Mit einem Gesamtscore von 3:4 muss sich Arsenal aus der Champions League verabschieden. Das Team von Arsene Wenger hatte durch Gervinho und Robin van... Europacup-Aus trotz 3:0-Sieges: Der FC Arsenal als kämpferische Inspiration für jeden Fußballer!

Mit einem Gesamtscore von 3:4 muss sich Arsenal aus der Champions League verabschieden. Das Team von Arsene Wenger hatte durch Gervinho und Robin van Persie im Heimspiel gegen den AC Milan Chancen auf den Treffer zum 4:0, scheiterte aber und zerbrach schließlich am großen läuferischen Aufwand. Das Ausscheiden der Gunners fällt allerdings unter die Kategorie „So darf man!“

Der Tabellenführer der Serie A wurde international für sein sauberes, technisch gutes Spiel gelobt, als der FC Arsenal am 15.Februar mit 4:0 abgeschossen wurde. Boateng und Robinho spielten überragend, Arsenal war praktisch nicht vorhanden. Doch die Hauptstädter aus England hatten im Rückspiel nichts zu verlieren und waren nicht etwa auf Schadensbegrenzung, sondern auf ein Fußballwunder aus. Letzteres gelang nicht, der Schaden aus Mailand war jedoch bereits nach den ersten 45 Minuten vergessen – zumindest emotional.

Nicht nur Schadensbegrenzung

Arsenal wollte zumindest mit fliegenden Fahnen untergehen und präsentierte sich vorbildlich. Die Körpersprache aller Spieler sprach in der ersten Halbzeit Bände. „So“ kann man im Grunde nicht nicht gewinnen. Auch die absoluten Topklubs Fußballeuropas hätten heute gegen diese engagierte Arsenal-Elf ihre Probleme gehabt. Die Spieler von Arsene Wenger zeigten eine technisch ansehnliche Leistung, geprägt von erfrischendem, offensivem und direktem Spiel. Die Grundrichtung war vorgegeben – der Ball musste (mindestens) viermal ins Tor; die Mittel waren varianten- und facettenreich, mal kamen die Londoner über den Flügel, mal durch die Mitte.

Arsenal clever und geduldig

Arsenal manövrierte sich binnen 40 Minuten in einen Spielrausch – auch der AC Milan spürte dies und wurde immer nervöser. Das auf spielerischer Ebene Beeindruckende  war jedoch, dass Arsenal niemals die Ordnung verlor, obwohl sich die Mannschaft im Zuge des Spielrauschs auch ein wenig in eine Stresssituation begab. Stichwort: „Genau jetzt sind wir stark, genau jetzt MUSS das nächste Tor fallen“. Arsenal machte dennoch nicht den Fehler ins offene Messer zu laufen, sondern konzentrierte sich trotz des großen Adrenalinkicks, den die Tore eins und zwei verursachten, auf das Spiel mit Zeit und Raum, versuchte Milan eher mürbe zu machen, als zu verprügeln.

Überragender Rosicky

Besonders hervorzuheben ist hierbei der tschechische Spielmacher Tomás Rosicky. Den 31-Jährigen hatte man in London bereits viele Jahre abgeschrieben; zahlreiche Verletzungen zwangen den 85-fachen Teamspieler immer wieder in die Knie. Derzeit erlebt er jedoch einen zweiten Frühling und zog gegen eines der weltbesten Teams die Fäden im Arsenal-Mittelfeld. Er war es, der das Tempo bestimmte und entschied, ob man über die Flügel oder die Mitte angreifen würde. Der Treffer zum 2:0 war für den Ex-Dortmunder, der bereits seine sechste Saison für Arsenal spielt, die Krönung einer überragenden Leistung. Die absolute Krönung in Form eines Aufstiegs muss jedoch verjährt werden.

Vergebene Torchance statt Gelb-Rot

Rosicky war auch in eine vermeintliche (und verkannte) Schlüsselszene des Spiels verwickelt. Als Gervinho und Van Persie die große Chance aufs 4:0 ausließen, war es wieder der Tscheche, der zuvor den Ball durchs Mittelfeld trieb. Der bereits verwarnte Mark van Bommel hing sich an Rosickys Fersen, hielt seinen Gegenspieler fest, war drauf und dran ihn zu foulen. Doch Rosicky spielte die Aktion zu Ende und ließ sich nicht fallen. Wäre der 31-Jährige zu Boden gegangen, wäre der niederländische Teamspieler vom Platz geflogen und Milan hätte die letzte halbe Stunde und eine etwaige Verlängerung in Unterzahl zugebracht. Es spricht für Rosicky, dass er in dieser Szene den schwereren Weg wählte – allerdings wäre der einfachere Weg vermutlich erfolgsversprechender gewesen…

Starkes Positionsspiel

Es war nicht nur Rosicky, der durch cleveres Spiel imponierte. Auch der junge Alex Oxlade-Chamberlain, Theo Walcott und Gervinho glänzten mit gutem Positionsspiel, auch wenn technisch nicht immer alles hundertprozentig aufging. Die starke Defensivarbeit von Gervinho stand etwa im starken Kontrast zu seinem üblichen Spiel und Aktionsradius, wodurch er auch im Laufe der zweiten Halbzeit unentschlossener wurde und weniger spritzig wirkte. Zudem verfügte Arsenal einmal mehr über einen guten Robin van Persie, der in der Offensive immer wieder Bälle behaupten und verteilen konnte.

Ein Vorbild für jeden Kicker!

Diese Erkenntnisse führen nun aber zur Hauptsache des gestrigen Abends aus neutraler Sicht: Die Art und Weise wie Arsenal sich aufopferte, das Spiel unbedingt drehen wollte, war eine absolute Inspiration für jeden Profifußballer. Wenn sich eine Mannschaft einmal „herunterlässt“, sollte ein kommentarloses Videostudium der ersten Halbzeit des FC Arsenal genügen, um sie wieder aufzuwecken. Als neutraler Beobachter muss man sich über den Nicht-Aufstieg der Londoner fast schon ärgern, zumal die Körpersprache und der Einsatzwille der Spieler selbst dem Fernsehzuschauer Gänsehaut verliehen. Am Ende versöhnte man die Fans, ließ Spannung aufkeimen – und spielt in der laufenden Saison nicht mehr im Europacup. Auch das ist das Erlebnis Fußball!

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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