Der kolumbianische Fußball auf eigenen Beinen – El Dorado
Weitere Länder 19.Dezember.2021 Tim Bosnjak
Als zwölf europäische Vereine im April dieses Jahres bekanntgaben, sich von ihren nationalen Ligen loszulösen und einen eigenen Wettbewerb zu gründen, hielt die Fußballwelt kollektiv den Atem an. Doch vor über 70 Jahren existierte in Kolumbien bereits eine Fußballliga, die ihre Tätigkeiten außerhalb des offiziellen Rahmens ausübte.
Wie „the beautiful game“ nach Kolumbien kam, ist nicht exakt übermittelt. Jedoch steht fest, dass Engländer das Regelwerk und den ersten Fußball zum Beginn des 20. Jahrhunderts in das Land im Nordwesten von Südamerika brachten. Sie waren Angestellte der Colombia Railways Company, von der sie zum Bau einer Eisenbahnstrecke von Barranquilla nach Puerto Salgar beauftragt wurden. In ihrer Freizeit spielten sie gerne Fußball. Nach ein paar Jahren wurden die ersten Vereine in Barranquilla und Bogotá gegründet und erste Turniere ausgespielt, wodurch es notwendig wurde eine eigene Organisation zur Verwaltung dieser zu gründen. Im Jahre 1924 wurde der kolumbianische Fußballverband unter dem Namen „Liga de Fútbol“ geschaffen. Als Asociación Colombiana de Fútbol, kurz Adefútbol, trat er der CONMEBOL und der FIFA zwölf Jahre später bei und ist heute unter dem Namen Federación Colombiana de Fútbol aktiv.
Mit der Gründung der DIMAYOR (División Mayor del Fútbol Colombiano), einer Interessensvertretung der professionellen, kolumbianischen Fußballmannschaften, im Jahre 1948 wurde der erste nationale Wettbewerb ins Leben gerufen. Das missfiel der Adefútbol und die Beziehungen verschlechterten sich vor dem Start der Liga derart, dass man den nationalen Verband verließ. Daraufhin schloss die FIFA die DIMAYOR auf Bitten des Verbandes von den internationalen Wettbewerben aus, wodurch es professionellen Spielern in Kolumbien nicht mehr erlaubt war für ihre jeweiligen Nationalmannschaften aufzulaufen. Jedoch führte diese Verbannung auch dazu, dass sich die Vereine nicht mehr an FIFA-Statuten zu halten hatten, wodurch sämtliche Transferregularien wegfielen.
Im selben Jahr streikten die „Futbolistas Argentinos Agremiados“, die Gewerkschaft der professionellen Fußballspieler in Argentinien, aufgrund von zu niedrigen Gehaltszahlungen, wodurch viele Spieler das Land verließen und neue Klubs im Ausland suchten. Dies kam den kolumbianischen Vereinen zugute, die im Jahr darauf zahlreiche Argentinier verpflichteten. So wechselten unter anderem Adolfo Pedernera, Néstor Rossi und ein 23-jähriger Alfredo Di Stéfano, die Teil von River Plate’s legendärer „La Máquina“ waren, zum Hauptstadtklub Millonarios FC. Im Laufe der Zeit waren Spieler aus anderen Ländern für gutes Geld in Kolumbien aktiv. Atlético Junior holte die Brasilianer Heleno de Freitas und Elba de Pádua Lima, Cúcuta Deportivo nahm etliche Uruguayer, von denen manche im Jahr 1950 Weltmeister wurden, unter Vertrag, Fußballer aus England oder Ungarn verdienten dort ebenfalls ihr Geld.
So hoch auch die Gehälter gewesen sein mögen, befand sich das Land doch seit einem Attentat auf den sozialistischen Präsidentschaftskandidaten Jorge Eliécer Gaitán in einem Bürgerkrieg, der zehn Jahre dauerte und vor allem Zivilisten das Leben kostete. Diese Zeit ging als „La Violencia“ in die Geschichte Kolumbiens ein. Allerdings begünstigten jene Ereignisse den Fußball, der von der Regierung genutzt wurde, um die erhitzten Gemüter zumindest zeitweise zu beruhigen. Außerdem half die wachsende Wirtschaft den Vereinen, hohe Löhne zu zahlen.
Für Millonarios begann mit „El Dorado“ und der Verpflichtung von Pedernera und Spielertrainer Carlos Aldabe die erfolgreichste Zeit der Klubgeschichte, wodurch die Mannschaft „Ballet Azul“ getauft wurde. In der Saison 1949 gewann man nicht nur den Meistertitel, sondern schoss auch noch 99 Tore in 26 Spielen, was einem Durchschnitt von 3,8 Treffern pro Spiel gleicht. 42 davon erzielte Pedro Cabillon, womit er bis heute den Rekord in Kolumbien für die meisten Tore in einer Saison hält. Darüber hinaus blieb das Team 20 Spiele lang ungeschlagen, von denen man 17 in Folge gewann. 1950 wurde Deportes Caldas (heute Once Caldas) mit zwei Punkten Vorsprung auf Millonarios Meister. Am finalen Spieltag hätten „Los Azules“ einen Sieg gegen Universidad de Bogotá gebraucht, aber schließlich verlor man die Partie, wohingegen Deportes Caldas in ihrem Spiel gegen América de Cali Unentschieden spielte und auf dem ersten Platz blieb. Die Meisterschaften von 1951 bis 1953 gingen allesamt wieder an Millonarios, die mit Pedernera als Spielertrainer noch die Copa Colombia und den „Kleinen Weltpokal“, ein Freundschaftsturnier zwischen europäischen und südamerikanischen Mannschaften, gewannen. Der Verein wurde dank der nationalen Dominanz und den vielen Stars zu Beginn der 1950er-Jahre als einer der besten der Welt angesehen.
Mit dem 1951 zwischen der DIMAYOR, der FIFA und der CONMEBOL geschlossenen Pacto de Lima wurde das Ende der damals besten Liga der Welt eingeleitet. Zwar wurden Kolumbien und seine Vereine wieder in die Verbände aufgenommen, doch die verpflichteten Spieler mussten im Oktober 1954 in ihre jeweiligen Länder zurückkehren. So wechselte Alfredo Di Stéfano 1953 zu Real Madrid und auch andere Stars verließen Kolumbien im nächsten Jahr.
Was von „El Dorado“ bleibt, ist die Erinnerung an einen einzigartigen Abschnitt in der südamerikanischen Fußballgeschichte, der sich beinahe in einem finanziell größeren Rahmen in Europa wiederholt hätte. Aus Sicht eines Fans, der den sportlichen Wettbewerb über den finanziellen Profit einiger weniger stellt, kann man froh sein, dass sich dieses Projekt nicht durchgesetzt hat, auch wenn so mancher Vereinspräsident dies noch nicht akzeptiert haben möchte.
Tim Bosnjak, abseits.at
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