Trainerentlassungen gehören zum Alltag des Fußballs. So trennen sich jeden Monat zahlreiche Vereine von ganzen Trainerteams oder auch nur vom Cheftrainer. Wie man es... Teamarzt übernahm: Viertligist entlässt Trainer zur Halbzeit und gewinnt

Trainerentlassungen gehören zum Alltag des Fußballs. So trennen sich jeden Monat zahlreiche Vereine von ganzen Trainerteams oder auch nur vom Cheftrainer. Wie man es kennt, hat der Verein anschließend bereits eine Vereinbarung mit einem neuen Übungsleiter oder ein Interimstrainer hilft aus, bis sich eine längerfristige Lösung finden lässt. Der brasilianische Viertligist Brasiliense schrieb nun aber seine ganz eigene Geschichte.

Der Verein

Brasiliense, oder in Langform Brasiliense Futebol Clube de Taguatinga, ist ein Fußballklub aus dem brasilianischen Hauptstadtdistrikt Distrito Federal. Man wurde wenige Jahre nach der Gründung Dritt- und Zweitligameister, wodurch man 2005 sogar auf der höchsten Ebene des brasilianischen Fußballs vertreten war. Dieses Spieljahr war jedoch das einzige in der höchsten Leistungsklasse, anschließend verschwand man national wieder in der Versenkung. Heutzutage spielt der zweiterfolgreichste Klub des Distrito Federal in der Série D, in der sich auch die kuriose Geschichte zutrug.

Das Spiel

Wir schreiben den dritten Spieltag in der Gruppe A5 der diesjährigen Série D. Nach einem Sieg und einer Niederlage traf Brasiliense am dritten Spieltag auf Real Brasília, die nach ihren ersten beiden Spielen noch ohne Punkt dastanden. Die erste Halbzeit im Estádio Defelê verlief ereignisarm und bis auf eine gelbe Karte für Real Brasílias Mittelfeldspieler Marcos Brazion sowie ungefährlichen Schüssen gab es nichts Spannendes zu sehen.

Der Brasiliense-Präsident Luiz Estevão war so gar nicht zufrieden mit der Leistung seiner Mannschaft und schloss sich den Spielern beim Gang in die Kabine an. Im Umkleidebereich angekommen ging Estevão sowohl die Spieler als auch den Trainerstab verbal wohl derart hart an, dass der Übungsleiter Paulo Roberto Santos und seine Kollegen um die sofortige Entlassung baten. Zur Überraschung aller stimmte Präsident Estevão zu und entließ den gesamten Trainerstab in der Halbzeit. Keiner wusste, wie es nun weiter gehen sollte.

Zur zweiten Halbzeit trat eine Mannschaft ohne Trainer an. Der Ex-Flamengo-Spieler und jetzige Assistenzcoach Reinaldo Güeldini beanspruchte nun die Verantwortung für die Mannschaft, war aber nicht für die Seitenlinie zugelassen, wodurch auch er die Spieler nicht betreuen durfte und auf die Tribüne geschickt wurde. Wer sollte nun das Team leiten? Musste das Spiel abgebrochen werden oder fand sich doch noch eine Lösung?

Die Antwort kam im Namen von Jorge Oliva, dem Mannschaftsarzt. Als einer von zwei verbleibenden Verantwortlichen an der Seitenlinie, der andere war der Masseur Jean Ivo, war es nun seine Aufgabe, irgendwie die Partie zu gewinnen. Das Duo konnte dabei auch auf die Unterstützung der erfahreneren Ersatzspieler zählen.

Mit vereinten Kräften schien es zu funktionieren. Direkt nach dem Wiederanpfiff wechselte Brasiliense zweimal und die Einwechslung von Angreifer Kaio Nunes sollte sich als goldrichtig erweisen. Nunes vollendete bei seinem Debüt gegen seine ehemaligen Mitspieler innerhalb der 82. und 83. Minute den spielentscheidenden Doppelpack und brachte Brasiliense trotz des Anschlusstreffers der Gegner drei Minuten später den Sieg.

Der Teamarzt mit dem Goldhändchen

Das Kuriosum war perfekt. Eine Mannschaft gewann ohne ihren in der Halbzeitpause entlassenen Trainer. Der Mannschaftsarzt und 45-minütige Feuerwehrmann Jorge Oliva, zu dessen bisheriger Trainererfahrung lediglich Hobbyspiele gezählt werden können, erklärte nach dem Spiel, dass es „die ungewöhnlichste Erfahrung meiner Karriere“ war.

Während sich die Story in Brasilien und über die Landesgrenzen hinaus verbreitete, verkündete Brasiliense die Verpflichtung des neuen Cheftrainers Luíz Carlos Winck, der ab sofort den elffachen Distriktmeister des Distrito Federal betreut und bereits das erste Training mit der Mannschaft durchführte.

Brasiliense steht nach dem Sieg mit einzigartiger Hintergrundgeschichte nun mit sechs Punkten aus drei Partien auf dem ersten Platz der Gruppe 5 in der Série D. Real Brasília hat indes als Gruppenletzter punktelos die rote Laterne in der Hand.

Tim Bosnjak, abseits.at

Tim Bosnjak

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