Kaderanalyse des FC Liverpool: Die Offensive ist das Prunkstück
England 2.September.2017 Philipp Stottan 0
Am Ende des Transferfensters ging es beim FC Liverpool noch einmal rund. Trotz der Beschwerde von Trainer Jürgen Klopp weil sich mögliche Transfers in den Saisonbeginn hineinziehen, wurden die Reds nach der endgültigen Qualifikation zur Champions League erneut aktiv. Welche Spieler gekommen und welche gegangen sind, wie sich die Neuen im Kader einfügen und wer als Stammspieler in die Saison geht, erfahrt ihr jetzt.
Die einzelnen Mannschaftsteile werden nach und nach unter die Lupe genommen. Den Anfang machen die Torhüter:
Torwart
Im Tor ist der FC Liverpool quantitativ so gut besetzt wie sonst nirgends im Kader. Mit Simon Mignolet, Loris Karius und Danny Ward hat man drei annähernd gleichwertige Schlussmänner zur Verfügung.
Jürgen Klopp hat einen Dreikampf um den Stammplatz angekündigt, wie zu erwarten blieb aber der Belgier Mignolet vorerst die Nummer eins. Der im letzten Jahr eigentlich als Stammspieler geholte Deutsche Karius konnte bis hierhin nicht überzeugen und muss daher auf der Bank Platz nehmen.
Diesen Platz würden viele Fans aber lieber an den Aufstiegshelden bei Huddersfield Town Danny Ward vergeben. Der Waliser hat bei seiner Leihe und in der Pre-Season überzeugt, wird aber trotz seiner Qualität wohl nur in den Cup-Bewerben Chancen erhalten.
Mit Ádám Bogdán gäbe es noch einen vierten Mann, der aber nur aufgrund eines Kreuzbandrisses noch im Kader steht.
Verteidigung
Weiter geht es mit der großen Schwachstelle des FC Liverpool. Seit der Saison 2009/10 haben die Reds nicht mehr unter 40 Gegentoren in der Premier League kassiert und sich somit oft um die eigenen Lorbeeren gebracht (Stichwort: Vizemeisterschaft 2013/14).
Immer wieder wurde deshalb teuer in den Kader investiert, gebracht hat es allerdings wenig.
Außenverteidigung
Diese Saison kam mit Andrew Robertson ein junger, entwicklungsfähiger Linksverteidiger für rund 9 Millionen Euro vom Absteiger aus Hull City. Der Schotte muss sich aber erst akklimatisieren und ist deshalb hinter Alberto Moreno zurückgefallen. Dass man mit eben jenem überhaupt in die Saison geht, ist aber wohl die größte Überraschung.
Schon letzte Saison spielte der Spanier keine Rolle und sollte sich in der Vorbereitung für einen Wechsel empfehlen. Allerdings spielte der 25-Jährige wirklich gut, weshalb sich das Trainerteam entschloss ihn zu behalten. Aufgrund der jetzt guten Auswahl wurde der Stammspieler der letzten Saison James Milner wieder ins Mittelfeld zurückbeordert.
Auf der rechten Seite der Abwehr veränderte sich hingegen nichts. Der 18-jährige Trent Alexander-Arnold bleibt weiterhin die Nummer zwei hinter dem englischen Nationalspieler Nathaniel Clyne. Der 26-Jährige ist aber zu Beginn verletzungsbedingt nicht verfügbar, weshalb Alexander-Arnold sich zurzeit mit dem 20-jährigen, eigentlichen Innenverteidiger, Joe Gomez abwechselt. Beide zeigten bislang, trotz ihres jungen Alters, bereits gute Leistungen.
Jon Flanagan spielt keine Rolle mehr, man konnte aber noch keinen Abnehmer für den 24-Jährigen finden.
Innenverteidigung
Die Innenverteidigung ist beim LFC ein kontroverses Thema. Eigentlich hat man mit Joel Matip und Dejan Lovren zwei gute Spieler zur Verfügung und ist in die Breite mit Ragnar Klavan und dem bereits erwähnten Joe Gomez gut abgesichert.
Jedoch sind die beiden Stammspieler zu häufig verletzt und gerade Lovren hat viele Kritiker im Umfeld des Vereins. Er ist dafür bekannt mit seiner aggressiven Art zu verteidigen die Agüeros und Lukakus der Liga regelmäßig in die Tasche zu stecken, nur um dann gegen die vermeintlich kleinen Teams der Liga zu patzen.
Klavan und Gomez haben nicht/noch nicht die Qualität um als Stammspieler einspringen zu können. Auch deshalb setzte Jürgen Klopp alles daran seinen Wunschspieler Virgil van Dijk vom FC Southampton – er wäre der der Fünfte im Kader – zu bekommen. Bis zu 80 Millionen Euro waren für die Niederländer im Gespräch. Die Saints wollten aber nicht erneut an die Reds verkaufen und so geht man mit dem vorhandenen Personal in die Saison und hofft auf möglichst wenige Verletzungen.
Mamadou Sakho, der sich mit Jürgen Klopp bereits letzte Saison zerstritt, wurde um rund 30 Millionen Euro an Crystal Palace verkauft.
Mittelfeld
Auch im zentralen Mittelfeld spalten sich etwas die Gemüter. Einerseits ist dort in der Spitze, wie auch in der Breite gutes Material vorhanden. Allerdings hat man gehörige Probleme gegen tiefstehende Teams, da im Mittelfeld zu wenig Kreativität vorhanden ist. Kapitän Jordan Henderson, Emre Can und Georginio Wijnaldum sind vorerst gesetzt, kommen aber wie James Milner viel über ihre Physis und ihre Laufbereitschaft und können zudem nicht beständig tiefe Formationen knacken – auch wenn gerade Can das Potenzial dazu hätte.
Einzig Adam Lallana kann für dieses gewisse Etwas sorgen und war daher auch einer der wichtigsten Spieler der Saison, fällt aber nun bis in den Herbst aus. Ein weiterer Kniff war das Zurückziehen von Spielmacher Philippe Coutinho vom Flügel auf die Achterposition. Dies wurde schon gegen Ende der letzten Saison versucht und brachte den erwünschten Erfolg. Diese Variante schien aber lange zu zerbrechen, da der Brasilianer mit einem Transfer zum FC Barcelona kokettierte. Der Wechsel wurde ihm verboten; wann er aufgrund seines Verhaltens, mit vorgetäuschter Verletzung, aber wieder eingesetzt werden wird ist fraglich. Zudem ist er weiterhin eine sehr starke Option für den linken Flügel.
Um aber nicht nur von dem ‚kleinen Magier‘ abhängig zu sein, jagte man lange Naby Keïta von RB Leipzig, den noch einige aus seiner Zeit bei Red Bull Salzburg kennen dürften. Die Leipziger weigerten sich aber den kreativen Mittelfeldspieler in dieser Saison ziehen zu lassen, weshalb Liverpool für die kommende Saison seine Ausstiegsklausel gezogen und noch extra Geld dazu gezahlt hat. Die Ablöse beträgt so rund 70 Millionen Euro, was im aktuellen Markt für seine Qualitäten aber nicht viel zu hoch gegriffen sein dürfte und der LFC hat ab 2018 einen der begehrtesten Mittelfeldspieler der Welt im Kader.
Am Deadline-Day kam zusätzlich noch Alex Oxlade-Chamberlain von direkten Konkurrenten Arsenal. Der 24-jährige Engländer kam für circa 40 Millionen Euro – trotz weniger als einem Jahr Restvertrag – und soll mit seiner Geschwindigkeit und seine Variabilität glänzen. ‚The Ox‘ wird für den Flügel und das Mittelfeld eingeplant sein und verzichtete für Jürgen Klopp auf das fast doppelte Gehalt beim FC Chelsea und den Gunners.
Der Jungspieler Marko Grujic wird immer wieder zu Einsatzzeit kommen, Ovie Ejaria in den Cup-Bewerben auch. Der ebenfalls in der Zentrale getestete 17-jährige Ben Woodburn eher weniger. Der talentierte Brasilianer Allan bekam weiterhin keine Arbeitserlaubnis und wurde daher Apollon Limassol nach Zypern verliehen.
Angriff
Schließlich und endlich das absolute Prunkstück des FC Liverpool. Die Offensive gehörte schon in der vergangenen Saison zum Besten was die Liga zu bieten hatte und wurde bislang nur noch besser.
Flügel
Am Flügel hat man mit dem Ex-Salzburger Sadio Mané den Star des Kaders. Wie wichtig er für die Mannschaft ist, merkt man spätestens wenn der Senegalese mal nicht mit von der Partie ist. Diese Saison rückt Mané auf den linken Flügel, was seinen Leistungen bislang aber keinen Abbruch getan hat. Drei Tore in den ersten drei Spielen zeigen dies eindrucksvoll.
Die Seite wechseln musste er, weil mit dem Rekordneuzugang Mohamed Salah ein Spieler für den rechten Flügel kam. Schlappe 42 Millionen Euro überwies man an die AS Roma für die Dienste des Ägypters und diese haben sich bislang sehr bezahlt gemacht. Trotz leichten Anpassungsschwierigkeiten steht der 25-Jährige bei drei Toren und zwei Vorlagen in nur fünf Spielen.
Die talentierten Ryan Kent und Sheyi Ojo wurden für ein Jahr verliehen, dafür ist mit Oxlade-Chamberlain eine sehr starke Alternative für den Flügel dazugekommen. Harry Wilson könnte in den Cups zu Einsätzen kommen.
Man wollte ebenfalls noch Thomas Lemar vom AS Monaco verpflichten, die geforderten 90+ Millionen Euro waren aber zu viel des Guten. Lazar Markovic wurde man bislang aber weiterhin nicht los.
Sturmzentrum
Auch im Sturmzentrum sind die Reds sehr gut aufgestellt. Klopp-Liebling und weiterhin leicht unterschätzt ist Stammspieler Roberto Firmino. Der Brasilianer gibt nicht den Stürmer im klassischen Sinn, sondern ist enorm umtriebig, reißt Lücken für seine Mitspieler und agiert als verkappter Spielmacher. Zudem ist er das Um und Auf im Pressing, vor allem jetzt wo Adam Lallana fehlt. Er ist zwar nicht der ganz große Torjäger, seine Qualitäten machen dies aber wett.
Dahinter positionieren sich einige Optionen. Daniel Sturridge ist der härteste Konkurrent, hat aber in seiner bisherigen Karriere mit Verletzungen zu kämpfen. Wenn fit, ist er hingegen der torgefährlichste Spieler im Kader und kann ebenfalls für kreative Momente sorgen.
Als dritte Option hat sich in dieser Pre-Season Neuzugang vom FC Chelsea Dominic Solanke aufgetan. Der 19-Jährige ist frischgebackener U20-Weltmeister und bester Spieler des Turniers. Er hat Divock Origi verdrängt, der seit einem Jahr in seiner Entwicklung stagniert und daher für super Konditionen (7 Millionen Leihgebühr, volles Gehalt und Rückhol-Option im Winter) an den VfL Wolfsburg verliehen wurde. Danny Ings ist nach zweijähriger Verletzungsmisere nun wieder fit und beweist zurzeit für die U23 Liverpools seine Qualitäten.
Philipp Stottan, abseits.at
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Philipp Stottan
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