Die USA, Indien und China haben es bereits versucht. Nun will sich die Saudi Pro League zur neuen Fußballhochburg aufmachen und lockt Spieler mit... Kommentar: Die Saudi Pro League wird nicht das neue Fußball-Mekka

Die USA, Indien und China haben es bereits versucht. Nun will sich die Saudi Pro League zur neuen Fußballhochburg aufmachen und lockt Spieler mit noch nie dagewesenen Gehältern in die Wüste. Warum Europa dennoch das Nonplusultra in Sachen Fußball bleiben wird.

Investitionen von 220 Milliarden US-Dollar in die WM

Die WM in Katar sollte als große Bühne für die Arabische Halbinsel dienen – mit dem Ziel ein Event der Superlative aufzuziehen. Dafür griff man auch richtig tief in die Tasche. Kolportierte 220 Milliarden US-Dollar wurden in neue Stadien, Infrastruktur und das Turnier insgesamt investiert.

Geld spielt keine Rolle – 6 von 8 Stadien für die WM gebaut

Von den acht allesamt in oder nahe Doha bespielten Stadien wurden sechs extra für das Turnier gebaut, zwei wurden einem Komplettumbau unterzogen. Nach dem Turnier sollen aus zahlreichen Stadien Sportkliniken, Einkaufszentren, Mehrzweckhallen oder Hotels werden oder diese werden gänzlich abgebaut, da sie für den Fußball nicht mehr benötigt werden. In Europa undenkbar, dass Stadien gebaut und nach einem Großevent nicht mehr benötigt werden. Man denke nur zurück an den Aufschrei, den es gegeben hat, als die Kapazität des London Stadiums und Heimstätte von West Ham United, nach den Olympischen Spielen von 80.000 auf 66.000 Plätze reduziert wurde. In Katar verschwinden nach der WM zahlreiche Stadien einfach von der Bildfläche, weil sie nicht mehr benötigt werden. Das Zeichen: Finanziell ist alles möglich. Kritisch betrachtet: Fußball ist auf der Arabischen Halbinsel doch noch nicht ganz angekommen.

Superstar Ronaldo wechselt nach der WM zu Al Nassr

Direkt nach der WM wechselt der vereinslose Cristiano Ronaldo zu Al Nassr. Sein Gehalt: Kolportierte 200 Millionen Euro, pro Jahr versteht sich. Für viele war es der Wechsel des großen Superstars in ein Land mit fußballerischen Ambitionen, für andere war er der prominenteste Arbeitslose der Welt, für andere folgte ein in die Jahre gekommener Star dem letzten Ruf des großen Geldes. In der Premierensaison reichte es für Ronaldo und Al Nassr nur zu Platz 2 hinter Al Ittihad – trotz 14 Toren und 2 Assists in 16 Spielen des ehemaligen Weltstars. Doch auf und neben dem Platz scheint der Portugiese nicht ganz glücklich zu sein und würde liebend gern nach Europa zurückkehren, so zahlreiche Medienberichte. Bloß, es scheinen die Interessenten zu fehlen.

Benzema, Neves, Kanté, Koulibaly, Mendy, Brozovic, Firmino, Milinkovic-Savic und Gerrard folgen

Mit Beginn der Sommertransferphase in der Saudi Pro League noch einmal ordentlich Geld locker gemacht, um weitere Stars in die Wüste zu holen. Al Ittihad, Al Hilal, Al Nassr und Al Ahli, allesamt seit Februar 2023 im Mehrheitseigentum des Public Investment Funds, der ebenso Eigentümer von Newcastle United ist, pumpten insgesamt knapp 185 Millionen Euro in neue Spieler.

Al Ittihad verstärkte sich im Sommer mit Karim Benzema und N’Golo Kanté, Al Hilal mit Ruben Neves, Sergej Milinkovic-Savic und Kalidou Koulibaly, Al Ahli holte Édouard Mendy und Roberto Firmino, Al Nassr verpflichtet Marcelo Brozovic und Al Ittihad holt Jota. Zudem wird Steven Gerrard neuer Trainer bei Al Ettifaq.

Messi, Bernardo Silva, Modric, Neymar und Lukaku lehnen Wechsel ab

Sind es bisher fast ausschließlich Spieler, die ihre Karriere für ein gewisses Körberlgeld in der Saudi Pro League mehr oder weniger gemütlich ausklingen lassen, handeln sich die Verantwortlichen bei zahlreichen anderen Superstars Körbe ein. Messi geht zu Inter Miami, Modric bleibt bei Real Madrid, Bernardo Silva bei Manchester City und Neymar und Romelu Lukaku jedenfalls in Europa.

Gerüchte um Mané, de Gea, Mahrez, Morata, Fabinho, Henderson, Pogba

Dass die Einkaufstour der Saudi Pro League noch nicht beendet ist, zeigen aktuelle Gerüchte, die etwa Paul Pogba oder David de Gea gleich mit mehreren Vereinen auf der Arabischen Halbinsel in Verbindung bringen. Man darf also gespannt in die Zukunft blicken, wer sich in diesem Sommer noch einem der Klubs der Saudi Pro League anschließen wird.

Saudi Pro League verfolgt ähnliches Modell wie die Chinese Super League

In der Saudi Pro League verfolgt man de facto dasselbe Modell wie in China und Indien. Man holt alternde Stars, um Fußball innerhalb von kurzer Zeit populär zu machen und scheut dabei keine Kosten.

Marko Arnautovic, Hulk, Stephan El Shaarawy, Oscar, Anderson Talisca, Marouane Fellaini, Carlos Tevez, Axel Witsel, Tim Cahill und Yannick Carrasco spielten oder spielen in Chinas oberster Spielklasse. Der einstige Weltklassetrainer Marcello Lippi war zudem einige Jahre als Trainer aktiv. Viel Geld wurde investiert, um eine gute Liga aufzubauen, doch die Bemühungen scheiterten. Die Lebensstandards, die Infrastruktur, die Sprachbarriere, das fehlende Prestige sorgten dafür, dass viele Profis sehr zügig wieder zurück nach Europa gingen. Zu groß war der Klassenunterschied der Legionäre zu den chinesischen Spielern. Ebenso gab es kaum hochkarätige Trainer und auch die Trainingszentren waren weit vom europäischen Standard entfernt. Heute tümpelt die Chinese Super League wieder vor sich hin und die Stars sind zu einem großen Teil weg.

Nie richtig in Fahrt gekommen ist die Indian Super League. Mit John Arne Riise, Diego Forlan, Eidur Gudjohnsen, Helder Postiga, Florent Malouda, Marco Materazzi, Robbie Fowler, Nicolas Anelka, Alessandro del Piero, Fredrik Ljungberg, Robert Pires, David James oder David Trezeguet zierten zahlreiche Stars Trikots indischer Klubs. Ähnlich wie in China erkannten viele Spieler aber sehr schnell, dass Professionalismus und Leistungsdichte nicht mit dem europäischen Niveau vergleichbar ist und verließen Indien wieder. Von einer prestigeträchtigen Liga ist die Indian Super League meilenweit entfernt.

Was man in den USA anders macht

In Amerika ging man zunächst einen ähnlichen Weg und eiste Superstars wie David Beckham, Zlatan Ibrahimovic, Andrea Pirlo, Wayne Rooney, Alessandro Nesta, Gonzalo Higuain, Carlos Valderrama, Bastian Schweinsteiger, Frank Lampard, Didier Drogba, Kaka, Thierry Henry, Hristo Stoichkov, Franz Beckenbauer, Pele und Lothar Matthäus los. Diese Stars brauchte man zunächst, um Fußball neben American Football, Basketball und Eishockey populär zu machen und zu etablieren. In den letzten Jahren gingen die Investitionen jedoch stark zurück – mit der Ausnahme von Inter Miami, die dieses Jahr mit Sergio Busquets und Lionel Messi gleich zwei Topspieler geholt haben- und man hat sich darauf konzentriert Talenten aus Nord-, Mittel- und Südamerika eine Bühne zu geben. Das Ergebnis: Fußball ist etabliert, lockt viele Zuseher in die Stadien und immer mehr junge Talente schaffen den Sprung nach Europa. In den USA ist es somit gelungen neben den ausländischen Stars junge Talente aufzubauen. Die verfolgte Strategie ist nachhaltig und die USA per se auf Grund der hohen Lebensstandards und der atemberaubenden Städte für ausländische Spieler attraktiv.

Emotionen, Tradition, Fußballtempel und Fans prägen den europäischen Fußball

Europa tickt in Sachen Fußball komplett anders als der Rest der Welt. Natürlich ist auch Geld ein maßgebliches Kriterium. Daneben geht es aber vor allem um Prestige, darum sich mit den Besten zu messen, die Teilnahme an der Champions League, die Tradition der Klubs sowie die jeweiligen Städte, in der die Klubs situiert sind. Und auch das Rundherum ist entscheidend: Die Stadien, die Fans und die teils hochmodernen Trainingszentren. Eingefleischte Fans, die mit ihren Klubs durch dick und dünn gehen, hunderte oder tausende Kilometer mit dem Team zu einem Auswärtsspiel reisen, sind das Fundament jedes Traditionsklubs. Stadien, in denen der Lärmpegel so hoch ist, dass man sein eigenes Wort nicht versteht. Camp Nou, Wembley, Signal Iduna Park, Santiago Bernabeu, Guiseppe Meazza, Stadien in den mehr als 80.000 Zuseher ihr Team anfeuern, wahre Fußballtempel. Nur zum Vergleich: In der Saudi Pro League spielen Top-Klubs vor durchschnittlich 16.000 Zusehern.

Es geht also um Emotionen, um alteingesessene Rivalitäten, um Fans – mit anderen Worten es ist die Tradition, die den Fußball ausmacht und die kann man mit Geld nicht kaufen. Und auch wenn europäische Klubs wie Paris Saint Germain und Manchester City von Investoren übernommen werden – diese Klubs hatten vor ihrer Übernahme bereits Tradition und diese nicht durch die Übernahme erlangt. Wenn man nun glaubt, durch den Einkauf von Stars die europäische Fußballtradition in die Saudi Pro League zu importieren, so unterliegt man einem Irrglauben.

Zudem reicht es nicht aus vereinzelt Superstars zu transferieren, es bedarf mehrerer Mannschaften auf erstklassigem Niveau und vor allem auch hervorragende Trainer und großartige Stadien. In Europa treffen in der Champions League die Besten der Besten aufeinander und die nationalen Ligen sind auf einem Topniveau.

Fazit

In der Saudi Pro League gibt man derzeit enorme Summen für alternde Stars aus, um einen Hauch von europäischer Fußballtradition zu importieren. Es wird jedoch noch viel mehr Geld brauchen, um junge talentierte Spieler in die Saudi Pro League zu locken, Stadien auszubauen, gute Trainer zu holen und vor allem muss es gelingen Fußballbegeisterung auf den Rängen der Stadien zu schaffen. Davon ist man in der Saudi Pro League noch meilenweit entfernt.

Was aber passiert, ist, dass die Gehälter Höhen erreichen, die nicht mehr zu argumentieren sind. Kolportierte 200 Millionen US-Dollar für Ronaldo, 55 Millionen US-Dollar für Karin Benzema – Gehälter, den Fußball langfristig zerstören können und eine Finanzplanung, die nicht nachhaltig ist. Zahlreiche weitere Spieler werden jedoch dennoch dem Ruf des Geldes folgen und ihre Karriere auf der Arabischen Halbinsel ausklingen lassen. Nachhaltig kann die Art und Weise, wie die Saudi Pro League derzeit geführt wird aber nicht sein.

Unabhängig davon steht jedoch eines fest: Tradition, volle Stadion und eingefleischte Fans sind das, was den Fußball ausmacht. Und genau das kann man nicht mit aller Macht und unendlich scheinenden finanziellen Ressourcen aus dem Boden stampfen. Die Saudi Pro League wird also ein ähnliches Schicksal erreichen, wie die Chinese Super League.

Für die europäischen Mannschaften hat die Saudi Pro League jedoch einen Vorteil: Ungeliebte Stars kann man nun sogar noch für eine hohe Ablösesumme in die Wüste schicken.

Patrick Stummer, abseits.at

Patrick Stummer

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