Zu beneiden ist Christoph Freund in seiner ersten Saison beim FC Bayern nicht. Ein frühes Aus im Pokal, in der Liga liegt man bereits... Wieviel Freund steckt im FC Bayern?

Zu beneiden ist Christoph Freund in seiner ersten Saison beim FC Bayern nicht. Ein frühes Aus im Pokal, in der Liga liegt man bereits acht Punkte hinter Leader Leverkusen, das Hinspiel im Achtelfinale der Champions League verlor man bei Lazio Rom 0:1, die Mannschaft wirkt unzufrieden, der Trainer ist angezählt und wird mit Saisonende abgelöst, die Transferpolitik wirft Fragen auf und seit Monaten geistert der Name Max Eberl als neuer Sportvorstand herum. Das wirft die Frage auf: Wieviel Christoph Freund steckt im FC Bayern oder besser gesagt darf im FC Bayern stecken?

Transfercoup des Sommers

Dass die Bayern Christoph Freund nach dessen zehn Meisterschaften mit Red Bull Salzburg verpflichteten, war sicherlich – außerhalb des Rasens – der Transfercoup des Sommers.

Für die Bayern schien der Amtsantritt von Freund im September ein Segen, bringt er doch vor allem immense Erfahrung in puncto junge Talente mit. Und Stichwort junge Talente: genau diese Infusion brauchen die Bayern, denn der Großteil der Stammspieler der Münchner ist um die 30 oder sogar älter. Freund sollte die Transferpolitik, die in den letzten Jahren sicherlich keine gute war, auf Vordermann bringen. Die Bayern haben viel Geld in Spieler investiert, die sich dann nicht zu den erhofften Leistungsträgern entwickelten.

So kamen vor der Ära Freund etwa Matthijs de Ligt für 67 Millionen Euro, Sadio Mané für 32 Millionen Euro, Ryan Gravenberch für 18 Millionen Euro, Lucas Hernandez für 80 Millionen Euro, Benjamin Pavard für 35 Millionen Euro – sie alle haben gemein, dass ihnen der Durchbruch beim deutschen Rekordmeister verwehrt blieb.

Bayerns große Transfers der letzten Jahre, sie alle haben nicht gesessen, was die Verpflichtung von Christoph Freund zur Folge hatte.

Bayern anders als Salzburg

Freund denkt Transfers anders. Keine Superstars, sondern viele junge Spieler, die sich entwickeln können. Keine fertigen Spieler, sondern Rohdiamanten, die noch Feinschliff brauchen.

Doch Bayern ist nicht nur eine andere Nummer als Salzburg, sondern vor allem auch kein Ausbildungsverein, wie Salzburg einst von Adi Hütter bezeichnet wurde. Die deutsche Liga ist eine der besten Europas, der Meistertitel sowie das Viertelfinale in der Champions League in München Pflicht. Und hier liegt der große Unterschied: Talente haben in München keine Zeit sich einzuleben und zu entwickeln. Spieler, die geholt werden, müssen funktionieren und sofort Leistung bringen.

Apropos Talente…

Die Transfers der Bayern in den letzten beiden Transferfenstern spiegeln die Denkweise von Christoph Freund in keiner Weise wider, sie zeigen vor allem eines: Von jungen Talenten fehlt fast jede Spur.

Mit Harry Kane (30), Eric Dier (30), Raphael Guerrero (30), Min-jae Kim (27) und Konrad Laimer (26) hat man erfahreneren Spielern den Vorzug gegeben. Daniel Peretz (23) ist lediglich Backup von Manuel Neuer, für Sacha Boey hat man mit 30 Millionen Euro zu tief in die Tasche gegriffen und bei Bryan Zaragoza (22) ist fraglich, ob er je das Prädikat Stammspieler erreichen wird.

Auf Talente hat man in München also nicht gesetzt, die Frage ist nun: Warum? Braucht Christoph Freund mehr Zeit oder darf er nicht den Weg gehen, den er gehen will? Dass Freund keine guten jungen Spieler auf seiner Liste hat, darf bezweifelt werden, denn aus seiner Zeit in Salzburg kennt er sicher noch den ein oder anderen Scoutingreport von jungen Talenten.

Nicht die letzte Entscheidung bei Transfers?

Dass Christoph Freund in München nicht derjenige zu sein scheint, der die finale Entscheidung in Sachen Transfers hat, gilt wohl als gewiss. Die mächtigen Bayern-Granden Uli Hoeneß und Karl Heinz Rummenigge scheinen noch immer ein gewichtiges Wort bei Transfers mitzureden, was die Freiheit von Christoph Freund einschränkt.

Warum hat man Christoph Freund geholt?

Eine brennende Frage, die auf zwei Arten beantwortet werden kann.

Entweder ist Freund ein Langzeitprojekt, dem man zu Beginn Zeit gibt, um in Ruhe die ersten Transfers zu planen. In diesem Fall wäre dann das Transferfenster im Sommer 2024 ausschlaggebend, um die Position von Christoph Freund beurteilen zu können.

Oder: Nach Hasan Salihamidzic wollten die Bayern einfach einen Sportdirektor, der Ruhe ins Team bringt und ein Teamplayer ist. Auf diesem Wege wäre auch sichergestellt, dass der Einfluss von Hoeneß und Rummenigge nicht zu sehr zurückgedrängt wird. Denn dass nach der Ära Kahn/Salihamidzic die beiden Bayern-Granden

Die Causa Eberl

Max Eberl wird seit seinem Abgang bei Red Bull Leipzig immer wieder bei den Bayern gehandelt. Er soll Christoph Freund aber nicht als Sportdirektor ersetzen, sondern Sportvorstand werden.

Im Vorstand sitzen mit Jan-Christian Dreesen, Michael Diederich und Andreas Jung Wirtschaftsexperten aber kein klassischer Fußball- oder Transferexperte. Diese Lücke soll Eberl schließen.

Was das für Christoph Freund heißt, kann derzeit nicht abgeschätzt werden. Dass sich Max Eberl nicht ins operative Geschäft einbringt, kann aber bezweifelt werden, wodurch der Österreicher jedenfalls einen neuen Vorgesetzten haben wird, mit dem die Transfers koordinieren wird müssen.

Fazit

Christoph Freund ist beim FC Bayern noch nicht wirklich angekommen und eine mögliche Verpflichtung von Max Eberl wird die Position des Österreichers nicht stärken. Es bleibt daher abzuwarten, wie sehr Christoph Freund dem Rekordmeister seinen Stempel aufdrücken darf.

Patrick Stummer, abseits.at

Patrick Stummer