Was die Spatzen schon seit Monaten vom Dach des Allianz-Stadions pfiffen ist seit Dienstag offiziell. Patrick Greil wechselt ablösefrei von Austria Klagenfurt zum SK... Die Lösung auf der Zehn? Das ist Rapid-Neuzugang Patrick Greil

Was die Spatzen schon seit Monaten vom Dach des Allianz-Stadions pfiffen ist seit Dienstag offiziell. Patrick Greil wechselt ablösefrei von Austria Klagenfurt zum SK Rapid und unterschreibt in Hütteldorf einen Vertrag bis 2025. Was zeichnet den Mittelfeldspieler aus und inwiefern kann er eine Verstärkung für seinen neuen Klub werden? Wir sehen uns zunächst kurz seine Karriere an und analysieren dann seine Leistungsdaten. Bis auf das erste Diagramm stammen alle Grafiken von Wyscout S.p.a. und lassen sich per Klick vergrößern!

Patrick Greils bisherige Stationen

Rapid-Neuzugang Patrick Greil weiß jede Minute auf dem Platz zu schätzen, da es für ihn keine Selbstverständlichkeit ist, dass er den Sprung in den Profifußball schaffte. Nach seinen ersten Stationen als Jugendspieler beim ASK Salzburg und ASK Maxglan stand er zwischen 2007 und 2012 im Nachwuchs von Red Bull Salzburg, verließ aber bereits mit 16 Jahren den Mateschitz-Klub. Nach einem Jahr beim SV Wals-Grünau schloss er sich dem USK Anif an, wo er zwischen 2014 und 2018 zunächst in der Salzburger Liga, danach in der Regionalliga tätig war. Damals war es alles andere als gewiss, dass Patrick Greil den Sprung in den Profifußball schaffen würde, weshalb er zu studieren begann und den Plan verfolgte, Lehrer zu werden.

Ursprünglich agierte der 1,84 Meter große Mittelfeldspieler als Sechser, allerdings nahm er auch schon bei Anif hie und da offensivere Rollen ein. Nach seinem Wechsel zu Austria Klagenfurt in die zweite Liga kam er zunächst ebenfalls vorrangig im defensiven Mittelfeld zum Einsatz, wobei er bereits in der ersten Saison seine offensiven Qualitäten zeigte und drei Tore und drei Assists beisteuerte. In der Saison 2019/20 spielte er mit Austria Klagenfurt erstmals um den Aufstieg mit, musste sich aber letztendlich knapp der SV Ried geschlagen geben. In dieser Spielzeit wurde er nicht nur als Sechser, sondern auch als Achter, Zehner und rechter Mittelfeldspieler eingesetzt.

Im darauffolgenden Jahr kam er nicht mehr im defensiven Mittelfeld zum Einsatz, sondern absolvierte die meisten Partien im offensiven Mittelfeld. Daneben lief er auch als rechter und linker Mittelfeldspieler auf. Man kann sagen, dass er in diesem Jahr, also in der Saison 2020/21, vom Stammspieler zum absoluten Leistungsträger seiner Mannschaft avancierte. Greil gefiel in der offensiveren Rolle und kam auf starke acht Treffer und elf Assists. Er stieg als Drittplatzierter mit Klagenfurt in die oberste Spielklasse auf, da Blau-Weiß-Linz auf den Aufstieg in die Bundesliga verzichtete und Liefering ohnehin nicht aufsteigen durfte.

Patrick Greil schaffte den Sprung in die Bundesliga bravourös, wobei er erneut in einer offensiven Rolle zum Einsatz kam. Sein Trainer Peter Pacult hatte mit Turgay Gemicibasi, Christopher Cvetko und Maximiliano Moreira gleich mehrere zweikampfstarke Spieler im Kader, die Greil den Rücken freihielten. Auch deshalb schaffte es der Rapid-Neuzugang auf eindrucksvolle Werte in der Offensive, die je nach Quelle bei der Anzahl der Assists ein wenig variieren – so kommen die Bundesliga, transfermarkt.de und Wyscout auf unterschiedliche Werte, was beispielsweise daran liegen könnte, dass eine Quelle das Herausholen von Freistößen und Strafstößen, die zu Torerfolgen führen, nicht mitrechnet. Wir vertrauen lieber unseren eigenen Werten, da sich Kollege Daniel Mandl im Zuge unserer Effizienzliste ohnehin alle Tore noch einmal genau ansah. Greil kam demnach auf vier Tore, sieben Assists und acht Assist-Assists.

Rapid und das Problem im offensiven Mittelfeld

Der SK Rapid agierte in dieser Saison meist im 4-2-3-1-System und es gelang über weite Strecken der Saison nicht die Rolle des offensiven Mittelfeldspielers vernünftig zu besetzen. Christoph Knasmüllner wäre dafür prinzipiell prädestiniert, doch der 30-Jährige ließ sein Genie viel zu selten aufblitzen und blieb die meiste Zeit über unsichtbar. Zudem passt die passive Spielweise gegen den Ball nicht in das Konzept von Trainer Ferdinand Feldhofer.

Barcelona-Rückkehrer Yusuf Demir wäre eine logische Alternative für die Zehner-Position, auch wenn er sonst vorwiegend über den rechten Flügel kommt. Der 18-Jährige fiel seit seinem Comeback in Hütteldorf jedoch in ein Formtief. Die spielerische Leichtigkeit ist weg, Basics die vorher wie selbstverständlich vom Fuß gingen, funktionieren nicht mehr. Demir ist allerdings noch immer sehr jung und eine schwache Phase nach der missglückten Leihe sei ihm verziehen. Nach einer guten Vorbereitung wäre es ihm durchaus zuzutrauen, dass er die hohen Erwartungen zumindest ansatzweise erfüllt und in die Rolle eines Unterschiedsspielers hineinwächst – vorausgesetzt er trägt in der kommenden Saison noch immer Grün-Weiß.

Robert Ljubicic, der in der kommenden Saison für Dinamo Zagreb auflaufen wird, war eine Position weiter hinten absolut unabdingbar und das Highlight im ansonsten schwachen Rapid-Mittelfeld. Sein Einsatz und seine Kampfkraft können jedoch auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass er in spielerischer und kreativer Hinsicht hinter einem gelernten Zehner zurücksteht und die „Zehn“ nicht seine beste Position ist.

Die besten Leistungen im offensiven Mittelfeld zeigte ein Spieler, der für diese Rolle gar nicht vorgesehen war. Ferdi Druijf, der Ercan Karas Abgang im Sturm vergessen machen sollte, machte auf der Zehn einen soliden Eindruck, da er im Gegensatz zu Knasmüllner und Demir insbesondere in physischer Hinsicht seiner Mannschaft in dieser Rolle viel zurückgeben konnte. Er rieb sich in vielen Zweikämpfen auf, ging weite Wege, zeigte aber auch ein passables Kombinationsspiel und versprühte als gelernter Stürmer natürlich auch ein wenig Torgefahr. Ob das Druijf-Gastspiel eine Fortsetzung finden wird, ist zu diesem Zeitpunkt noch ungewiss.

Anhand dieser Aufzählung sollte es klar werden, dass Patrick Greil in erster Linie als Alternative bzw. Stammspieler auf der Zehner-Position geholt wurde. Allerdings ist der Neuzugang extrem polyvalent und kann beispielsweise in einer etwaigen Mittelfeld-Raute auf jeder Position eingesetzt werden, auch wenn die Rolle als Solo-Sechser mittlerweile eher suboptimal wäre.

Ein guter Mix auf der Zehn?

In diesem Diagramm sehen wir auf der X-Achse die defensiven Aktionen pro 90 Minuten und auf der Y-Achse die offensiven Aktionen pro 90 Minuten.

Die ausgewählten Akteure sind zwar alle im zentralen Mittelfeld zuhause, spielen jedoch nicht auf den gleichen Positionen und haben bei ihren Vereinen auch unterschiedliche Aufgaben. Es war beispielsweise zu erwarten, dass Ljubicic, Seiwald und Taferner aufgrund der defensiveren Ausrichtung wesentlich mehr Zweikämpfe bestreiten würden als beispielsweise WAC-Taktgeber Michael Liendl.

Weiters ist zu beachten, dass Greil bei einem Verein spielte, der über die gesamte Saison gesehen lediglich auf rund 40% Ballbesitz kam und im Schnitt nur 9.28 Schüsse pro Spiel abgab. Dass die offensiven Aktionen verglichen mit den Zehnern von RB Salzburg schlechter ausfallen, ist dementsprechend keine große Überraschung.

Dennoch kann man von diesem einfachen Diagramm, das in erster Linie zur groben Orientierung dient, einige Erkenntnisse gewinnen:

  • Greil ist wesentlich aktiver als Knasmüllner – sowohl in der Offensive als auch in der Defensive. Die Rapid-Fans dürfen sich keinesfalls auf einen quirligen Dauerläufer einstellen, der konstant den Gegner unter Druck setzt, aber Greil ist gegen den Ball aktiver als Knasmüllner, Liendl und Nutz. Seine Stärken liegen jedoch eher im Spiel mit dem Ball am Fuß. Der offensive Output ist angesichts der Offensivkraft von Austria Klagenfurt durchaus in Ordnung und er sorgte in der vergangenen Saison auch mit dem Ball am Fuß für deutlich mehr offensive Aktionen pro 90 Minuten als etwa Knasmüllner.
  • Matthäus Taferner wäre der perfekte Ersatz für Robert Ljubicic
  • Ein fitter Otar Kiteishvili ist eine Klasse für sich in der österreichischen Bundesliga

Reicht die Intensität gegen den Ball?

Im Austrian Soccer Board, Österreichs größtem Fußball-Diskussionsforum, machten sich einige Fans Sorgen, dass Greil im Spiel gegen den Ball nicht intensiv genug sei, da er den einen oder anderen User bei gegnerischem Ballbesitz an Knasmüllner erinnerte. Wir wollen uns deshalb einige Werte detaillierter ansehen:

Greil weist bis auf die Luftzweikämpfe die besseren Statistiken auf, allerdings wird auch klar, dass er kein „Staubsauger“ ist, der die Bälle wie ein Magnet anzieht. Kiteishvili kommt beispielsweise auf 7.09 Balleroberungen pro Spiel, der defensiver ausgerichtete Robert Ljubicic sogar auf 8.58. Auch beim SK Rapid werden wohl eher die Akteure eine Reihe dahinter das Spielgerät erobern.

Mehr Risiko im Passspiel

Bei Austria Klagenfurt punktete Greil insbesondere mit seinen gefährlichen Pässen in die Tiefe, die sehr gut getimt waren und viele Konterchancen einleiteten. Bei Rapid sind Schnittstellenpässe durchaus auch gefragt, allerdings wird man weniger auf Kontersituationen lauern und es werden in vielen Partien gegen tiefstehende Gegner andere Lösungen gefragt sein.

Greil nahm bei Austria Klagenfurt mehr Risiko im Passspiel, was auch Sinn ergibt. Die Pacult-Elf ließ selten lange den Ball geduldig zirkulieren, sondern versuchte eher schnell und vertikal zu spielen und zu Abschlüssen zu kommen. Obwohl Austria Klagenfurt im Schnitt deutlich weniger Ballbesitz als der SK Rapid hatte, spielte Greil mehr Pässe pro 90 Minuten als Knasmüllner. Er agierte im Passspiel deutlich vertikaler, da er etwa gleich viele Pässe pro 90 Minuten nach hinten und zur Seite spielte, aber wesentlich mehr Pässe nach vorne. Bei diesen vertikalen Zuspielen nahm er zudem mehr Risiko, weshalb sie auch wesentlich ungenauer ankamen. Greils durchschnittliche Passlänge ist um drei Meter länger als die von Knasmüllner, wobei dies bei langen Pässen noch extremer ist. Der Ex-Klagenfurter spielte fast doppelt so viele lange Pässe pro 90 Minuten, die mit 37.14 vs. 23.01 Metern wesentlich länger ausfielen.

Ein ähnliches Bild sieht man auch bei den Schlüsselpässen. Greil spielt vertikaler, mit mehr Risiko und dadurch ungenauer. Bei den meisten Werten hat er jedoch recht klar die Nase gegenüber Knasmüllner vorne.

Effizienz größter Pluspunkt

Blicken wir noch einmal auf die oben erwähnte abseits.at Effizienzliste, bei der Greil in der Wertung der effektiven Vorlagengeber auf Platz 4 landete und bei den Assist-Assists gemeinsam mit Sucic, Fischer und Blume hinter Liendl auf den Plätzen 2 bis 5 landete. Dies sind starke Werte, insbesondere da Austria Klagenfurt insgesamt nur 43 Treffer erzielte. Greil hatte somit bei 44,18 Prozent aller Klagenfurter Meisterschaftsstore seine Beine im Spiel (4 Tore, 7 Assists, 8 Assist-Assists). Ein fantastischer Wert für die Bundesliga-Debütsaison, die den Rapid-Transfer mehr als rechtfertigt.

Eine der großen Stärken von Greil ist sein Torriecher im gegnerischen Strafraum. Speziell während der Aufstiegssaison, aber auch in der aktuellen Spielzeit, kam Greil zu vielen Abschlüssen aus kurzer Distanz, die auf seine starke Positionierung im gegnerischen Strafraum zurückzuführen ist. Greil taucht oft im oder rund um den gegnerischen Fünfmeterraum auf und hat ein sehr gutes Gefühl dafür, wo der Ball landen wird.

Fazit

Mit der Greil-Verpflichtung kann der SK Rapid aus mehreren Gründen nicht viel falsch machen. Der gebürtige Salzburger kostet keine Ablöse und wollte unbedingt zu Rapid wechseln. Greil gilt auf und abseits des Platzes als intelligenter Spieler, der über eine Gewinnermentalität verfügt und gut für das Mannschaftsklima ist. Ein weiterer Pluspunkt ist, dass der 25-Jährige in seiner Karriere bislang keine größeren Verletzungen hatte, was angesichts des stets gutgefüllten Rapid-Lazaretts ein nicht zu vernachlässigender Faktor ist. In den letzten Jahren machte der Mittelfeldspieler bei Austria Klagenfurt einen gewaltigen Sprung nach vorne und seine Scorerzahlen sind beachtlich für seine erste Bundesliga-Saison.

An diesem Transfer kann man nicht viel kritisieren, aber es gilt zwei Fragen im Auge zu behalten? Reicht Greils Intensität gegen den Ball aus und kann er sein Spiel im Ballbesitz erfolgreich adaptieren? Diese beiden Fragen wird nur der Spieler selbst beantworten können, wobei insbesondere beim ersten Punkt, der auch das schwerwiegendere Thema ist, Sportdirektor Barisic noch einiges dazu beitragen kann, dass sein neuer Schützling Rückendeckung bekommt. Mit dem richtigen Akteur auf der Sechs wäre nämlich auch Greil geholfen, der in Klagenfurt viel von der Kampfkraft von Gemicibasi und Co. profitierte.

Stefan Karger, abseits.at

Stefan Karger