Asylwerber und Fußball – Zeit die Hintergründe zu verstehen!
Gesellschaft & Ethik 7.Juni.2012 Georg Sander 0
Der Verein Ute Bock kümmert sich seit 2002 um Beratung und Betreuung in Wien lebender AsylwerberInnen und Flüchtlinge, die auf Hilfe angewiesen sind. Finanziert wird der Verein durch Spenden und Sponsoren. Ein Fundraising-Event ist der Ute-Bock-Cup, ein Fußballturnier. Dieser fand am Sonntag zum vierten Mal am Sportclub-Platz in Dornbach/Hernals statt.
Die UNO definiert Flüchtlinge als jene Menschen, die „aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befinden, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen können.“ Die rechtliche Lage ist oftmals unsicher, im Endeffekt kann der Staat Österreich MigrantInnen auch nach langer Zeit abschieben – auch wenn, anders als im prominenten Fall Zogaj – alle rechtlichen Bestimmungen eingehalten werden, sie sich nichts zu Schulde kommen haben lassen.
Ein Grundproblem der Asylpolitik ist, dass immer mehr Asylwerbende aus der Grundversorgung, die in Wien beispielsweise durch den Fond Soziales Wien geregelt wird, ausgeschlossen werden. Diese Menschen erhalten im Monat nicht einmal 200 Euro und haben keinen Zugang zum Arbeitsmarkt. Viele von ihnen werden als Minderjährige von ihren Familien aus Kriegsschauplätzen wie Afghanistan oder Somalia nach Europa geschickt, um wenigstens einem Sprössling ein akzeptables Leben zu bieten. In den Wohnprojekten von Ute Bock, die über ganz Wien verstreut sind, müssen 60 Prozent der 2011 450 BewohnerInnen (davon 150 Kinder) ohne Einkommen das Auslangen finden. Arbeiten gehen dürfen sie nicht, Asyl wird kaum gewährt, ohne dem Aufenthaltstitel „Subsidiär Schutzberechtigt“ darf das auch keiner.
Kicken verbindet
In den österreichischen Fußballprofiligen schnürten 2011/12 insgesamt 114 Spieler ihre Schuhe, die keinen österreichischen Pass besitzen. Als unsicher stuft das Außenministerium das Heimatland von Issiaka Ouédraogo (Burkina Faso/FC Admira) ein. Zumindest teilweise abgeraten wird von Reisen in die Herkunftsländer von Giorgi Popkhadze (Georgien/Sturm Graz), Ibrahim Sekagya (Uganda/RB Salzburg) und Haruna Babangida (Nigeria/KSV). Für Menschen aus der Heimat von Ilco Naumoski (Mazedonien/SV Mattersburg), Samir Muratovic (Bosnien/Sturm Graz) oder Milan Dudic (Serbien/Sturm Graz) gab es bis 2009 noch die Chance, aufgrund der Flüchtlingskonventionen Asyl in Österreich zu erlangen.
Diese Spieler und viele andere, schafften es aus Krisenregionen ins sichere Europa, viele, unzählige andere Menschen hatten dieses Glück nicht. Ihr weiter Weg aus der zerrütteten Heimat endet in den „Auffanglagern“ Traiskirchen und Thalham, von wo aus die Asylwerbenden auf Österreich verteilt werden. Viele sind traumatisiert und vor allem unbegleitete minderjährige Flüchtlinge wissen nicht, wohin mit den Erfahrungen, die schon für erwachsene Menschen schwer zu ertragen sind. Der Sport hilft dabei.
Ein Beispiel
Ein fiktiver, aber sehr wahrscheinlicher Weg eines jungen Flüchtlings ist, dass staatliche oder außerstaatliche Gruppen die männlichen Familienmitglieder töten. Die Familie des Jugendlichen nimmt ihr letztes Geld in die Hand, um die Kinder in die Türkei zu bringen, von wo aus sie nach Griechenland und somit in die EU einreisen können. Von dort geht es weiter. Oftmals haben die Kinder da schon erlebt, wie ihr Vater ermordet wurde, wurden unter unmenschlichen Umständen bis nach Europa gebracht. Ohne ein Wort Deutsch zu können und oft ohne jemals eine Schule besucht zu haben, landen die Flüchtlinge in den Auffanglagern.
Dr. Di-Tutu Bukasa, Herausgeber der Zeitschrift „The Global Player“ und Präsident des Fußballteams FC Sans Papiers, das Jugendlichen die Chance bietet, ihren Druck sportlich abzubauen meint, dass „die Jungen kämpfen, um bestehen zu können. Die haben keine Arbeit, tun aber sicherlich niemandem weh und es wird versucht, die Burschen zu kriminalisieren. Unsere Entscheidungsträger versuchen sie zu illegalisieren.“
Wichtiges Engagement
„Meine Aufgabe ist es, jungen Menschen zu einer Ausbildung oder einer Arbeit zu verhelfen“, ist ein Statement von Ute Bock, welches der offiziellen Homepage des Vereins zu entnehmen ist. Die Staaten der sogenannten „Ersten Welt“ sollten die Verantwortung annehmen, die auf sie zukommt, denn es sei „besser, sie haben hier etwas gelernt, sind hier gut behandelt worden und können das hier Erfahrene in ihre Heimatländer mitnehmen, als sie sind Unzufriedene, die das Gefühl haben, zu kurz gekommen zu sein, sind Alkoholiker, Drogenabhängige und Kriminelle.“
Aus Ute Bock spricht nicht ein Mensch, der die Wahrheit verklärt, sondern einer, der realistisch denkt. „Früher hab‘ ich den Leuten Fahrscheine gekauft, heute überleg‘ ich mir, ob ich mir zu Mittag eine Wurstsemmel leisten soll oder nicht.“
Der Reinerlös des Ute-Bock-Cups, an dem sowohl Fanklubs wie die Arge ToR (FC Blau-Weiß Linz) oder die Döblinger Kojoten (First Vienna FC), als auch NGOs wie „Rettet das Kind“ oder die „Deserteurs- und Flüchtlingsberatung“ teilnehmen, kommt eben dem Verein zu Gute. Dafür ist Fußball genau das Richtige, findet auch Dr. Bukasa: „Fußball ist eine Möglichkeit, die eigene Identität zu stärken. Das ist ein kleiner Moment der Freiheit.“
Spendenkonto:
Bezeichnung: Freund/innen der Friedhofstribüne
Konto: 40176440002
BLZ: 43000
IBAN: AT744300040176440002
BIC/SWIFT-Code: VBWIATW1
Betreff „Ute Bock Cup Spende“
Georg Sander, abseits.at
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