Sieg im Elfmeterschießen nach defensivtaktisch interessanten 120 Minuten – Bayern folgt Dortmund ins Pokalfinale!
Deutschland 23.März.2012 Alexander Semeliker 0
Im dritten Anlauf ist es dem FC Bayern München erstmals in dieser Saison gelungen Borussia Mönchengladbach zu bezwingen. Nachdem es in den beiden Ligaspielen jeweils Niederlagen (0:1 bzw. 1:3) gab, setzte sich der Rekordmeister am Mittwochabend im Halbfinale des DFB-Pokals im ausverkauften Borussia-Park nach torlosen aber defensivtaktisch interessanten 120 Minuten im Elfmeterschießen 4:2 durch. Die entscheidenden Akteure: Gladbachs Dante, der den Ball übers Tor jagte, und FCB-Keeper Neuer, der Nordtveits Versuch parierte.
Dass es ausgerechnet Dante und Neuer traf ist insofern interessant, als über dem Brasilianer seit Wochen das Gerücht schwebt er würde nach München wechseln, und Neuer in den bisherigen Saisonduellen mit den Fohlen patzte, als Hauptverantwortlicher für die Niederlagen ausgemacht wurde. „Die Enttäuschung ist groß. Mir tut es in der Seele weh“, war Dante, der auf den Spuren Lothar Matthäus’ wandelt, geknickt. Deutschlands Rekordnationalspieler versagten nämlich im Pokalfinale 1984, als der Transfer zu den Bayern schon feststand, im Trikot der Fohlen ebenfalls die Nerven.
Herrmann zurück, Alaba erneut Linksverteidiger
Um den Fehlschützen herum versammelte sich das bekannte Personal der letzten Wochen. Jantschke kehrte nach seiner Gelb-Sperre in der Bundesliga wieder zurück in die Viererkette. Damit rückte Martin Stranzl, der zuletzt auf der Außenverteidiger-Position aushalf, wieder in die Innenverteidigung. Neben Rechtsverteidiger Jantschke konnte Trainer Lucien Favre auch wieder auf Patrick Herrmann zurückgreifen. Der Shootingstar nahm nach seinem Schlüsselbeinbruch mit einem speziellen Schutzpanzer auf der Bank Platz.
Ebenfalls auf die bekannte Gesichter vertraute Bayern-Coach Jupp Heynckes und schickte exakt jene Elf aufs Feld, die in den letzten Partien für viel Begeisterung und noch mehr Tore sorgte. Das bedeutet, dass ÖFB-Legionär David Alaba wieder die linke Position in der Viererkette bekleidete und Toni Kroos vom defensiven Mittelfeld aus die Geschicke der Tormaschinerie leiten sollte.
Bayerns Aufbauspiel – Viel Rochaden, aber wenig Support aus der Tiefe
Dass der 22-Jährige mit der Schweinsteiger-Rolle noch nicht eins ist, konnte man aber in dieser Begegnung wieder einmal gut erkennen. Zwar hat er vor der Abwehr mehr Zeit um seine gefährlichen, vertikalen Schnittstellenpässe zu spielen, er verpasst es aber mit dem Ball am Fuß mit Tempo vorzustoßen – etwas, das zum Beispiel auch Alaba in seinen Spielen als Achter besser machte. Auf der defensiven Außenbahn ließ der Wiener dieses Verhalten jedoch auch vermissen, hinterlief seinen Vordermann nur ganz selten. Auf der gegenüberliegenden Seite konnte man bei Kapitän Lahm ähnliches ausmachen. Damit fehlte zur offensiven Dreierreihe, die sich knapp hinter Solospitze Gomez aufstellte über weite Strecken die Bindung und man operierte zusehends mit langen Pässen hinter die hochstehende Abwehr, wurde dabei aber beachtliche sieben Mal wegen Abseits‘ zurückgepfiffen. So wurden die Roten in erster Linie gefährlich wenn die Offensivspieler ihre Positionen tauschten und so Probleme bei der Zuordnung in Gladbachs Hintermannschaft provozierten. Es kam häufig vor, dass Robben ins Zentrum rückte, während Müller wie in der Nationalmannschaft den rechten Flügel beackerte. Weiter versuchte man, im Extremfall sogar zu dritt, die Flanken zu überladen.
Gladbach erst nach Umstellungen mit Offensivaktionen
Ebenfalls flexibel zeigte sich die Elf vom Niederrhein. Zu Beginn des Spiels hatten die Favre-Mannen noch Probleme im Aufbauspiel, da Müller beim Pressing neben Gomez in die Spitze vorrückte und Bayern so Gladbachs 4-4-2-Formation spiegelte, was zur Folge hatte, dass durch die vielen Eins-gegen-Eins-Stellungen das starke Kurzpassspiel nicht konsequent aufgezogen werden konnte.
Die Antwort auf die gut durchdachte Defensivstrategie der Bayern war auf dem ersten Blick eine mehr oder weniger altbekannte. Wie man es bei vielen Spielen vermehrt erkennt, ließ sich einer der beiden Sechser bei eigenem Ballbesitz auf Innenverteidiger-Höhe zurückfallen um dort eine Überzahlsituation zu generieren. Interessant dabei war, dass die Außenverteidiger der Fohlen, Daems und Jantschke, aber nicht wie üblich weit aufrückten sondern sich weiten hinten als zusätzliche Anspielstationen anboten.
Durch diese Umstellung schnellte der eigene Ballbesitz hinauf und man zeigte eine Reihe von schnellen Kurzpass-Kombinationen. Bei diesen ließ sich regelmäßig einer der beiden Stürmer zurückfallen um den jeweiligen Innenverteidiger aus der Verteidigungslinie herauszuziehen und nach einem Doppelpass in den geöffneten Raum zu sprinten. Während Boateng damit seine Probleme hatte, bewältigte sein Nebenmann diese Aufgabe mit Bravour. Badstuber hatte keine Hemmungen um seinem Gegenspieler bis weit ins Mittelfeld zu folgen um im bei der Ballannahme zu stören und wendete schnell um den Doppelpass abzufangen. Auch die Rochaden der vier Offensiven, die die Borussia zwar nicht gar so oft wie Bayern praktizierte, konnten den Teamverteidiger nicht irritieren.
Fazit
Nach den Schützenfesten, die das Team von der Säbener Straße in den letzten Wochen veranstalteten, war es klar, dass man gegen die Defensivspezialisten aus Gladbach kein ähnliches Offensivfeuerwerk abbrennen würde. Zwar hatten die Münchner einige gute Chancen, scheiterten aber immer wieder an ter Stegen oder an der fehlenden Schussgenauigkeit. Im Gegensatz zum Rückrundenstart erkennt man aber, dass Heynckes an der Ausrechenbarkeit seiner Mannschaft arbeitete, von der Bank konnte er allerdings keine taktischen Impulse mehr setzen – wie auch sein Trainerkollege. Das eintönige Muster führte dazu, dass sich die Partie für den einen oder anderen Zuseher zeitweise extrem langweilig gestaltete. Nichtsdestotrotz war es aus taktischer Sicht keinesfalls eine niveaulose Begegnung. „Beide Mannschaften haben überragend gespielt. Gladbach war sehr gut organisiert und wir mussten natürlich einiges an Risiko eingehen“, blickt Heynckes auf ein taktisch hochklassiges 0:0 zurück. Favre bläst ins gleiche Horn: „Für mich war es ein gutes Pokalspiel mit sehr viel Tempo auf beiden Seiten.“ Dass sein Team gerade gegen einen FC Bayern, der seine letzten Gegner der Reihe nach abschoss, sehr gut mithielt zeigt, dass der einstige Abstiegskandidat definitiv auf Augenhöhe mit der deutschen Elite ist.
axl, abseits.at
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Alexander Semeliker
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