Eine kleine Geschichte des operativen Entscheidungsgremiums beim SK Rapid
Bundesliga 27.April.2019 Domenico Jacono 1
Das erste operative Gremium in der Vereinsgeschichte des SK Rapid war das »Comité« des »1. Wiener Arbeiter Fußball-Club« (gegr. lt. Statut vom 22. Juli 1897). Es war dies Gremium, dass aus »elf, von der Generalversammlung der Mitglieder (…) mittelst Stimmzettel gewählten Personen besteht, und zwar aus dem Präsidenten, Vice-Präsidenten, Secretär, Vice-Sekretär, Cassier, Captain, Vice-Captain und aus 4 Ausschuß-Mitgliedern.« Die Beschlüsse dieses Gremiums wurden »mit absoluter Majorität gefaßt, der Ausschluß eines Mitglieds bedurfte einer Zwei-Drittel-Mehrheit. Der Präsident gibt bei der Stimmengleichheit durch seine Stimme den Ausschlag.« Der Präsident führte auch den Vorsitz in den Comité- und Generalversammlungen, vertrat, gemeinsam mit dem Vize, den Verein nach außen und war gemeinsam mit dem Secretär zeichnungsberechtigt. Ehrenmitglieder sah das Statut bereits vor. Es handelte sich um Personen, die »sich insbesondere Verdienste um den Club oder um den Fußball-Sport erworben haben.« Sie hatten kein aktives und passives Wahlrecht und mussten keinen Mitgliedsbeitrag leisten. Auch war im Gründungsstatut bereits ein Schiedsgereicht vorgesehen.
Das Gründungsstatut des Sportclubs »Rapid« (vom 17. März 1899!) übernimmt diese Bestimmungen nahezu wortwörtlich. In den 1910er-Jahren wurde dieses operative Gremium als »Ausschuß« bezeichnet und veränderte sich nur unwesentlich: statt dem 2. Sekretär kam ein 2. Kassier, statt den Spielervertretern zwei Revisoren. Der Sekretär wurde 1916 zum Schriftführer umbenannt.
1922 bestand das ab nun »Vorstand« genannte operative Gremium nur mehr aus Präsident, 1. und 2. Vize-Präsident, Kassier und Schriftführer, also 5 Personen. Dieser war für alles außer Rechtsgeschäfte zeichnungsberechtigt. 1923 kamen, auch aufgrund eines Machtkampfes zwischen Vorstand, Betreuern und Spielern vorübergehend der Sektionsleiter Fußball, Verbandsvertreter für Fußball und ein Spielervertreter hinzu, mithin saßen also 8 Personen im Vorstand. Die beiden Sekretäre waren von nun an Vereinsangestellte. 1925 wurde der Kassier in Finanzreferent umbenannt. 1927 wurden die Betreuer-, Spieler- und Verbandsvertreter wieder durch 5 so genannte Referenten (z.B. dem Vereinsjuristen) ersetzt. Ab 1928 bestand der Vorstand wieder nur aus den 5 Genannten, und das blieb so bis 1938. Die NS-Zeit klammere ich aufgrund ihrer hochgradig politisch motivierten Strukturänderung, die aber einen einmaligen historischen Bruch darstellen, aus.
Ab 1946 kamen zu dem Stamm Präsident, 1. und 2. Vize-Präsident, Finanz-Referent und Schriftführer, je nach Größe des Betriebs und Machtfülle des Sektionsleiters Fußball (das Erbe Schöneckers!), eben jener, weiters ein Spielervertreter, 2-3 Revisoren und 4-8 weitere Mitglieder (vorwiegend ältere Spieler und Trainer) in den Vorstand, der damit auf bis zu 20 Personen aufgestockt wurde. Vertretungs- und zeichnungsbefugt waren aber stets nur die erwähnten 5 Stammmitglieder. 1953 kamen jeweils ein Stellvertreter für den Finanz-Referenten und den Schriftführer dazu, ab 1954 ein Ehren-Schriftführer, ein Platzinspektor (vulgo Platzwart) und v.a. ein Jugendleiter (die erste Funktion von Heinz Holzbach).
1971 kam es im Rahmen einer Reform zur Neubesetzung bzw. Umbenennung des Vorstands, der aber im Kern gleichblieb: der Vorstand bestand nun aus dem Präsidenten, dem Geschäftsführer Management, dem Geschäftsführer Finanzen, einem dritten Geschäftsführer und gleichzeitig Schriftführer. Dazu kamen 8 so genannte »Vorstandsreferenten« (u.a. für Jugend, Information und Public Relations, Mitgliederbetreuung und Traditionspflege, und je einer für juristische Belange und die Betreuung der Pfarrwiese). Außerdem waren noch 2 Revisoren und 2 Stellvertreter Teil des Vorstands.
Von 1974 bis 1979 hieß der Verein »Sportklub Rapid-Wienerberger«. Das operative Gremium hieß nunmehr Präsidium und bestand aus 4, dann 5 Mitgliedern, wobei 2 (der Vize-Präsident und Geschäftsführer für Finanzen sowie der Vize-Präsident und Geschäftsführer für Management) vom Sponsor Wienerberger bestellt wurden. Noch bei der Wahl 1990 ist diese Bestimmung in Kraft, wonach die Sponsoren zwei Präsidiumsmitglieder delegieren können. Den Präsidenten, »Vize-Präsidenten für Koordination« und den Geschäftsführer für Schriftverkehr stellte der Verein, wobei der Präsidentenposten 1969-71 und 1977-90 gar nicht besetzt war. Erst 1990 wurde mit Anton Benya wieder ein Präsident gewählt. Bis auf zwei Unterbrechungen (1993-95 und 1999-2001) war der Präsidentenposten dann immer besetzt. 1976 wurde dann die §§ für Präsidium und Präsidenten abgeändert, wonach, wenn der Präsidentenposten unbesetzt war, die beiden Sponsorenvertreter und der vom Verein bestellte Vize-Präsident einstimmig entschieden.
Im Frühjahr 1979 schieden die Vertreter von Wienerberger aus dem Präsidium aus, das fortan aus einem Geschäftsführer und Finanzreferenten und zwei weiteren Mitgliedern bestand, eines davon für den Schriftverkehr zuständig. Präsident war nach wie vor keiner im Amt. Rechtsgeschäfte konnten nur vom gesamten Präsidium eingegangen werden. Kuratorium und Vorstand hatten damals bereits eine beratende Funktion. Das Kuratorium bestand aus 6 Mitgliedern (u.a. Benya), der Vorstand bis 1986 aus 11-13 Mitgliedern, 1979 aus: 1. jur. Berater (Anm. Skender Fani), 2. med. Ratgeber, 3. Organisationsassistent, 4. Jugendleiter Nachwuchs, 5.-7. Mannschaftsführer für div. Nachwuchsteams, 8.-10. Spielerbeobachter und Einkaufsberater, 11.-12. Mitglieder für bes. Aufgaben, 13. Mitgliederreferent. Dazu kamen 3 Revisoren.
Nach dem Crash bestand das Präsidium im Jahr 1994 aus dem 1. und 2. Vize-Präsidenten, ersterer (Prof. Dr. Karlheinz Oertel) war auch Finanz-Referent. Im August 1995 legte Oertel sein Amt zurück. Der neue 1. Vize-Präsident übernahm, auch als Geschäftsführer. Außerdem wurden seitens der Sponsoren (Bank Austria, Avanti) als Finanz-Referenten zwei weitere Mitglieder für das Präsidium nominiert, das nun 4 Personen umfasste. Diese Struktur des operativen Entscheidungsgremiums bestand auch noch 2001, als Rudolf Edlinger Präsident wurde: Präsident Edlinger, Vize-Präsident Menz, Finanzreferent Scheiber, Finanzreferent-Stv. Nahlik.
Im Herbst 2013 wurden die Ergebnisse einer von Präsident Rudolf Edlinger initiierten Reformkommission in den Satzungen verankert. Zentraler Punkt der Satzungsreform war die Einführung einer Struktur die neben einer Demokratisierung des Vereins, auch die angestrebte Professionalisierung gewährleisten soll. Ab 2013 gehören dem sechs Personen umfassenden Wahlkomitee statt bisher zwei drei Vertreter der Ordentlichen Mitglieder an. Dem Wahlkomitee obliegt nunmehr die Aufstellung des Wahlvorschlages für das Präsidium als Liste(n) en bloc und für die Mitglieder des Kuratoriums sowie den Abschlussprüfer bzw. der Rechnungsprüfer zur Einzelabstimmung. Zusätzlich wurde mit dem Ethikrat ein neues Gremium gegründet, der Legendenklub wird nun zudem ebenfalls als offizielles Vereinsgremium geführt. Die bisher beratenden Gremien „Ältestenrat“ und „Vorstand“ wurden hingegen abgeschafft.
Zusätzlich gibt es seit 2013 jährlich (vormals alle drei Jahre) eine Ordentliche Hauptversammlung, die Funktionsperiode bleibt hingegen mit drei Jahren unverändert.
Das aktuelle Präsidium besteht aus Präsident Michael Krammer, Vizepräsident Mag. Nikolaus Rosenauer, Finanzreferent Martin Bruckner, Finanzreferent Stellvertreter Dr. Erich Haider, Schriftführer Ing. Gerhard Höckner, Petra Gregorits, Josef Kamper und Thomas Waldner.
(Domenico Jacono)
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