Harte Schale, weicher Kern: Auf wen, wenn nicht auf Trifon Ivanov könnte dieses Sprichwort besser zutreffen? Auf dem Platz war er ein Raubein und auch abseits jemand, der Geschwindigkeit– ob Jetski oder Ferrari – liebte. Gleichzeitig bevorzugte der gebürtige Bulgare privat ein ruhiges Leben ohne große Exzesse. Der damalige Rapidtrainer Ernst Dokupil hatte sich Mitte der 90er in den vollbärtigen Defensivspieler von Neuchâtel Xamax richtiggehend „verschaut“. Die Warnung – „Finger weg! Das ist ein Narr! Der ist nicht zu biegen!“ – schrieb der grün-weiße Meistermacher in den Wind. So übersiedelte Ivanov 1996 mit Frau und Kindern nach Wien-Floridsdorf und wurde zum Kultlegionär in Wien-Hütteldorf. Er war nicht immer einfach, aber einfach gut. Ab und an vergaß der Libero und Innenverteidiger seine Aufgaben in der Defensive und stürmte gnadenlos nach vorne. „Er macht keine Gefangenen.“, beschrieb ein Mitspieler die harten Tacklings des Ausnahmeverteidigers. Ivanovs größtes Manko war aber jene Launenhaftigkeit, die er mit Krassimir Balakow (seinem einstigen Mitspieler in der Jugend von Etar Weliko Tarnowo) gemeinsam hatte: Einmal Weltklasse, dann wieder nur Kreisklasse.
In internationalen Spielen glänzte der Bulgare: Ob er mit dem Nationalteam überraschend bis ins Halbfinale der WM ‘94 vorstieß oder ob er als Rapidler Manchester Uniteds Éric Cantona den Zahn zog. Der französische Superstar schob nach dem 2:0-Sieg der „Red Devils“ sämtliche Grün-Weiße, die ihn um sein Leiberl baten, einfach weg und erklärte: „Mein Trikot ist für Ivanov.“ In der nationalen Meisterschaft ließ sich Trifon jedoch mitunter gehen, spielte lustlos oder machte nur durch dumme Fouls auf sich aufmerksam. Seine Glanzzeit bei Rapid endete mit einer unnötigen roten Karte im entscheidenden Meisterschaftsmatch gegen Austria Salzburg. Dokupil warf ihn daraufhin aus dem Kader. Der fast 32-jährige versucht erfolglos beim violetten Stadtrivalen Fuß zu fassen. Nach einer Leihe spielte er noch drei Saisonen beim Floridsdorfer AC damit seine Töchter ihre Schullaufbahn in Wien beenden konnten. 2001 ging der Autonarr – er besaß auch einen Panzer – zurück in seine Heimat, wo er als Unternehmer arbeitete. Am 13. Februar 2016 erlag Trifon Ivanov überraschend einem Herzinfarkt. Der bulgarische Wolf wurde nur 50 Jahre alt.
Als der Sensationstransfer 1996 fixiert wurde, befand sich die Kampfmannschaft der Hütteldorfer gerade auf Trainingslager in Bad Tatzmannsdorf. Die Wiener saßen beim Mittagessen als der Neuzugang mit Manager Werner Kuhn den Saal betrat. Peter Schöttel und Co. kannten den Bulgaren aus dem TV und erinnerten sich an jenen krummbeinigen Typen mit grimmigem Blick, der nicht zögerte jeden Freistoß direkt aufs Tor zu schießen. Ein (halber) Weltstar für Rapid: Das war etwas! Sofort wurde es still im Raum. Kuhn wollte den Verteidiger jedoch erst nach dem Essen vorstellen und setzte sich mit ihm etwas abseits an einen Zweiertisch. Die Kellnerin kam und Kuhn bestellte ein kleines Bier. Ausgehungert hastete der Manager gleich nach der Getränkebestellung zum Buffet und ließ Trifon alleine. Rapids Torwarttrainer und Scherzbold ersten Ranges Herbert „Funki“ Feurer beobachtete den Neuzugang, der ungerührt sitzen geblieben war. Als die Kellnerin das Bier brachte, kam dem Ex-Tormann eine Idee: Er hastete zum Tisch und streckte die Hand nach dem Glas aus. Ivanov wunderte sich. Doch „Funki“ machte etwa nicht Anstalten den Neuling zu begrüßen. Nein, er griff nach dem Gerstensaft und leerte das Glas in einem Zug ehe er es wieder abstellte und sich entfernte. Kuhn kam mit vollem Teller zurück, blickte erst auf das leere Glas mit den Schaumresten dann in Trifons Gesicht. Der Verteidiger zuckte nicht einmal mit der Wimper. Er sah den Rapidangestellten ungerührt an. Langsam erhob sich ein Kichern der Spieler und des Trainerstabs im Raum. „Funki“ zwinkerte Coach Dokupil zu. Dokupil wartete immer noch auf eine Reaktion von Ivanov, doch der Wolf blieb stoisch. „Da wusste ich“, erzählte der heute 71-jährige viel später „auf Ivanov können wir uns verlassen!“
Marie Samstag, abseits.at
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