Das 1:1 im Heimspiel gegen Austria Klagenfurt war in Verbindung mit dem überraschenden 3:1-Sieg des LASK über Red Bull Salzburg ein herber Rückschlag für Rapid vor dem bevorstehenden, schweren „Sturm-Doppel“. Das Remis zeigte aber auch Rapids Grenzen auf, wenn es ans Thema Kaderdichte geht.
Rapid bewies in den letzten Monaten unter Neo-Coach Robert Klauß mehrfach, dass man klare Matchpläne verfolgt und auch einige der Unzulänglichkeiten der Vergangenheit abstellt bzw. im Begriff ist, diese abzustellen.
Enorm starke Anfangsviertelstunde
In der ersten Viertelstunde des Spiels gegen Klagenfurt wurde dies besonders deutlich. In diesem kurzen Zeitraum war sichtbar, wie gezielt Rapid gegen den als physisch bekannten Gegner ins Gegenpressing kam und nach Ballverlusten sofort Räume verdichtete. Das war auch deshalb möglich, weil Rapid konsequent bestimmte Räume bespielte und dafür sorgte, dass diese überladen werden konnten.
Speziell in der Anfangsphase des Spiels war der Linksdrall der Hütteldorfer auffällig. Die Klauß-Elf mied das Zentrum, weil Klagenfurt dieses enorm dicht machte und mit zusätzlichen Antizipativbewegungen in verschiedenen Mannschaftsteilen große Kompaktheit darstellte. Benatelli gab etwa den „Kettenhund“ für Matthias Seidl, aber auch die Herausrückbewegungen von Nicolas Wimmer und die Abkippbewegungen von Nicolas Binder machten das Zentrum extrem engmaschig.
Starke Überladungen am linken Flügel
Deshalb bespielte Rapid den linken Flügel und nutzte hierbei das mangelhafte, defensive Stellungsspiel von Sinan Karweina, der den Raum für Pässe entlang der Outlinie praktisch immer offen ließ und eine unzureichende Staffelung mit seinem Hintermann Kosmas Gkezos aufwies. Rapid stach nicht nur mit den beiden linken Außenbahnspielern Auer und Jansson in diesen Raum, sondern ließ auch immer wieder die kampfstarken Burgstaller und Grgic in diesen Raum pendeln, wodurch die Jagd nach Bällen in dieser Zone deutlich erleichtert bzw. intensiver wurde.
Aus einer dieser Überladungen fiel schließlich auch das 1:0 durch den erneut guten Isak Jansson, der nur wenige Minuten danach aus einer ähnlichen Überladungssituation das 2:0 auf dem Fuß hatte.
Sofortige Ballrückeroberungen
In der ersten Viertelstunde spielte Rapid so, wie es das Gros der Fans bereits seit langem regelmäßiger sehen wollte. Die Mannschaft erspielte und erkämpfte sich ihre Möglichkeiten gleichermaßen. Der PPDA-Wert nach 15 Minuten wies auf Seiten Rapids 4.6 auf. Die Klagenfurter konnten also keine fünf Pässe am Stück spielen, bevor Rapid wieder eine Balleroberung gelang. Dadurch baute Rapid in dieser Phase auch einen Ballbesitzanteil von 73% auf und nutzte diesen Ballbesitz auch nicht nur zur Kontrolle, sondern versuchte sehr geradlinig in Abschlusssituationen zu kommen.
In der Folge konnte sich Klagenfurt ein wenig stabilisieren, weil die Staffelung vor allem auf der linken Spielfeldseite etwas angepasst wurde und Rapid nicht mehr ganz so intensiv und hoch ins Gegenpressing kam. Dennoch lag eher das 2:0 in der Luft, als der Ausgleich.
Ausfälle vorerst gut kompensiert
Diese doch deutliche Überlegenheit Rapids in der ersten Hälfte der ersten Halbzeit war durchaus überraschend, zumal mit Querfeld eine absolute Stütze verletzungsbedingt ausfiel und der Führende der Torschützenliste, Marco Grüll, anfänglich ebenfalls nur auf der Bank saß. Rapid spielte aber auch deshalb stark, weil Isak Jansson Grüll gut vertrat und der Ausfall in der Innenverteidigung vorerst nicht besonders ins Gewicht fiel, weil Rapid seine Bälle ohnehin in hohen Feldpositionen eroberte und somit nicht so sehr auf den eigenen Spielaufbau angewiesen war.
Kongolo-Verletzung und Gegentreffer schreiben das Drehbuch um
Das änderte sich allerdings massiv durch den für Rapid unglücklichen Verlauf der zweiten Halbzeit: Noch vor dem Pausenpfiff musste Terence Kongolo verletzungsbedingt ausgewechselt werden und nachdem Rapid zu Beginn der zweiten Hälfte noch einmal am 2:0 anklopfte, fiel nach einem schlechten Klärungsversuch von Kongolo-Ersatz Sollbauer wie aus dem Nichts das 1:1.
Ab hier wurde es problematisch, weil sich Klagenfurt nun noch enger aufstellte, das mentale Momentum auf der eigenen Seite hatte und nur noch auf lange Bälle verlagerte, um vielleicht doch noch „die eine Konterchance“ vorzufinden. Rapid gewann weiterhin zahlreiche Bälle, aber nicht mehr durch proaktives Verhalten in hohen Zonen wie in der Anfangsphase, sondern weil Klagenfurt kein Interesse mehr an Ballbesitz oder Kontrolle zeigte.
Aufbausituation und reaktiver Gegner wurden zum Problem
Rapid bewies unter Robert Klauß bereits mehrfach, dass man nach Rückschlägen mental gefestigter ist als früher und Comebacker-Qualitäten auf den Platz bringen kann – so auch im vorangegangenen Spiel bei Red Bull Salzburg. Wenn aber veränderte Spielsituationen nicht im Einklang mit der sich ebenfalls veränderten Personalsituation stehen, wird es für Rapid weiterhin schwierig.
Konkret lag dies daran, dass die Innenverteidigung nicht mehr Querfeld-Kongolo, sondern Hofmann-Sollbauer hieß. Mit Kasanwirjo fehlte ein möglicher Antreiber auf der Rechtsverteidigerposition, wodurch das Außenverteidigergespann aus Auer und Oswald bestand. Beide Spieler haben ihre Qualitäten, sind aber auch dafür bekannt, von den Gegnern gerne als Pressingopfer ausgemacht zu werden. Diese Konstellation, gepaart mit dem immer größer werdenden, reaktionären Ansatz des Gegners, verkomplizierte den Spielaufbau enorm und sorgte dafür, dass Rapid keine Dynamik und keinen Spielfluss mehr fand bzw. Klagenfurt das Spiel einschläfern konnte.
Pacult tat Rapid nach dem 1:1 keinen Gefallen
Einzelne Ausfälle oder individuell schwache Leistungen kann Rapid kompensieren – größere Veränderungen in ganzen Mannschaftsteilen aber nicht. Und genau das war beim 1:1 gegen Klagenfurt der Fall.
Möglicherweise wäre Rapid trotz der personellen Schieflage wieder ins Spiel zurückgekommen, wenn Klagenfurt sich mutiger verhalten und „mitgespielt“ hätte. Diesen Gefallen wollte Peter Pacult seinem Ex-Klub aber nicht tun und beschränkte sich auf defensive Stabilität und die punktuelle Suche nach einem Nadelstich.
Rapid verkrampfte zusehends, bespielte die Breite des Platzes nicht mehr gut und auch zündende Einzelaktionen blieben im engmaschigen Verteidigungsnetz der Gäste aus.
Katzer steht vor schwerer Aufgabe „in der Breite“
Umso wichtiger war die Nachricht am nächsten Tag, dass Terence Kongolos Verletzung nicht schwerwiegend ist und auch Leopold Querfeld Chancen hat, bis zum Cupfinale fit zu werden. Würde dieses Gespann ausfallen, wären die Hütteldorfer um einiges leichter zu bespielen. Klar ist aber auch, dass eine knifflige Aufgabe auf Markus Katzer zukommt – denn einmal mehr wurde deutlich, dass der zweite Anzug der Wiener im Vergleich zur Bestbesetzung deutlich abfällt. Welche konkreten Veränderungen in der ersten Sommertransferzeit des Gespanns Katzer-Klauß vollzogen werden sollen, wird – nicht nur wegen dem fixen Grüll- und einem drohenden Querfeld-Abgang – eine der spannendsten Fragen des österreichischen Transfersommers…
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Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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