Giovanni Trapattoni gilt als Sir trotz – oder gerade wegen – seiner wunderbaren Wutrede als Bayern‑Trainer. „Habe fertig!“, tönte der Maestro und machte sich... Anekdote zum Sonntag (163) – Des Maestros neue Kleider

Giovanni Trapattoni gilt als Sir trotz – oder gerade wegen – seiner wunderbaren Wutrede als Bayern‑Trainer. „Habe fertig!“, tönte der Maestro und machte sich so bei unsren nördlichen Nachbarn unsterblich. Trapattoni, der fast seine ganze Spielerkarriere dem AC Milan widmete, wurde erst als Coach ein richtiger Titelhamster: Sieben scudetti, fünf europäische Pokal, dazu deutscher, portugiesischer und österreichischer Meister. 2013 beendete der gebürtige Mailänder seine bis dato letzte Trainertätigkeit beim irischen Nationalteam, nachdem sich die Mannschaft nicht für die WM 2014 qualifizieren konnte.

2006 hatte es den Fußballfachmann nach Wals-Siezenheim verschlagen: Großsponsor Didi Mateschitz wollte mit der Verpflichtung Trapattonis als Trainer und Lothar Matthäus als Co-Trainer in sportlicher Hinsicht Nägel mit Köpfen machen. Der einstige Weltfußballer wurde zwar ein Jahr später wegen „unterschiedlichen Auffassungen“ in die Wüste geschickt, am Saisonende stand allerdings der erste Meisterteller der Brausewasser-Ära. „Dieser Titel bedeutet mir viel, da uns unser Präsident immer das Vertrauen geschenkt hat und an uns glaubte.“, verriet Trapattoni nach dem Gewinn seiner 22. Fußballtrophäe. Im Fußball geht es aber auf und ab und der glückliche Trap schlitterte schon im März 2008 in einen sportlichen Albtraum: Mitten im leichten Schneeflankerln herzte der als knorrig geltend Rapid-Coach Pacult seine Spieler auf dem Salzburger Kunstrasen, während Trapattoni mit Sorgenfalten rasch in die Kabine verschwand: 0:7 war Salzburg daheim überraschenderweise gegen die Grün-Weißen untergegangen.

Es sei eine Katastrophe, er habe noch nie derartig hoch verloren, meinte der niedergeschlagene Trap beim anschließenden ORF-Interview. Mit Dolmetscher versuchte er eine Antwort auf das individuelle Versagen seiner Kicker zu geben. Ein Glück, dass der Italiener wenige Woche zuvor schon bekanntgegeben hatte, am Ende der Spielzeit den Klub zu verlassen, um die irische Nationalmannschaft zu trainieren.

Die heutige Anekdote spielt jedoch eher am Anfang von Trapattonis Zeit in Salzburg: Jänner 2007, Dubai: Die Bullen befinden sich auf Trainingslager, eine Pressekonferenz ist einberufen, weil die Verpflichtung des japanischen Verteidigers Miyamoto bekanntgegeben werden soll. Im Saal des Hotels warten bereits einige Journalisten auf die Salzburger Offiziellen, doch wer fehlt? Trapattoni höchstpersönlich. Der Maestro ist – südländische Temperament eben – verspätet. Dem Pressechef des Vereins stehen bereits die Schweißperlen auf der Stirn: Tommy Blazek begibt sich Richtung Stiegenaufgang, um zum Hotelzimmer des Cheftrainers zu gelangen. Kaum hat er die Stufen erreicht, kommt ihm der aufgeregte Trap schon entgegen: Er nuschelt: „Scusi! Andiamo – lass uns gehen.“ und drängt Blazek in Richtung Konferenzsaal.

Blazek jedoch bewegt sich keinen Schritt. Sein schweißüberströmtes Gesicht wird leichenblass und er weiß, dass ihm keine Zeit bleibt sein Begehren höflich zu umschreiben: „Maestro, bitte, ihr T-Shirt!“, stammelt Blazek und deutet auf Trapattonis Oberteil. Der 67-jährige versteht zunächst nicht, schließlich hat er ein stinknormales Leiberl übergezogen. Blazek erklärt ihm jedoch, dass er nicht mit dem Produkt eines gewissen deutschen Sportartikelherstellers vor der Presse auftauchen kann, wo der Verein just einen Ausrüstervertrag mit einer anderen Firma aus Herzogenaurach abgeschlossen hat. Trapattoni flucht. Er macht auf dem Absatz kehrt und hechtet zurück in sein Zimmer. Dort schnappt er sich eine Salzburger Trainingsjacke und sprintet zurück ins Erdgeschoss, um endlich die Pressekonferenz zu beginnen. Blazek, der Medienverantwortliche, atmet auf: Seinem aufmerksamen Auge ist es zu verdanken, dass es keine Strafzahlung gesetzt hat.

Jahre später blamierte sich auf ähnliche Weise ein gewisser Mario Götze, als er bei seiner Vorstellung in München im T-Shirt seines persönlichen Sponsors erschien, was den München Ausrüster irritierte: Der FC Bayern musste sich entschuldigen. Bei Trapattoni konnte ein Eklat gerade noch verhindert werden und mit des Maestros neuen Kleidern wurde die Pressekonferenz verspätet gestartet.

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag