You´ll never walk alone: Die unvollendete Geschichte des Besian Idrizaj
Sonstiges 22.August.2022 Julian Berger
„Solche Geschichten schreibt nur der Fußball“ – ein Ausspruch, der den meisten Anhängern der scheinbar schönsten Nebensache der Welt wohlbekannt in den Ohren klingt und ein positiv konnotierter Satz, der uns die dunkle Seite dieser Weltsportart verschweigen möchte. Genau dieser ist der folgende Beitrag gewidmet, die Geschichte eines jungen Mannes, der sich Anfang des neuen Jahrtausends aufmachte, um Teil einer besseren österreichischen Fußballzukunft zu werden.
Die Ausrufezeichen eines Hoffnungsträgers
Im Sommer 2005 ging ein Raunen – oder zumindest ein deutlich hörbares Rascheln – durch den Blätterwald der Sportressorts diverser österreichischer Tageszeitungen. Grund dafür war ein damals 17 Jahre junger Mann aus Linz, der sich auf den Weg machen sollte in jene Stadt, in der John Lennon, George Harrison, Ringo Starr und Paul McCartney ihre Weltkarriere starteten. Der Unterschied: Besian Idrizajs Bühne war der Fußballplatz, auf welchem er seit Kindheitstagen ein zweites Zuhause gefunden hatte. In jenem Sommer 2005 verließ der in Baden geborene und im Kosovo verwurzelte Wahl-Oberösterreicher seine Linzer Heimat in Richtung Anfield Road, um gemeinsam mit Größen wie Dudek, Gerrard oder Morientes dem runden Leder nachzujagen und von diesen zu lernen. Die ersten Schritte in Fußballschuhen war der talentierte Offensivspieler zunächst bei Admira Linz, später beim städtischen Traditionsclub LASK, gegangen, für welchen er im Alter von 16 Jahren im Profiteam debütierte.
Insgesamt bestritt Idrizaj in den Jahren 2004 und 2005 nicht weniger als 35 Spiele für die Oberösterreicher, konnte dabei drei Tore erzielen. Idrizaj hatte die Liverpool-Verantwortlichen zunächst bei der U17-EM 2004 in Frankreich, dann bei einem Probetraining überzeugt, galt als einer der Hoffnungsträger einer um die Jahrtausendwende nicht sonderlich erfolgreichen Fußballnation. Seine Mitspieler im Rahmen der erwähnten Jugend-Europameisterschaft: Spätere Nationalspieler wie Erwin Hoffer, Rubin Okotie oder Markus Suttner. In Liverpool unterschrieb Idrizaj damals einen Vertrag über zwei Jahre, sollte im Reserveteam der „Reds“ an die Premier League herangeführt werden. In ebendiesem erarbeitete sich Idrizaj auch einen Stammplatz, für Einsätze bei den Profis reichte es aber zunächst nicht.
Ein Talent auf Wanderschaft und ein unvergessener Hattrick
Nachdem Idrizaj in Liverpool keine Aussicht auf Premier-League-Minuten sah, begann eine Odyssee, welche ihn in den kommenden Jahren zu Luton Town, Wacker Innsbruck und Crystal Palace führen sollte. So richtig in Schwung kam die Karriere des Teenagers aber auch dort nicht, bei all diesen Leihstationen reichte es insgesamt nur für 15 Einsätze. Fehlendes Talent schien jedoch keineswegs die Ursache für die ausbleibenden Einsatzzeiten. Als Beweis dafür kann ein Vorbereitungsspiel des Liverpool FC nach einer Leih-Rückkehr im Sommer 2007 dienen. Der damals 19-Jährige Idrizaj kam bei einem Testspiel des mehrfachen Champions-League-Siegers gegen den Viertligisten Wrexham zum Einsatz. Das Ergebnis: 3:2 für den Favoriten. Dreifacher Torschütze dabei: Besian Idrizaj, der sich in den Minuten 4, 16 und 26, jeweils nach Vorlage des erstligaerprobten Jermaine Pennant feiern lassen durfte. Es dürfte der wohl größte Tag im Fußballerleben des Besian Idrizaj gewesen sein, dessen Gesundheit ihm aber schon in diesen jungen Jahren immer wieder einen Strich durch die Profilaufbahn-Rechnung machte.
Während seines Leih-Engagements bei Wacker Innsbruck brach Idrizaj im Februar 2008 im Laufe eines Spiels gegen Sturm Graz ohne Fremdeinwirkung zusammen und war daraufhin mehrere Minuten lang bewusstlos. Doch Idrizaj erwies sich als Kämpfer, wollte seinen Traum von der Profi-Laufbahn nicht aufgeben und nahm das harte Aufbautraining etwa einen Monat nach seinem Zusammenbruch an. Etwas mehr als sechs Monate später aber der nächste Schock. Ein Probetraining bei seinem Jugendclub LASK endete mit einem erneuten Zusammenbruch des Offensivmanns. Nachfolgende Untersuchungen ließen eine Rechtsherz-Überlastung vermuten. Auch dies hielt Idrizaj aber nicht davon ab, weiter seiner Leidenschaft zu folgen. Dafür nahm er sogar einen Wechsel zum heutigen deutschen Oberligisten FC Eilenburg in Kauf, nachdem sein Liverpool-Kontrakt ausgelaufen war. Es sollte der Neustart in eine vielversprechende Karriere werden. Im Sommer 2009 unterschrieb Idrizaj schließlich bei Traditionsclub Swansea City, laut Oberösterreichischen Nachrichten stand 2010 auch ein Wechsel zu RB Leipzig im Raum. Doch dieser Weg sollte Besian Idrizaj nicht mehr vergönnt sein. Auch für die Waliser würde er schlussendlich nur zwei Liga- sowie ein Cupspiel absolvieren.
Das tragische Ende und emotionale Erinnerungen
Fast auf den Tag genau sechs Jahre nach seinem 78-minütigen Einsatz im Rahmen des U17-EM-Gruppenspiels gegen England und damit jenem Match, welches ein wichtiger Mosaikstein auf seinem Weg nach Liverpool und damit in die große Fußballwelt werden sollte, hörte Besian Idrizajs Herz am 14. Mai 2010 auf zu schlagen. Ein Herz, welches stets auch von der Leidenschaft für und der Liebe zu jenem Sport erfüllt wurde, der Idrizajs Leben bestimmen sollte. Bruder Querim, heute bei St. Peter/Au in der Niederösterreichischen Landesliga aktiv, fand den vielfachen österreichischen Nachwuchs-Nationalspieler in der elterlichen Wohnung, Wiederbelebungsversuche scheiterten, auch die Rettungskräfte waren machtlos. Dass Idrizaj und sein Schicksal aber keineswegs vergessen wurden, bewies sein letzter Arbeitgeber Swansea City, bei welchem der Angreifer die Rückennummer 40 getragen hatte, gleich mehrfach.
Eine Schweigeminute für Idrizaj eröffnete etwa das erste Heimspiels Swanseas im Rahmen der Zweitligasaison 2010/2011. Während dieser Schweigeminute wurden extra angefertigte schwarz-weiße Schals von tausenden Fans gen Himmel gehalten. Auf der Osttribüne des Stadions zeigte eine Choreographie der Heimfans Idrizajs Rückennummer. Dem nicht genug sorgte Darren Pratley ausgerechnet in der 40. Spielminute für die Vorentscheidung zum schlussendlichen 4:0-Auftaktsieg des damals von Brendan Rodgers betreuten Heimteams. Der nunmehrige Leicester-Coach sollte seine Trainerkarriere nach Platz drei und dem Aufstieg mit Swansea im Sommer 2011 dort fortsetzen, wo die große Reise des Besian Idrizaj ihren Ausgang genommen hatte: in Liverpool. In der 40. Minute des entscheidenden Aufstiegs-Playoff-Spiels gegen den FC Reading erhoben sich die Fans der Waliser in Gedenken an Idrizaj, dessen Trikotnummer 40 nach seinem Ableben posthum gesperrt wurde und seither nicht mehr vergeben blieb.
Nach dem geglückten Aufstieg trugen die Kaderspieler der „Swans“ T-Shirts, die mit dem Namen und einem Foto des 22-Jährigen versehen waren. Der damalige Swansea-Spieler Angel Rangel gab danach zu Protokoll: „Wir haben innerhalb der Mannschaft viel darüber gesprochen und wir wussten, hier im Wembley-Stadion zu gewinnen ist das Beste, was wir für Besian tun konnten. Er war sehr beliebt bei uns. Wenn er noch hier wäre, wäre er ein Teil dieser Mannschaft und würde mit uns hier spielen.“
Besian Idrizaj hat also zweifelsohne Spuren hinterlassen. Ob durch einen Hattrick in Liverpool, als hoffnungsvolles Talent und 23-facher Nachwuchsteamspieler in Österreich oder als ehrgeiziger junger Spieler in Swansea, der den Traum vom Profifußball trotz widriger Umstände nicht aufgegeben hat. Gründe genug, um das Andenken dieses viel zu früh verstorbenen Sportlers bewahren, dessen vielversprechende Geschichte aufgrund eines furchtbaren Schicksalsschlages leider unvollendet bleibt.
Das könnte dich auch noch interessieren:
- Groundhopper’s Diary | Ein Streifzug durchs Kärntner Unterhaus
- Einen Monat lang ungeschlagen: Hält Stokes Serie auch gegen Everton an?
- Premier League Review, 19. Runde | Blackburn und Aston Villa mit Sensationssiegen!
- Wie abhängig ist Rapid von Steffen Hofmann? – …oder von einem weiteren Kreativspieler?
Julian Berger
- Groundhopper’s Diary | Ein Streifzug durchs Kärntner Unterhaus
- Einen Monat lang ungeschlagen: Hält Stokes Serie auch gegen Everton an?
- Premier League Review, 19. Runde | Blackburn und Aston Villa mit Sensationssiegen!
- Wie abhängig ist Rapid von Steffen Hofmann? – …oder von einem weiteren Kreativspieler?
- Besondere Tore
- Die bunte Welt des Fußballs
- Europameisterschaft
- Internationale Stars
- Argentinien
- Australien
- Belgien
- Brasilien
- Chile
- Dänemark
- Deutschland
- Andreas Brehme
- Andreas Möller
- Berti Vogts
- Christoph Daum
- Franz Beckenbauer
- Fritz Walter
- Gerd Müller
- Günther Netzer
- Helmut Rahn
- Jürgen Klinsmann
- Jürgen Klopp
- Karl-Heinz Rummenigge
- Lothar Matthäus
- Lukas Podolski
- Manuel Neuer
- Miroslav Klose
- Oliver Bierhoff
- Oliver Kahn
- Philipp Lahm
- Rudi Völler
- Sepp Maier
- Thomas Häßler
- Thomas Müller
- Thomas Tuchel
- Toni Schumacher
- Toni Turek
- Udo Lattek
- Uli Hoeneß
- Uwe Seeler
- Elfenbeinküste
- England
- Finnland
- Frankreich
- Irland
- Italien
- Alessandro Del Piero
- Alessandro Nesta
- Andrea Pirlo
- Christian Vieri
- Claudio Gentile
- Dino Zoff
- Fabio Cannavaro
- Francesco Totti
- Franco Baresi
- Gaetano Scirea
- Giacinto Facchetti
- Gianluca Vialli
- Gianluigi Buffon
- Giuseppe Bergomi
- Giuseppe Meazza
- Luigi Riva
- Marco Tardelli
- Mario Balotelli
- Paolo Maldini
- Paolo Rossi
- Roberto Baggio
- Sandro Mazzola
- Kamerun
- Kolumbien
- Liberia
- Mexiko
- Niederlande
- Nigeria
- Nordirland
- Norwegen
- Portugal
- Schottland
- Schweden
- Schweiz
- Spanien
- Ungarn
- Uruguay
- USA
- Wales
- Österreich
- Legendäre Legionäre
- Alexander Zickler
- Antonin Panenka
- Axel Lawaree
- Branko Boskovic
- Carsten Jancker
- Dejan Savicevic
- Geir Frigard
- Hamdi Salihi
- Hansi Müller
- Jan Åge Fjørtoft
- Jocelyn Blanchard
- Joey Didulica
- Jonathan Soriano
- Kevin Kampl
- Lajos Détári
- Maciej Sliwowski
- Marek Kincl
- Mario Kempes
- Mario Tokic
- Milenko Acimovic
- Nestor Gorosito
- Nikica Jelavic
- Nikola Jurčević
- Olaf Marschall
- Oliver Bierhoff
- Patrik Jezek
- Radoslaw Gilewicz
- Rene Wagner
- Roger Ljung
- Sadio Mané
- Samir Muratovic
- Sigurd Rushfeldt
- Somen Tchoyi
- Steffen Hofmann
- Szabolcs Sáfár
- Tibor Nyilasi
- Trifon Ivanov
- Valdas Ivanauskas
- Vladimir Janocko
- Zlatko Kranjcar
- Nationale Stars
- Aleksandar Dragovic
- Andi Ogris
- Andreas Herzog
- Andreas Ivanschitz
- Bruno Pezzey
- Christian Fuchs
- David Alaba
- Deni Alar
- Didi Kühbauer
- Ernst Happel
- Ernst Ocwirk
- Felix Gasselich
- Franz Wohlfahrt
- Friedl Koncilia
- Gustl Starek
- Hans Krankl
- Herbert Prohaska
- Heribert Weber
- Ivica Vastic
- Julian Baumgartlinger
- Kevin Wimmer
- Kurt Jara
- Marc Janko
- Marcel Sabitzer
- Mario Haas
- Marko Arnautovic
- Martin Harnik
- Martin Hinteregger
- Matthias Sindelar
- Michael Konsel
- Otto Konrad
- Peter Stöger
- Sebastian Prödl
- Toni Polster
- Ümit Korkmaz
- Veli Kavlak
- Walter Schachner
- Walter Zeman
- Zlatko Junuzovic
- Nationalmannschaft
- Österreichische Vereine
- Legendäre Legionäre
- Weltmeisterschaft