Nun ist es offiziell: Hartberg verpflichtet den aus dem Bezirk Hartberg stammenden Mario Sonnleitner. Es fühlt sich seltsam an, wenn ein langdienender Spieler seinen... Sonnenuntergang – Mach‘s gut, Mario!

Nun ist es offiziell: Hartberg verpflichtet den aus dem Bezirk Hartberg stammenden Mario Sonnleitner. Es fühlt sich seltsam an, wenn ein langdienender Spieler seinen Stammklub verlässt und für ein anders Team auflaufen wird. Noch seltsamer ist es, wenn man sich noch gut daran erinnern kann, dass jener Kicker einst von vielen, die ihn jetzt zur Vereinsikone per se deklarieren, schief angeschaut wurde. Mario Sonnleitner kam im Sommer 2010 von Sturm zu Rapid. Der damals 23-jährige war zwar in der Grazer Verteidigung gesetzt, trotzdem fanden einige Rapid-Fans Grund zu – um ein typisch steirisches Wort zu gebrauchen – maulen. Brauchen wir den wirklich? Ein sechster Innenverteidiger bei Soma, Eder, Patocka und Co.? Ein teurer Back-up, der für seine „Aussetzer“ verschrien war? So fragten viele Anhänger anfangs.

Zwei Jahre später sah alles anders aus: Im August kullerte der Ball nach einem Sonnleitner-Kopfball ins Tor von Aston Villa. Das 2:2 gegen die Engländer bedeutete den Aufstieg in die Gruppenphase der Europa League. Der Torschütze wurde am Elfmeterpunkt von seinen Mannschaftskollegen zu Boden gerissen. Sonnleitner war für seine Kritiker selbst längst „europäische Weltklasse“ – wie er die Leistung der Rapidfans im Stadion von Birmingham bezeichnete: Schnell, kopfballstark und jemand, der – wie es das Rapid-Leitbild will – nie aufgibt.

Mario Sonnleitner ist ein Vollblutfußballer, der dorthin geht, wo es weh tut. Davon zeugen nicht nur seine zahlreichen Kopfverletzungen, die (insbesondere) während seiner Anfangszeiten bei den Grün-Weißen häufig auftraten. Nein, obwohl er weit entfernt vom Auftreten eines Mini-Ibrahimovic ist, eckte der gebürtige Vorauer schon zu Beginn seiner Laufbahn an: In der steirischen Hauptstadt machte sich „Sonni“ nicht nur Freunde, als er nach dem GAK-Abstieg zu Sturm Graz wechselte. Ausgebildete wurde der Defensivspieler in der HIB Liebenau und debütierte für die Roten, das hinderte ihn jedoch nicht daran für den Ligakonkurrenten aufzulaufen. „Ich wusste, dass dieser Schritt nicht so einfach ist, für mich war es aber die beste Option, um mich weiterzuentwickeln.“, meinte er erst kürzlich retrospektiv über diesen ersten kontroversen Wechsel. Anfangs schien alles aufzugehen: Schon im zarten Alter von 19 Jahren folgte die Einladung zu einem Lehrgang des Nationalteams. Sonnleitner galt als Perspektivspieler. Sein Debüt für die ÖFB-Elf sollte jedoch eines im Konjunktiv bleiben und auch beim harten Kern der Fans der Schwoazn hatte er als Spieler des Stadtrivalen nur bedingt Kredit. Drei Jahre nach seinem Transfer zu Sturm verlor er bei der Grazer Szene weiter Respekt, als er erklärte er müsse ins Ausland wechseln um seinen Traum vom A-Team zu verwirklich, dann jedoch bei Rapid unterschrieb. Sonnleitner, der mit Gordon Schildenfeld das damals wohl beste Innenverteidiger-Duo der Liga bildete, wurde für viele Sturm-Fans zum (sprichwörtlich) roten Tuch. Und das alles, weil er seinen sportlichen Weg konsequent weiterging.

Tja, Fußballer sind eben keine Fans. Doch irgendwie wurde der Spieler Sonnleitner im hitzigen Getriebe der Hütteldorfer Fußballmaschine zum Rapidler. Und das ist man – wie er selbst sagt – entweder lebenslang oder gar nicht. Er absolvierte 357 Partien für die Grün-Weißen, spielte sich zur Führungskraft und zum Fanliebling hoch. Selbst als ihn Mike Büskens mit 29 Jahren aufs Abstellgleis stellte, saß der Innenverteidiger die Zeit einfach aus indem er tat, was die meisten Profis nur vorgeben zu tun: Er gab im Training Vollgas und fraß Gras. Büskens futterte schon lang wieder Currywurst im heimischen Ruhrgebiet, als sich der steirische Naturbursche nach allen Ecken streckte um die Mannschaft zusammenzuhalten. Doch die Seuchensaison 2016/17 war kein Höhepunkt in seiner Karriere und in Wahrheit mutierte der am 30er Kratzende, langsam zum Ergänzungsspieler. Doch Sonnleitner und Rapid – das war eine Liebe geworden: „Bei Rapid strebt man immer zu den größten Erfolgten. Das hat mir immer schon imponiert. Das war auch mein Ziel. Auch wenn es schlecht läuft, muss man mit den Situationen klarkommen.“, resümierte er seine Beziehung zum Wiener Traditionsverein. Nun ist die Geschichte zu Ende gegangen und beim TSV Hartberg wird wohl das letzte Kapitel von Sonnleitners Profikarriere geschrieben werden. Bei Rapid konnte Mario keinen Titel feiern, seine Laufbahn ist gespickt mit erfüllten, unerfüllten Träumen, Zwisten, legendären Momenten und ganz viel Herz. So schön kann „moderner“ Fußball sein. Mach‘s gut, Mario.

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag