Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln,... Briefe an die Fußballwelt (94): Lieber Martin Ødegaard!

Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln, Schnäuzen und Nachdenken an Fußballprotagonisten aus allen Ligen. Diesen Sonntag schicken wir unseren Brief an einen norwegischen Profi …

Lieber Martin Ødegaard!

Ich kann mich noch gut daran erinnern, als du einst zu Real Madrid gewechselt bist. Du warst damals gerade 16 Jahre alt, bist aber jetzt immer noch ein junger Mann, denn erst kürzlich hast du deinen 22. Geburtstag gefeiert. Trotzdem scheint es schon eine Ewigkeit her zu sein, dass du das blütenweiße Trikot in die Kamera gehalten hast. 2015 war die Elite des europäischen Fußballs hinter dir her, du entschiedest dich für die absolute Spitze und wurdest ein Spieler der Königlichen.

Ich kann nicht verstehen, wie manche dachten, dass du sofort um einen Stammplatz im „weißen Ballett“ rittern würdest. Es hieß, du würdest zunächst fixer Bestandteil der zweiten Mannschaft werden, dürfest aber regelmäßig bei den Profis mittrainieren. Trotzdem waren die Medien verwundert, dass du als „Fußballwunderkind“ nicht sofort gezündet hast. Als du zwei Jahre später nach Holland verliehen wurdest, galtst du für viele bereits als gescheitert. Dabei warst du doch gerade erst 18 geworden.

Lieber Martin, du weißt wohl was Druck ist. Es muss schwer sein so im Fokus zu stehen und das bei einem Verein, bei dem die besten Spieler der Welt spielen. In deren Schatten sollte man eigentlich untertauchen können. Trotzdem warst du als Nobody gefordert, die Fußballöffentlichkeit gab dir keine Zeit dich zu entwickeln. Die Madrider Vereinsführung scheint ein anderes Bild von dir zu haben, schließlich wurdest du nach Heerenveen, Arnheim und zu Real Sociedad nur verliehen und nicht verkauft. Vor allem in San Sebastian hast du gute Figur gemacht und wie ein Profi und nicht mehr wie ein Jugendspieler gekickt.

Jetzt habe ich fast zufällig mitbekommen, dass du nach London zu den „Gunners“ gewechselt bist. Arsenal – ein Verein mit viel Anspruch, viel Geld und dafür zu wenig Erfolg. Das gilt so ähnlich irgendwie auch für dich: Viel Talent, viel Ambition und (noch) zu wenig Erfolg. Doch im Gegensatz zu dem PL‑Verein, stehst du erst am Anfang deiner Karriere. Überhaupt ist das Jammern auf hohem Niveau: Du bist Anfang 20, spielst in der teuersten Liga der Welt und hast ungeheures Potential. Ich bin eigentlich ganz glücklich, dass ich deinen Wechsel nur am Rande aufgeschnappt hab, denn das heißt, dass du endlich die Chance hast dich sportlich zu beweisen und nicht als Sau durchs Dorf getrieben wirst, weil jeder erwartet, dass du übers Wasser gehen kannst. Vielleicht war dein Wechsel zu Real Madrid wirklich ein unglücklicher PR-Gag, auf jeden Fall hast du Lehrgeld bezahlt. Apropos Lehre. Wie heißt es so treffend: Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen.

Alles Gute wünscht dir

Marie Samstag, abseits.at

Stefan Karger