Mit einem 2:0-Sieg über Israel in Leipzig entschied die deutsche Auswahl die Generalprobe zur Europameisterschaft für sich. Die DFB-Elf war dabei feldüberlegen, agierte allerdings... 2:0 gegen Israel: Deutschland gewinnt die Generalprobe zur EM glanzlos

Mit einem 2:0-Sieg über Israel in Leipzig entschied die deutsche Auswahl die Generalprobe zur Europameisterschaft für sich. Die DFB-Elf war dabei feldüberlegen, agierte allerdings keinesfalls souverän und offenbarte ungeahnte Schwächen im Spielaufbau. Dennoch ist der Testspielsieg gegen Israel kein Indikator für die Kräfteverhältnisse bei der bevorstehenden EURO 2012.

Das 1:0 für Deutschland besorgte Bayern-Star Mario Gomez, das 2:0 der eingewechselte André Schürrle. Obwohl die Truppe von Joachim Löw die Israelis an deren Strafraum einschnürte, gelang es nur selten das gefürchtete Kurzpassspiel und den markanten Powerfußball aufzuziehen, der Deutschland in den letzten Jahren auszeichnete. Und das obwohl die tief stehenden Israelis trotz all ihrer defensiven Konsequenz Fehler im Raum machten, die Deutschland hätte nützen müssen.

Israel steht tief

Ein Stangenschuss von Boateng, einige recht gut vorgetragene Angriffe über die Flügel und das überfällige 1:0 durch Mario Gomez: Deutschland dominierte in der ersten Halbzeit ohne zu glänzen und das obwohl die Israelis im ersten Durchgang 61% der Zweikämpfe gewinnen konnten. Israel zog sich weit zurück, stand stets mit acht bis neun Spielern hinter dem Ball – Kaiserslautern-Angreifer Itay Shechter war zumeist die Ausnahme. Die Gewissheit, dass dies passieren würde, war wohl auch der Grund warum Jogi Löw ausgerechnet gegen Israel testen wollte. Über die Sinnhaftigkeit lässt sich allerdings streiten, denn keiner der deutschen Gruppengegner und schon gar kein Gegner in der K.O.-Runde wird derart destruktiv auftreten, wie es Israel gestern tat.

Erst Spielverlagerungen initiierten Spielzüge

Die Israelis machten die Räume rund um den Ballführenden eng, vernachlässigten jedoch die Raumdeckung in den passiven Bereichen des Platzes. Oft hatte man den Eindruck, dass sich die Mannschaft von Eli Guttman mit zu vielen Spielern zum Ball hin orientierte und dadurch „ohne Rücksicht auf Verluste verteidigte“. Deutschland bemerkte erst in der zweiten Halbzeit, dass man Israel aus dem Konzept bringen kann, wenn man mit präzisen Seitenwechseln operiert, da bei den Israelis die Abstände in der Breite nicht passten. So konnte man Räume schaffen und Torchancen herausspielen – doch damit wurde erst begonnen, als sich Linksverteidiger Philipp Lahm (beim FC Bayern spielt Lahm auf der rechten Seite) ein Herz fasste und das Spiel verlagerte.

Umschaltspiel nicht entschlossen genug

Eine Schwäche der deutschen Elf war am gestrigen Tag überraschenderweise das Umschaltspiel von Defensive auf Offensive. Israel versuchte immer wieder mit Dynamik Nadelstiche zu setzen, kam jedoch nur selten vor das Tor von Manuel Neuer – und dann mit wenigen aktiv beteiligten Offensivspielern. Das Nachrücken der defensiveren israelischen Akteure passierte zu zögerlich, wodurch große Räume zwischen den Mannschaftsteilen entstanden. Wenn Deutschland dann den Ball eroberte und nach vorne umschaltete, hatte das Team vor allem in der Zentrale viel Platz, der jedoch nie genutzt wurde. Deutschland schaltete langsamer und inkonsequenter nach vorne um, als Israel es nach hinten tat. So wurden zahlreiche aussichtsreiche Konterchancen durch die nicht top-organisierten, aber defensiv konsequenten Israelis im Keim erstickt.

Kaum Leichtigkeit

Man vermisste die Leichtigkeit im deutschen Spiel, denn auch wenn sich die Protagonisten am Flügel immer wieder mit einfachen Mitteln durchsetzen konnten, wurde zu wenig aus den Möglichkeiten gemacht. Das Spiel wirkte nicht schnörkellos, zu unentschlossen. Symptomatisch dafür stehen in letzter Instanz die vergebenen Torchancen von Thomas Müller und Lukas Podolski, die beide freistehend vor dem gegnerischen Tor hundertprozentige Chancen ausließen.

Zielgerichteter kontern

Wie bereits erwähnt ist der maue Auftritt der deutschen Elf gegen Israel aber kein Indikator für die Spielweise und den möglichen Erfolg bei der Europameisterschaft. Einerseits ist Deutschland als „Turniermannschaft“ bekannt und hat somit ohnehin einen leichten psychologischen Vorteil, andererseits wird man es in der Gruppe mit Portugal, Dänemark und Holland nicht mit derartigen Menschenmauern zu tun bekommen, wie man sie gegen Israel vorfand. Die wohl wichtigste Erkenntnis des gestrigen Abends könnte jedoch bei der EM-Endrunde zum Problem werden: Bei der EM darf Deutschland mit seinen Konterchancen, die sich gerade gegen aktivere Teams wie Portugal oder Holland bieten werden, nicht derart leichtfertig umgehen und muss sie wesentlich zielgerichteter zu Ende spielen…

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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