Seit dem Triumph bei der Euromeisterschaft 2000, also vor 12 Jahren, ging es mit der französischen Nationalmannschaft bergab. Zwar gewann man in dieser Zeit... Équipe Tricolore Neu – Erstes Großereignis unter Laurent Blanc mit neuen Gesichtern!

Seit dem Triumph bei der Euromeisterschaft 2000, also vor 12 Jahren, ging es mit der französischen Nationalmannschaft bergab. Zwar gewann man in dieser Zeit zwei Mal den Confederations Cup, bei den EM- und WM-Endrunden gingen die Franzosen aber zumeist leer aus. Ausnahme hierbei ist natürlich der zweite Platz der Weltmeisterschaft in Deutschland im Jahr 2006, ansonsten setzte es bei den wichtigen Turnieren zumeist Blamagen. Ein Grund dafür war mit Sicherheit die Überalterung des Teams, so wurde oft auf die jungen Spieler mit großem Potential verzichtet und man vertraute eher auf alte Eisen. Bei den letzten beiden Großereignissen, der Euro 08 in Österreich und der Schweiz und der Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika, scheiterte die Équipe jeweils in der Vorrunde. Heuer bekommen die Franzosen die nächste Chance, wieder einmal bei einer Endrunde zu überzeugen. Und sie starten mit einer stark verjüngten Mannschaft mit einigen neuen Gesichtern!

Trainerwechsel

Raymond Domenech war von 2004 bis 2010 Teamchef der französischen Nationalmannschaft, der größte Erfolg seiner Zeit als Trainer ist sicherlich der Vize-Weltmeistertitel mit den Franzosen 2006. Allerdings fallen in diese Amtsperiode auch einige Blamagen, vor allem bei der EM-Endrunde 2008 in Österreich und der Schweiz beziehungsweise bei der WM-Endrunde 2010 in Südafrika. Bei beiden Großereignissen schied die französische Nationalmannschaft schon in der Gruppenphase aus, jeweils als Gruppenletzter. Bei der Euro 08 konnte man sich mit den Gruppengegner Holland, Italien und Rumänien noch irgendwie auf die Auslosung ausreden, trotzdem ist ein magerer Punkt deutlich zu wenig für die Ambitionen der Franzosen. Nicht einmal gegen die am schwächsten eingeschätzten Rumänen gelang ein Sieg und so musste Frankreich wieder abreisen. Im Jahr 2010 folgte die vielleicht noch schlimmere Blamage, als die Bleus abermals mit nur einem Punkt aus vier Spielen sang- und klanglos ausschieden. Diesmal waren die Gruppengegner mit Gastgeber Südafrika, dem späteren Halbfinalist Uruguay und Mexiko sicherlich auch keine leichten Gegner, allerdings hatte man zumindest mit dem Aufstieg der Franzosen gerechnet. Ausgerechnet gegen den späteren Gruppensieger und Halbfinalisten Uruguay gelang im ersten Spiel ein 0:0-Unentschieden, gegen Südafrika und Mexiko setzte es jeweils Niederlagen. Zum Eklat kam es dann in der Halbzeit des Spiels zwischen Frankreich und Mexiko, als Nicolas Anelka Teamchef Domenech heftig beschimpfte und daraufhin vom Verband aus dem Kader ausgeschlossen wurde. Aus Solidarität mit Anelka verweigerte die gesamte Mannschaft das Abschlusstraining für das letzte Gruppenspiel. Daraufhin wurde der Vertrag von Raymond Domenech nicht verlängert und seit 1. Juli 2010 ist der frühere Kapitän der Équipe Tricolore, Laurent Blanc, neuer Nationaltrainer der Franzosen. Bei der Qualifikation für die Europameisterschaft 2012 setzt Blanc von Beginn an auf einen jüngeren Kader und gab einigen jungen Talenten die Chance, sich in Frankreichs Nationalteam zu präsentieren. Viele Altstars wie angesprochener Nicolas Anelka oder Sidney Govou wurden von Blanc nicht mehr berücksichtigt, dafür finden sich Namen wie Yann M’Vila, Jeremy Menez oder Mamadou Sakho regelmäßig im Kader der Franzosen. Zu Beginn der Qualifikation schien der Negativtrend wie unter Domenech allerdings weiterzugehen, so setzte es gleich zu Beginn eine 0:1-Heimniederlage gegen Weißrussland. In den weiteren Gruppenspielen konnte sich Frankreich aber bessern und so kam es zehnten und letzten Spiel der Gruppe D zum Duell um den ersten Gruppenplatz und somit die fixe Qualifikation. Gegner in diesem entscheidenden letzten Gruppenspiel war Bosnien & Herzegowina, jenes Team, welches mit nur einem Punkt Rückstand auf Platz zwei gelegen war. Les Bleus mühten sich mit einem späten Elfmetertor durch Samir Nasri zu einem Unentschieden gegen die defensiv stark agierenden Bosnier, welche von Edin Dzeko in Front gebracht wurden. Bis 30. Mai 2012, also 10 Tage vor dem Eröffnungsspiel, hat Laurent Blanc noch Zeit seinen Kader zu nominieren. Drei relativ neue Gesichter werden, sofern sie sich nicht noch verletzten sollten, mit Sicherheit dabei sein:

Yann M’Vila

Der 22-jährige Yann M’Vila spielt im defensiven Mittelfeld und debütierte am 11. August 2010 unter Laurent Blanc für das Nationalteam, nachdem ihn Raymond Domenech schon für den vorläufigen Kader zur Weltmeisterschaft 2010 einberufen hatte und M’Vila bei der endgültigen Bekanntgabe des Kaders, inklusive Reduzierung, wieder gestrichen wurde. Der spielstarke Mittelfeldspieler von Stade Rennes bekam von Laurent Blanc 381 Einsatzminuten in der Qualifikation und hat damit die drittmeiste Spielzeit aller Franzosen, nur Torhüter Hugo Lloris und Abwehrchef Adil Rami kommen auf mehr Spielminuten. Sofern er sich nicht verletzt ist Yann M’Vila wohl auch bei der Euro in Polen und der Ukraine ein fixer Bestandteil des französischen Mittelfelds.

Einsatzchancen: 95%

Olivier Giroud

Der 25-jährige Giroud schaffte den Durchbruch erst vor vier Jahren, als er in Frankreichs zweiter Liga Torschützenkönig und zudem zum besten Spieler der Liga gewählt wurde. Der großgewachsene Stürmer wurde Ende 2011 erstmals in die Équipe Tricolore einberufen und erzielte bereits bei seinem dritten Einsatz sein erstes Tor für die Franzosen. Aktuell steht der Mittelstürmer beim Tabellenführer der französischen Ligue 1, HSC Montpellier, unter Vertrag. Mit 20 Toren führt der Linksfuß auch die Torschützenliste an, wobei er zudem noch 9 Vorlagen verbuchen konnte. Trotz der großen Konkurrenz im französischen Sturm mit Benzema, Remy oder Gameiro, kann sich Giroud große Chancen auf einen Einsatz bei der Europameisterschaft ausrechnen. Ein Platz in der Startformation wird, aufgrund des zumeist gespielten 4-2-3-1 – Systems der Franzosen und der Vormachtstellung von Karim Benzema, allerdings kaum möglich sein. Sofern Form und Gesundheit allerdings gleichbleiben, sind die Chancen auf einen Einsatz groß.

Einsatzchancen: 80%

Marvin Martin

Der offensive Mittelfeldspieler Marvin Martin steht seit seinem Debüt am 6. Juni 2011 immer wieder im Kader der französischen Nationalmannschaft. Der 24-Jährige überzeugte vor allem in der Saison 2010/11, als er die meisten Vorlagen in der Ligue 1 verzeichnen konnte. Auch bei seinem Debüt in der Nationalmannschaft konnte der Spielmacher überzeugen, als er in der 76. Minute beim Stand von 1:1 gegen die Ukraine eingewechselt wurde und das Spiel innerhalb von vier Minuten mit zwei Toren und einem Assist noch zu Gunsten der Franzosen drehte. Bei der Europameisterschaft wird es für den Spielmacher allerdings nicht einfach, da Samir Nasri auf Martins Position im offensiven Mittelfeld gesetzt ist. Möglicherweise probiert es Laurent Blanc bei der Europameisterschaft allerdings auch mit einem offensiverem 4-1-2-3, wobei ein defensiver Mittelfeldspieler, zwei offensive Mittelfeldspieler, zwei Flügelstürmer und ein Stürmer eingesetzt werden. Diese Variante probierte Blanc zuletzt in den Freundschaftsspielen gegen Belgien und Chile. Interessant für einen Einsatz von Martin war vor allem die Variante gegen Chile, wo er gemeinsam mit Samir Nasri im offensiven Mittelfeld spielte. Die Chancen auf einen Kurzeinsatz bei der EM stehen jedenfalls nicht schlecht, mit einem Stammplatz darf der 24-Jährige allerdings nicht rechnen.

Einsatzchancen: 40%

Fazit

Die Franzosen werden mit einem starken, jungen und talentierten Team zur Europameisterschaft 2012 in Polen und der Ukraine reisen. In der Gruppenphase treffen die Bleus mit Co-Gastgeber Ukraine, England und Schweden auf drei starke Nationen, allerdings sollte in diesem Jahr zumindest der Aufstieg in die KO-Runde gelingen. Vor allem die Formkurve der französischen Spieler und auch jene des gesamten Teams zeigt nach oben, nicht zuletzt ist hier der Auswärtssieg gegen Deutschland Ende Februar zu nennen. Die davor zehn Spiele ungeschlagenen Deutschen, welche vor allem wegen ihrer Leistungen bei der Weltmeisterschaft 2010 als Mitfavorit auf den Titel ins Turnier starten, zu schlagen ist auch in einem Freundschaftsspiel eine große Leistung. Sofern die Franzosen solche starken Leistungen auch bei der Europameisterschaft abrufen können, gehören sie mit Sicherheit zu den Mitfavoriten. Zuerst sollte allerdings einmal die Gruppenphase überstanden werden.

Michael Prügl, abseits.at

Michael Prügl

Keine Kommentare bisher.

Sei der/die Erste mit einem Kommentar.

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert