Marko Raguz trifft doppelt, AZ Alkmaar ist besiegt. Der LASK steigt ins Achtelfinale der Europa League auf, wo mit Manchester United nun eine große... Was hat der LASK, was andere nicht haben?

Marko Raguz trifft doppelt, AZ Alkmaar ist besiegt. Der LASK steigt ins Achtelfinale der Europa League auf, wo mit Manchester United nun eine große „Belohnung“ für das bisher Geleistete wartet. In Wien schaut man fast schon ungläubig in Richtung Linz, haben doch Rapid und die Austria weitaus größere Möglichkeiten als der LASK. Aber was machen die Linzer besser als die „etablierten“ Wiener Großklubs?

Wien glänzte in den letzten Jahren speziell mit einer Infrastrukturoffensive. Das neue Allianz Stadion in Hütteldorf, die umgebaute Generali Arena in Favoriten, Rapids neues Trainingszentrum im Prater… in Bezug auf die langfristige Planung war man in der Bundeshauptstadt definitiv nicht untätig. Gut möglich, dass sowohl die Grün-Weißen, als auch die Violetten in absehbarer Zeit die Früchte dieser Arbeiten ernten können. Bei den Hütteldorfern trifft zudem noch auf die exzellente Nachwuchsarbeit zu. Aber speziell das Tempo und der gut strukturierte Plan, der den LASK so schnell von der Regionalliga unter die letzten 16 der Europa League führte, beeindruckt dann doch.

Könnten auch andere…

Nicht wenige Beobachter – speziell Fans Rapids und der Austria – fragen sich zurecht: Wieso können das die Linzer, aber wir nicht? Die Antwort darauf ist nicht eigentlich keine, denn auch Rapid und die Austria, aber auch andere größere Klubs wie etwa Sturm Graz, hätten alle Voraussetzungen ähnliches zu leisten. Die Gründe, warum im Laufe des letzten Jahrzehnts keiner von ihnen das eigene Glück in diese Richtung lenken konnte, sind Planung, System, spielerische Modernisierung, Spielkonzept – und mit all diesen Punkten in Verbindung stehend vor allem die Spieler.

Kontinuität, speziell in der zweiten Leistungsklasse

Der erste Grund, der den Erfolg des LASK erklärt, wurde medial nun schon vielfach durchgekaut. Der 1908 gegründete Klub stieg im Sommer 2014 aus der Regionalliga Mitte in die damalige Erste Liga auf und brauchte drei weitere Jahre, um den Aufstieg in die Bundesliga zu fixieren. Nervös wurde man in der Stahlstadt deswegen aber nicht und Jürgen Werner durfte seine Kaderplanungen konsequent weiterführen. Ein Knackpunkt war hier vor allem die Saison 2015/16, in der man Zweiter hinter St.Pölten wurde und dennoch die Nerven bewahrte. Die wichtigsten Leistungsträger wurden gehalten, das Team konsequent weiterentwickelt und 2017 gelang der überlegene Bundesligaaufstieg. Diese Geduld hat man bei Rapid oder der Austria naturgemäß nicht, jedoch erklären beide Großklubs mittlerweile, dass man sich hier künftig eine Scheibe von den Linzern abschneiden möchte.

Glasner etabliert Systeme…

Diese Weiterentwicklung wäre nicht möglich gewesen, wenn es keine klare Spielidee gegeben hätte. Federführend für den Aufbau der heute so erfolgreichen Philosophie war Oliver Glasner, der hierfür ausreichend Zeit erhielt und dies mit beeindruckender Arbeit dankte. Spielte der LASK in der zweiten Spielklasse noch weitgehend in verschiedenen, eher auf Dominanz ausgerichteten 4-4-2-Variationen, passte man diese Idee auf Basis ihrer allgemeinen Funktionsweise in der Bundesliga für 3-4-3-Varianten an, die mehr defensive Stabilität bringen und den LASK damit möglichst schnell bundesligatauglich machen sollten.

…und klare Arbeitsrichtlinien

Das System ist hierbei allerdings ohnehin zweitrangig, denn die viel wichtigere Basis für den gewachsenen LASK-Erfolg war das Spiel gegen den Ball. Hohe Pressingzonen, extreme Jagd nach dem zweiten Ball, geringe Abstände. Diese Ziele verfolgte man bereits in der zweiten Liga und wirkte dabei noch etwas fahrig, wie es in einem Lernprozess nun mal der Fall sein kann. Mit der Systemumstellung nach dem Bundesliga-Aufstieg griffen die Automatismen aber immer besser und der LASK wurde endgültig mit explosivem Spiel und enorm intensivem und mannschaftlich geschlossenem Pressing assoziiert. Man etablierte ein „Salzburg-Spiel“, ohne dabei zu konstatieren, dass dies sinnlos sei, weil Salzburg diese Spielweise spätestens seit Roger Schmidt ohnehin perfektioniert hatte. Dem LASK war egal, was die anderen taten, man zog sein eigenes Ding durch.

Zweite Liga als willkommener Lehrsaal

Dass man ein Jahr länger als geplant in der zweiten Liga blieb, war dabei wohl kein Nachteil. Abseits der breiten Öffentlichkeit war diese Liga der perfekte Training Ground, um das LASK-Spiel in Ruhe in die Moderne zu übersetzen. Was Glasner genau vor hatte, sah man allerdings schon früh – er wollte speziell das Spiel gegen den Ball in die Moderne übersetzen und dabei keinen Raum für eine flexible Interpretation des Spiels gegen den Ball lassen. Es war immer hundertprozentig klar, wohin die Reise gehen sollte.

Wenige Experimente, extrem lineare Herangehensweise

Hier finden wir weitere Unterschiede zu den Wiener Großklubs, deren Herangehensweise in vielerlei Hinsicht konservativer ist. Man passt seine Überlegungen und Pressinghöhen stark auf den jeweiligen Gegner an, es gibt nicht nur unter Kühbauer und Ilzer, sondern auch unter vielen ihrer Vorgänger, enorm viel Rotation und einschneidende (matchbezogene!) systematische Veränderungen. Zwei Beispiele aus der aktuellen Saison: Kühbauers 3-1-4-2-Variante im Heimspiel gegen St.Pölten (0:1) oder Ilzers Experimente im 4-2-3-1 in Altach (2:2).

Enges Korsett, viele „Spezialisten“

Derartige Experimente oder vermeintliche taktische Kniffe sieht man vom LASK seit Jahren kaum. Die Idee wird sehr geradlinig durchgezogen, es gibt eine recht klare erste Elf, zumeist nur mit wenigen Millimeterentscheidungen, ob der Eine oder der Andere auflaufen sollte. Rotiert wird Position für Position, kaum ein Spieler wird in seinem räumlichen Naturell zweckentfremdet, das Korsett bleibt praktisch immer dasselbe. Und da man in Linz nach Glasners Abgang praktisch alle wichtigen Spieler halten konnte, wurde ebendiese Idee auch noch weiter perfektioniert.

Reiferes Spiel, besser gewählte Ruhephasen

Speziell die zweite Reihe des Linzer Kaders wurde im vergangenen Sommer noch einmal gestärkt. Mit dieser „Kaderdichte-Offensive“ versuchte man den Europacup-Strapazen vorzugreifen. Während die Mannschaft unter Glasner häufig zu viel wollte und die hohe, selbstauferlegte Intensität nicht immer über die volle Spieldauer durchhielt, lernte man unter Valerien Ismael auch die bessere Implementierung von Ruhephasen. Der LASK wurde somit reifer, was auch an der langen gemeinsamen Zeit der Mittelfeldzentrale rund um Holland und Michorl liegt. Wenn die Pressingphasen etwas gebremst werden müssen, um Energie zu sparen, kann der LASK nun auch clever die Kontrolle übernehmen. Die oberste Maxime ist dennoch stets das Spiel gegen den Ball und massive offensive Flügelüberladungen. Bei den Wiener Klubs war die systematische Herangehensweise seit vielen Jahren nicht mehr so klar.

Der Star ist das Team

Jürgen Werner sorgte für die sportlichen Rahmenbedingungen, Oliver Glasner für die Erstellung der Gesamtidee, Valerien Ismael für die Reifung des Konzepts bzw. die Weiterführung. Unterm Strich ist der Erfolg aber speziell der Professionalität der Spieler geschuldet, denn sie sind es, die all diese klaren Richtlinien umsetzen müssen. Die Spieler der Linzer sind enorm diszipliniert, bekamen intensiv eingeimpft, was sie gemeinsam zu tun haben, um erfolgreich zu sein. Dass der LASK bisher kaum einen seiner durchwegs guten Spieler „verlor“ (oder eben teuer verkaufte; Ausnahme Joao Victor) kommt nicht von ungefähr, denn der Star in Linz ist einzig und alleine das Team. Dies sorgt dafür, dass jeder Einzelne darauf erpicht ist, sich zu verbessern, da es in ebendiesem hart arbeitenden Team sonst keinen Platz gibt. Spieler wie Marko Raguz reifen auch im Team kontinuierlicher, als „auf sich allein gestellt“, was leider gerade bei Stürmern häufig stark im Kopf verankert ist.

Gute Typen findet man im kleinen Raster

Individualisten sind in Linz fehl am Platz. Ebenso wie Spieler, die für negative Schlagzeilen sorgen oder glauben, dass man es mit einem Stamm- oder gar Kaderplatz bei einem österreichischen Topklub schon geschafft hat. Beim LASK kauft man keine Söldner, sondern Spieler, die nicht nur großes Entwicklungspotential haben, sondern dieses auch noch eindeutig abrufen wollen. Die Charakteranalyse liegt beim deutlich finanzschwächeren LASK bereits jetzt auf demselben Level wie in Salzburg. Als Team, das keine hohen Ablösesummen bezahlen kann, ist dies eben das Um und Auf. Und wenn man eine klare Spielphilosophie verfolgt, ist der Suchraster klarer.

Eigeninitiative als Grundlage der Professionalität

Die Spieler des LASK sind im Rahmen dieser professionellen Einstellung stark eigeninitiativ ausgerichtet. Die meisten sind bereits vor Trainingsstart am Platz, etwa um selbst ihre körperlichen Werte abzulesen und zu interpretieren. Eigeninitiative außerhalb des Platzes führt zwangsläufig auch zu größerer Entscheidungsfreudigkeit, wenn es auf dem Platz mal brenzlig wird. Wenn sich eine ganze Mannschaft derart extrem hinter den gemeinsamen Erfolg stellt, dann ist es als Team sehr schwer nicht zu wachsen. Dieser Spirit macht den LASK nicht erst seit gestern aus – und das ist auch etwas anderes, als ein gutes Mannschaftsklima und gute Stimmung in der Kabine. Es ist mehr. Während bei Rapid und der Austria immer wieder „faule Eier“ dabei waren, die mehr am persönlichen Vorteil interessiert waren, als an der Performance des Teams, wird das „Teamgefühl“ in Linz noch intensiver durchgeboxt. Aber – und damit kommen wir zur Conclusio und auch zum springenden Punkt des Vergleichs – jeder Spieler, der zum LASK wechselt, weiß schon vorher exakt wie viel und welche Arbeit auf ihn wartet. Das ist bei den Wiener Großklubs, aber auch bei vielen anderen Klubs mit höheren Ansprüchen nicht so deutlich der Fall.

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen