Das Regelwerk: Zwischen Theorie und Praxis: Teil 6 – Das „Foul“ ohne Berührung
Taktik & Theorie 19.Februar.2012 Emanuel Van den Nest 1
Es ist der 8. Jänner 2012 und es ist Derbytime im Etihad Stadium von Manchester. United führt beim Stadtrivalen City nach einem Kopfball von Wayne Rooney ab der 10. Minute mit 1:0. Nur zwei Minuten später: United-Spieler Ryan Giggs gewinnt auf Höhe der Mittelinie den Ball und passt diesen in den Lauf von Nani. City-Innenverteidiger Vincent Kompany erkennt das rechtzeitig, läuft und springt mit beiden Beinen gestreckt in Richtung Ball, um diesen kontrollieren. Plötzlich ertönt der Pfiff der englischen Schiedsrichters Chris Foy, der Vincent Kompany, ohne zu zweifeln, die rote Karte zeigt.
Normaler Zweikampf?
Das war ein hartes, aber ausgezeichnetes Tackling, würden viele nun sagen. Schließlich ist man das vom belgischen Innenverteidiger doch gewohnt. Kompany hat den Ball getroffen und nicht den Gegner, ein grobes Foulspiel, das mit dem Platzverweis zu ahnden wäre, liegt also nicht vor. Wieso hat dann Schiedsrichter Chris Foy so reagiert? Nehmen wir das Regelwerk der FIFA zur Hand:
„Gefährliches Spiel im Rahmen eines ‚normalen‘ Zweikampfs zieht keine Disziplinarmaßnahme nach sich. Nimmt der fehlbare Spieler bei seiner Aktion eine Verletzung des Gegners in Kauf, wird er vom Schiedsrichter verwarnt.“
Gefährliches Spiel liegt bei Kompanys Aktion zweifellos vor. Nimmt Kompany auch eine Verletzung des Gegners in Kauf? Manche würden sagen, er versucht den Gegner ja gar nicht zu foulen, sondern nur zu tackeln. Demnach würde es sich um einen „normalen“ Zweikampf handeln, sein Einsteigen eine gelbe Karte nach sich ziehen.
„Übermäßige Härte“
Der Haken an der Sache ist, dass der belgische Nationalspieler mit gestreckten Beinen in den Zweikampf hineingesprungen ist und hat damit die Gesundheit seines Gegners gefährdet hat, folgende Regel belegt das:
„Ein Spieler, der im Kampf um den Ball von vorne, von der Seite oder hinten mit einem oder beiden Beinen in einen Gegenspieler hineinspringt und durch übermäßige Härte die Gesundheit des Gegners gefährdet, begeht ein grobes Foul.“
Ein grobes Foul muss der Schiedsrichter mit einer roten Karte sanktionieren. Nun hatten wir bereits das Argument, dass Kompany gar kein Foul und somit schon gar kein grobes Foul begangen hat. Schließlich hat er Nani gar nicht berührt. Streng genommen mag das auch stimmen. Doch die Regel ahndet nicht nur die tatsächliche Berührung, sondern auch das Zweikampfverhalten, das die Verletzung des Gegners in Kauf nimmt, von „übermäßiger Härte“ ist hier die Rede:
„‚Übermäßige Härte‘ liegt vor, wenn ein Spieler übertrieben hart in einen Zweikampf geht und die Verletzung des Gegners in Kauf nimmt. ‚Übermäßige Härte‘ zieht einen Feldverweis nach sich.“
Konsequenz bleibt die Ausnahme
Folgen wir dieser Argumentation anhand des Regelbuchs, ist die rote Karte für Kompany sehr wohl gerechtfertigt, Chris Foy hat richtig entschieden. Konsequenterweise ist auch die Sperre, die dem City-Spieler für vier Partien auferlegt wurden, auf Grund seines überharten Einsteigens völlig regelkonform. Um es weniger technisch zu formulieren, die Sperre geht durchaus in Ordnung.
So konsequent wie Foy ist Schiedsrichter Lee Mason drei Tage später nicht. Der gesperrte Vincent Kompany sieht von der Tribüne des Ethihad Stadium, wie es ihm Glen Johnson gleich tut: Mit gestreckten Bein springt Liverpools Außenverteidiger in einen Zweikampf. Im Gegensatz zu Kompany sieht dieser nicht einmal eine Verwarnung. Kompany wird sich womöglich gedacht haben: „Wenn ich eine rote Karte bekommen habe, dann müsste sie Johnson genauso bekommen.“ Er hätte damit Recht gehabt, nicht immer sind die Schiedsrichter so konsequent und mutig, bei gegebenen Anlass die rote Karte zu zeigen, falls das Vergehen für sie sichtbar wird.
Chris Foys hartes Eingreifen hat in der so harten geführten Premier League eher Seltenheitswert. Es wundert deshalb nicht, dass sowohl Kompanys als auch Johnsons übertriebene Härte in der medialen Debatte überwiegend nicht als solche wahrgenommen wurde. Die Regeln sprechen allerdings eine andere Sprache: „Übertriebene Härte“ nimmt die Gefährdung der Spieler in Kauf, egal, ob der Spieler tatsächlich berührt wird oder nicht.
Emanuel Van den Nest, abseits.at
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