Von vielen wurde es mit Spannung erwartet, einige rechneten sowieso damit, dass dem Amateursport in Österreich am gestrigen Montag die Lichter ausgehen. Doch es kam anders. Als am Vormittag die neuen Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus veröffentlicht wurden, wurde mit Stolz verkündet, dass kein Abbruch des Amateursports, in unserem Fall Amateurfußball, erfolgt und dass das Intervenieren von ÖFB und Landesverbänden bei der Regierung erfolgreich war. Schlagzeilen wie „Entwarnung für den Amateursport“, „Eine gute Nachricht für den Amateursport“ oder „Es geht weiter“ waren da zu lesen.
Einerseits schön, dass die Interventionen scheinbar gefruchtet haben. Andererseits sind die beschlossenen Maßnahmen eine Katastrophe für die Vereine der österreichischen Amateurligen. Dass die Ankündigung, die es noch vor wenigen Wochen gab, dass der Amateurfußball nur mit Zuschauern stattfindet, da es sonst sinnlos und finanziell gesehen ein zu großes Risiko wäre, wohl nicht viel mehr als heiße Luft war, wurde bereits nach den Geisterspiel-Entscheidungen in Niederösterreich klar ersichtlich.
Gestern folgte nun die Sensationsmeldung, dass weitergespielt werden darf, sogar mit Zuschauern. Wow, unglaublich! Also wie angekündigt, keine Geisterspiele. Doch bereits da beginnt das ganze Verwirrspiel. Fans sind erlaubt. Die vielen ehrenamtlichen Stunden, die die Funktionäre in den letzten Wochen und Monaten in die verschiedensten Konzepte, Umbauten und dergleichen gesteckt haben, scheinen nicht umsonst gewesen zu sein.
Doch halt, wieder mal neue Zusätze, neue Regeln für Veranstaltungen. Verpflichtender Mund-Nasen-Schutz während des Spiels. Im Freien, trotz einem Meter Abstand bei den zugewiesenen Sitzplätzen, die ohne Maske sowieso nicht verlassen werden dürfen. Muss man nicht wirklich verstehen, wäre aber vermutlich noch irgendwie verkraftbar.
Das Verbieten von Speisen und Getränken bei Veranstaltungen kommt dann doch schon eher einer mittleren Katastrophe gleich. Die Konzepte, Einbahnregelungen und was auch immer von den kreativen Vereinen umgesetzt wurde, ist plötzlich ab Freitag, 00:00 Uhr wirkungslos. Der Großteil der Amateurvereine, vor allem in den unteren Ligen, verdienen sich aber meist gerade durch die Kantine ihre Sporen, um den Spielbetrieb vernünftig aufrecht erhalten zu können. Und genau diese Haupteinnahmequelle wird jetzt gestrichen. Klar, kann man sagen, es wird Subventionszahlungen dafür geben, wie bereits in Niederösterreich gängig. Natürlich nur gegen genaues Vorlegen von Bilanzen, Zuschauerzahlen und Einnahmen des letzten Jahres. Alles kein Problem. Aber die gibt’s natürlich nur, genau, bei behördlichen vorgeschriebenen Geisterspielen. Was natürlich nicht der Fall ist.
Deshalb stelle ich jetzt eine simple Frage an die Entscheidungsträger unseres Landes: wisst ihr, wie Amateurvereine funktionieren? Ohne euch zu nahe treten zu wollen, kann ich mir dies leider nach den gestrigen Veröffentlichungen nicht ganz vorstellen.
Eines ist klar, eure Aufgaben mit der Bewältigung einer globalen Pandemie sind alles andere als leicht. Niemand kennt so eine Situation und auch wenn es viele Nörgler gibt, glaube ich, dass ihr, vor allem zu Beginn sehr viele richtige Entscheidungen für unser Land getroffen habt.
Doch gestern begann ich, all das etwas zu hinterfragen. Ein einfaches Rechenbeispiel für ein Heimspiel eines Vereins in der letzten Spielklasse: der Schiedsrichter, auf diesem Niveau meistens alleine, kostet je nach Anreise circa 80 bis 100 Euro. Dazu kommen die Kosten für Infrastruktur, Heizung, (Warm-)wasser und dergleichen. Trägt ein Verein seine Heimspiele zusätzlich noch am Abend aus, kommt noch ein nicht vernachlässigbarer Betrag für die Stromkosten des Flutlichts hinzu. Grob gerechnet also Kosten von einigen Hundert Euro. Natürlich ohne etwaige Aufwandsentschädigungen für Spieler und Trainer, die leider immer noch an der Tagesordnung zu stehen scheinen. Aber ist ja kein Problem, wir haben ja die Zuschauer-Einnahmen. Bei durchschnittlich 70 bis 100 zahlenden Fans, was wohl schon über dem Durchschnitt liegt, ergibt das bei vier Euro Eintrittsgeld nur ein Minus von einigen Hundert Euro. Pro Spiel wohlgemerkt. Aber sehen wir es positiv, es gibt keine Geisterspiele!
Immer wieder wird die Wichtigkeit von Vereinen betont. Egal ob fürs gesellschaftliche Miteinander (welches wir momentan verständlicherweise reduzieren müssen) oder aber auch als sinnvolle Freizeitbeschäftigung für unsere Kinder und Jugendlichen. Gerade für die Entwicklung der Kinder ist die Dazugehörigkeit in einem Verein Gold wert. Doch auch dem wird ab Freitag mehr oder weniger ein Riegel vorgeschoben. Ohne zugewiesene Sitzplätze dürfen zwölf Leute zuschauen. Ist einem Kleinkind wohl nur schwer zu erklären. Mit zugewiesenen immerhin 250. Nachdem bei einem Nachwuchsspiel üblicherweise kein Eintritt verlangt wird, aber die Infrastrukturkosten natürlich dennoch zu tragen sind, sind auch solche ein reines Minusgeschäft. Natürlich sind Vereine wie unsere nicht auf Gewinn ausgelegt, allerdings muss man kein großes Mathematikgenie sein, um zu sehen, dass diese Rechnung auf Dauer nicht aufgehen kann.
Mir ist sehr wohl bewusst, dass Maßnahmen gesetzt werden müssen und wir alle auf gewisse Dinge verzichten. Auch weiß ich, dass praktisch keine Infektionen auf Fußballspiele nachgewiesen werden konnten. Durchs Kantinenverbot werden auch die Fans ausbleiben und sich dann erst recht privat treffen, was wohl nicht in eurem Interesse liegen dürfte…
Auch wenn ich nicht wirklich daran glaube, hoffe ich, dass ich durch meine hier genannten Aspekte einen kleinen Denkanstoß geben konnte. Dass man solche Maßnahmen nicht einfach von heute auf morgen beschließen kann, ohne fachliches Hintergrundwissen beziehungsweise ohne scheinbar die Abläufe in einem solchen Verein zu kennen.
Abschließend möchte ich mich noch bedanken. Immerhin habt ihr euer Wort gehalten. Zumindest außerhalb Niederösterreichs: „ohne Zuschauer kein Amateurfußball.“ Danke.
Tobias Loidl, Spieler und Sektionsleiter SV Dienersdorf
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