden Zugriffes bzw. fehlenden Druck auf den Ball.

Andererseits werden dann auch die Wege nach vorne für die Offensive sehr lang und dieses Pensum ist über 90 Spielminuten nur schwer aufrechtzuerhalten. Ein weiterer Ansatzpunkt wäre die Mannorientierung der Außenverteidiger auf die gegnerischen Flügelspieler auszunutzen. Wenn sich etwa die gegnerischen Flügelspieler ins Zentrum fallen lassen, werden sie gerne von den kroatischen Außenverteidigern verfolgt und hinterlassen dadurch ein Loch in der Abwehr. Ein gut getimtes Aufrücken der Außenverteidiger, kombiniert mit dem Fallenlassen der Flügelstürmer könnte Räume öffnen, um die Abwehr der Kroaten aufzureißen.

Ebenso sollten Flügelüberladungen angedacht werden, um Überzahl zu schaffen und für Zuordnungsprobleme bei Osijek zu sorgen. Ausweichende Bewegungen von einem Stürmer wie Monschein könnten da für zusätzliche Probleme sorgen. Einige dieser Ansatzpunkte waren auch beim Matchplan von Rijeka gegen Osijek zu sehen und sorgten bis zur roten Karte für ein deutliches Übergewicht.

Grundsätzlich sollte man also ein gutes Positionsspiel an den Tag legen und eine stabile Ballzirkulation aufrechterhalten, um die Kette der Kroaten in Bewegung zu bringen und auf Lücken zu lauern. Mit Fortdauer des Spieles werden durch das hohe Laufpensum bestimmt auch die Kräfte bei Osijek immer mehr schwinden und sich dadurch noch mehr Freiräume auftun, weshalb Geduld ebenfalls gefragt sein wird. In der Kaderbreite fehlt es den Kroaten nämlich an Qualität, um nochmal frischen Wind von der Bank zu bringen.

Im Spiel gegen den Ball wäre ein aggressives Gegenpressing von Vorteil, da sie fußballerisch speziell im Zentrum anfällig sind und nicht die Qualität haben, um ein aggressives Attackieren spielerisch zu lösen. Dadurch würde man die Kroaten auch in ihrer eigenen Hälfte einschnüren und auf Dauer würden sie diesem Druck wohl nicht standhalten können.

Andererseits birgt das hohe Aufrücken natürlich die Gefahr, dass es dem Gegner dann doch gelingt sich zu befreien, um dann gefährliche Konter zu fahren. Die Austria könnte sich auch für eine etwas abwartende Spielweise entscheiden und auf Fehler von Osijek warten bzw. sie selber zum Ballbesitz animieren, indem man sie erst in der eigenen Hälfte attackiert. Dabei sollte man jedoch vor allem versuchen, das Flügelspiel der Kroaten zu unterbinden, indem man gruppentaktisch gut verschiebt, dadurch die Räume enger macht und versucht Osijek auf den Außen zu isolieren.

Gleichzeitig sollte sich der ballferne Flügelspieler etwas breiter positionieren, damit man auf mögliche Seitenwechsel schnell reagiert und wenn möglich verhindert. Standards werden auch ein wichtiger Faktor sein, da der Torhüter Malenica gerne im Strafraum umherirrt und immer für einen Fehler gut ist.

Fazit

Auch wenn der Gegner für viele Fans eher eine Unbekannte darstellt, ein Spaziergang wird das Duell für die Wiener Austria gegen den NK Osijek nicht werden. Die Kroaten verfügen über eine gute defensive Organisation, wodurch sie sehr kompakt auftreten und darüber hinaus äußerst diszipliniert agieren. Auch in der Offensive verfügen sie über Akteure, die für Gefahr sorgen können und immer für ein Tor gut sind. In Strafraumnähe sollten Fouls unbedingt vermieden werden, da Osijek mit Bockaj einen guten Standardschützen in ihren Reihen hat. Ebenfalls sollte man sich vor den weiten Outeinwürfen hüten, denn Osijek erzielte nach diesem Muster nicht nur das Führungstor gegen Luzern.

Für die Austria wird es wichtig sein, dass Flügelspiel zu unterbinden und gruppentaktisch sauber zu verschieben, ein gutes Gegenpressing zu spielen und variabel in der Offensive zu agieren. Dabei sollte vor allem das Zentrum der Veilchen eine entscheidende Rolle spielen, denn wie sagte der beste Trainer der Welt sinngemäß: „Wer das Zentrum kontrolliert, kontrolliert letztlich auch das Spiel“. Die Austria wird jedenfalls zwei gute Spiele brauchen, um diese Aufgabe zu bewältigen und in die Gruppenphase einzuziehen. Aufgrund der höheren individuellen Qualität wird man dennoch als leichter Favorit in dieses Duell gehen.

Dalibor Babic, abseits.at

Dalibor Babic

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