3:1 gegen Finnland – individuelle Fehler entscheiden Kollers Heimpremiere
Nationalteam 2.März.2012 Alexander Semeliker 2
Nach zuletzt zwei Niederlagen zum Jahresauftakt fuhr die österreichische Nationalmannschaft am Mittwoch im ersten Länderspiel 2012 gegen Finnland einen 3:1-Sieg ein. Die harmlosen Skandinavier wurden zwar dominiert, letztlich waren es aber individuelle Fehler, die das ÖFB-Team auf die Siegerstraße brachten. Unter gütiger Mithilfe der finnischen Hintermannschaft sorgten Janko, Harnik und Ivanschitz gegen zahme Gäste vor 10.200 Fans im Klagenfurter Wörthersee-Stadion für die Tore.
„Der Führungstreffer war glücklich“, gab Teamchef Marcel Koller zu. „Aber ich sage den Spielern immer wieder, dass sie bei Rückpässen nachsetzen sollen, denn die Tormänner sind ja meist nicht die allerbesten Fußballer.“ Diese These stützt der missglückte Klärungsversuch von Finnlands Schlussmann Hradecky, der dem angeschossenen Janko das elfte Länderspieltor bescherte. Auch bei den weiteren ÖFB-Toren machte die Soumi-Defensive keine gute Figur. Mit einem einfachen Heber konnte sie bei Harniks 2:0 ausgehebelt werden. Dem verwandelten Foulelfmeter von Ivanschitz ging ein übermotivierter Rempler von Kapitän Moisander voraus. Viel besser stellte sich Österreichs Abwehr jedoch auch nicht an, reihte sich bei Furuholms Ehrentor ein Fehler an den anderen.
Fuchs muss passen, Suttner feiert Debüt
Wie bereits gegen die Ukraine vertraute Koller auf das weitverbreitete 4-2-3-1-System, das gut zum österreichischen Team passe. Den Traum von elf Legionären in der Startformation durchkreuzten Verletzungen zweier Bundesligastammspieler. Emanuel Pogatetz verließ aufgrund von Knieproblemen bereits am Dienstag das Mannschaftshotel. Für ihn rückte der nachnominierte Schiemer in die Innenverteidigung neben Dragovic. Kurz vor der Begegnung musste auch Christian Fuchs absagen. Die Leistenzerrung des Schalkers bescherte Markus Suttner sein Länderspieldebüt auf der linken Abwehrseite. Auf der gegenüberliegenden Seite feierte Gyuri Garics sein Teamcomeback. Ansonsten lief genau jene Mannschaft, mit der man in der Form auch rechnen konnte. Alaba und Baumgartlinger bildeten die Doppelsechs, davor agierten Harnik, Arnautovic und Ivanschitz hinter Kapitän Janko.
Einen Mix aus Legionären quer durch Europa fand man in der Startelf der Finnen. Im sogenannten Tannenbaum-System setzte Teamchef Mixu Paatelainen mit Hetemaj, Eremenko und Sparv auf ein massives Zentrum vor der Viererkette um Salzburgs Pasanen. Auch die beiden Verbindungsspieler, Ring und Hämäläinen, zogen sich phasenweise weit zurück. Den Ein-Mann-Sturm bildete Pukki von Schalke 04.
Extreme Linkslastigkeit im Aufbauspiel
Die Dominanz des österreichischen Teams war von Beginn an augenscheinlich. Finnland igelte sich in der eigenen Spielhälfte ein, gepresst wurde nur sporadisch. Damit konnte die ÖFB-Elf das Aufbauspiel ruhig aus der Innenverteidigung heraus aufziehen. Die Pässe des Abwehrduos fanden in erster Linie Suttner, Alaba und Ivanschitz – also die gesamte linke Seite. Zudem driftete auch Arnautovic oftmals vom Zentrum auf den Flügel ab. Vor allem in Halbzeit eins sorgte diese Seite für den meisten Betrieb. Richtig gefährlich wurde man aber kaum. Früher oder später kam fast immer ein horizontaler Pass, einer zurück oder eine versuchte halbhohe Flanke aus dem Halbfeld, die auf dem Weg zur Mitte vom finnischen Abwehrblock aufgefangen wurde. Die wenigen gefährlichen Aktionen hatten ihren Ursprung ausschließlich auf der rechten Seite. Warum dann also dieses Überladen des linken Flügel? Zum einen liegt es – wie oben bereits angedeutet – daran, dass die Kreativspieler auf dieser Seite des Spielfelds positioniert waren, aber auch sehr stark am Verhalten von Harnik im rechten offensiven Mittelfeld. Versuchte Spielverlagerungen von Baumgartlinger fanden über Schiemer immer wieder den Weg zurück auf die linke Seite. Der Grund: Harnik zog es sehr oft in die Mitte, womit er bei Spielverlagerungen zu lange brauchte um wieder in Position zu kommen und Garics zu unterstützen. Der Teamrückkehrer wusste übrigens, obwohl er oft alleine gelassen wurde, zu gefallen und hätte sich beinahe mit einem Tor zurückgemeldet.
Das Verhalten der Doppelsechs
Ebenfalls gefällig war das Auftreten der Doppelsechs. Alaba könnte man durchaus zum Man oft he Match küren. Der junge Bayer war der Dreh- und Angelpunkt im Spiel der Rot-Weiß-Roten. Oft wurde er gesucht und bewies auch in Bedrängnis Spielübersicht sowie Ballsicherheit. Zudem stieß der 19-Jährige mit dem Ball am Fuß häufig ins Angriffsdrittel vor. Lediglich den Abschluss suchte er nie, sondern lief sich oft in der vielbeinigen finnischen Defensive fest. Wie wichtig er für das Aufbauspiel war zeigte sich auch in der zweiten Halbzeit, als er vermehrt rechts zu finden war und prompt dann auch von dort aus Akzente ausgingen. Im ersten Moment mag man dazu neigen zu sagen, Baumgartlinger hätte schlecht gespielt und es lag vor allem an ihm, dass kaum Dampf über die rechte Seite gemacht wurde. Nach näherem Hinsehen lässt sich dem Mainzer aber ein durchaus positives Zeugnis ausstellen. Als defensiver Part der Doppelsechs war es in erster Linie wohl kaum seine Aufgabe Traumpässe zu spielen und den Spielmacher zu geben, sondern für Kontrolle und Stabilität im Mittelfeldzentrum zu sorgen. Und diese Anforderungen hat er ohne größeren Schnitzer auch gut ausgefüllt. Dass Baumgartlinger bemüht war das Spiel auch auf die rechte Seite zu lenken, wurde oben schon erwähnt. Weiters wusste der 24-Jährige auch mit dem Ball zu gefallen, ließ hie und da auch mal einen Gegenspieler mit einem überlegten Haken aussteigen und bereitete das vorentscheidende 2:0 sehenswert vor. Zudem nutzte Baumgartlinger die Freiheiten keinen direkten Gegenspieler zu haben und unterstütze die Offensivleute beim Pressing sehr weit vorne – so es denn überhaupt eines gab. Denn häufig fehlte die letzte Aggressivität um die Finnen unter Druck zu setzen.
Die Wechsel – Junuzovic als Aktivposten, wo war Hoffer?
Ein großes Problem im Spiel der österreichischen Auswahl war die Anbindung von Janko und Arnautovic. Während der Teamkapitän vorrangig im Sturmzentrum verharrte und vergeblich auf Hereingaben von den Seiten wartete, war der Werder-Angreifer zwar auf der Suche nach Optionen, bekam allerdings auch kaum Zugriff zum Spiel. Arnautovic wich ein ums andere Mal auf die Flügel aus, rochierte mit Ivanschitz und ließ sich fallen – im Extremfall bis vor die eigene Verteidigung. Unterm Strich kam dabei aber nicht viel rum. Besser macht es sein Klubkollege, Zlatko Junuzovic, der nach etwas mehr als einer Stunde das eingeschlafene Spiel belebte. Dem Ex-Austrianer merkte man an, dass er an der Weser einiges an Selbstvertrauen getankt hat und ihm die Rolle als Verbindungsspieler besser liegt als Arnautovic, da er in Ballbesitz auch mit dem Rücken zum Tor was anzufangen wusste. Was beim Werder-Tandem gut gelang, ging beim Halbzeitwechsel Hoffer für Janko dafür umso mehr in die Hose. Konnte Janko zumindest noch mit seiner Physis und dem glücklichen Tor aufzeigen, war vom Eintracht-Kicker fast nichts zu sehen. Ein Zeichen, dass er mit der Rolle als Solostürmer gegen tiefstehende Abwehrreihen noch nicht ganz vertraut ist. Der 24-Jährige stößt gerne in freie Räume hinter der Abwehr, Steilpässe waren jedoch eine Rarität.
Fehlendes Tempo und Unsicherheiten bei Finnlands Pressing
Mit fehlenden Ideen und Kombinationen geht vor allem ein wichtiger Indikator in der Spielwertung des allgemeinen Fußballinteressierten Hand in Hand: das Tempo. Da dieses Spiel von vielen Leute als äußert unattraktiv charakterisiert wird, ist es also durchaus naheliegend, dass das Leder viel zu langsam über den Rasen geschoben wurde. Es gab zwar einige Rochaden unter den Akteuren, die Ballbesitzzeiten war aber viel zu hoch, womit die Finnen kein Problem hatten den jeweiligen Gegenspielern zu folgen und Räume passend zuzustellen. Selbiges gilt aber auch anders herum. Die Roten kamen schnell hinter Ball und hatten in der ersten Halbzeit ausschließlich mit Einzelaktionen – in erster Linie jene des wendigen Pukki – Probleme. Außerdem fiel bei Ballverlusten auf, dass sich die Viererkette früh zurückzog und den Raum zum Mittelfeld vergrößerte, den die Finnen zum Glück aber kaum nutzen konnten. Mehr zu kämpfen hatte man wenn Finnland geschlossen presste – viele Ballverluste und eine hohe Zahl an ungenauen Zuspielen waren die Folge.
Fazit
Es soll hier keinesfalls der Eindruck entstehen, dass die Suomi-Elf ein perfektes Spiel gegen den Ball zeigte. Vielmehr offenbarte das österreichische Team Schwächen im Spielaufbau, vor allem im letzten Drittel spielte man kaum produktive Pässe und konnte die Finnen nicht unter Druck setzen. Dennoch geht der Sieg aufgrund der Spielanteile in dieser Höhe absolut in Ordnung und sollte trotz aller Kritik am Zustandekommen selbst nicht unterbewertet werden. Das sieht auch Teamchef Koller so. „Man muss das Positive herausstreichen“, sagte er am Tag nach seinem ersten Heimspiel als ÖFB-Coach. „Wir sollten uns über den Sieg freuen. Auch wenn nicht alles optimal lief.“
axl, abseits.at
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