Lovro Zvonarek gilt beim FC Bayern als Jahrhunderttalent. Jetzt spielt er für ein Jahr beim SK Sturm. Warum er Vergleiche mit Luka Modric nicht... abseits.at-Talk mit Sturms Lovro Zvonarek: „Bin kein Mini-Modric“

Lovro Zvonarek gilt beim FC Bayern als Jahrhunderttalent. Jetzt spielt er für ein Jahr beim SK Sturm. Warum er Vergleiche mit Luka Modric nicht gern hört, wie er sich eingelebt hat und wieso er trotz lauter Fünfern Vorzugschüler war, verrät er abseits.at.

In der Steiermark gibt es ein Volkslied namens „Übern Laurenziberg“. Darin wird ein Berg im Norden des Bundeslandes besungen, benannt nach dem Heiligen Laurentius. Die kroatische Version von Laurentius ist Lovro. Womit die Parallele zu jenem Mann gelegt ist, der den gleichen Vornamen trägt wie die eingangs erwähnte steirische Erhebung und in eben jenem Bundesland jetzt für Furore sorgen will – Lovro Zvonarek.

Der 19-Jährige Kroate dockte vor zwei Wochen bei den Grazern an, er kommt vom FC Bayern, bei dem er einen Vertrag bis 2027 hat und als Jahrhunderttalent gilt. Vereine wie der FC Porto oder Ajax Amsterdam waren an ihm dran. Dass sich der SK Sturm Zvonareks Dienste per einjähriger Leihe gesichert hat, kann man also durchaus aus Coup von Sportchef Andreas Schicker bezeichnen.

Ausgebildet wurde Zvonarek bei NK Tehnika-Koprivnica, seine erste Profistation war Slaven Belupo. Dort gelang ihm auch der Durchbruch: in 22 Einsätzen für die Profis erzielte er vier Tore, weiters gelang ihm etwas, das vor ihm in Kroatien noch niemand geschafft hat: im Alter von nur 16 Jahren führte er sein Team als Kapitän aufs Feld. Zvonareks Talent blieb auch dem FC Bayern nicht verborgen und so schlugen die Münchner im Sommer 2022 zu. Der kroatische Nachwuchsnationalspieler wechselte an die Isar und dockte dort erst bei den Amateuren in der Regionalliga an. 14 Torbeteiligungen in 28 Spielen später, zog Ex-FCB-Trainer Thomas Tuchel den Youngster schließlich in die „Erste“ hoch, im aktuellen Frühjahr kam Zvonarek so zu seinen ersten Einsätzen neben Superstars wie Harry Kane, Thomas Müller oder Leroy Sane. Im Spiel gegen Wolfsburg schlug schließlich Zvoraneks große Stunde: Startelfdebut! Und dieses sollte märchenhaft werden. Nach nur vier Minuten sorgte er für die 1:0-Führung und legte den Grundstein für den 2:0-Heimsieg vor 74.000 Zuschauern. „Wer ist Bayerns neuer Super-Youngster?“ fragten sich Gazetten und Fans. Ja, wer ist dieser Lovro Zvonarek? abseits.at hat ihn im Trainingszentrum des SK Sturm getroffen.

In erster Linie ist Zvonarek vor allem eines: sympathisch. Der 19-Jährige steht mitten in der Vorbereitung des österreichischen Doublesiegers auf die neue Meisterschaft. In Graz hat er sich schnell eingelebt: „Die Leute im Verein und die Kollegen sind alle sehr nett, ich bin schnell ins Mannschaftsgefüge reingewachsen. Hier herrscht ein guter Mix aus arrivierten Spielern und uns Jungen. Die Stadt gefällt mir, ich war schon am Schloßberg. Überhaupt liegt Graz für mich sehr günstig – meine Heimatstadt liegt nur anderthalb Stunden entfernt, meine Familie kann mich oft besuchen kommen.“ Natürlich sei in Graz im Vergleich zur bayrischen Metropole alles ein wenig überschaubarer, aber für Zvonarek ist das nicht wichtig. „Was zählt ist das, was auf dem Platz passiert.“ Auf die Fragen von abseits.at antwortet Zvonarek in perfektem Deutsch. „Ich hatte es schon in der Schule. Ich habe die Tourismusschule abgeschlossen und es in dieser Zeit gelernt.“ Die Schule abgeschlossen hat er übrigens mit Vorzug. Obwohl er nur Fünfer schrieb! Des Rätsels Lösung: in Kroatien ist der Fünfer die beste Note.

Auf Sturm und Zvonarek warten in der kommenden Saison drei große Aufgaben: die Titel in Cup und Meisterschaft gilt es zu verteidigen, außerdem laufen die Schwarzweißen zum ersten Mal seit 23 Jahren wieder in der Champions League auf. Worauf freut sich Lovro am meisten? „Jeder Bewerb ist eine Herausforderung für sich. Und jeder ist spannend. Den Erfolg der Vorsaison wollen wir bestätigen und dass wir auch noch Champions League spielen ist natürlich ein besonderer Zusatz. Klar ist, dass wir überall hundert Prozent werden geben müssen.“ Zvonareks Rolle wird die des Fädenziehers im Mittelfeld sein, etwa neben „Spieler des Jahres“ Otar Kiteishvili. Deutsche Journalisten bezeichnen ihn als klassischen Zehner. Die Nummer trägt Zvonarek auch im kroatischen U21-Nationalteam. Nicht nur aufgrund derselben Rückennummer wird er in seiner Heimat als „Mini Modric“ bezeichnet. Ein Umstand, der dem Jungkicker gar nicht so recht ist. „Natürlich ist es eine Ehre mit dem besten kroatischen Spieler aller Zeiten verglichen zu werden. Aber ich bin kein Mini-Modric sondern Lovro Zvonarek. Ich will mir selbst einen Namen machen und mit niemandem verglichen werden.“

Klare Ansage. Klar ist auch, was der FC Bayern mit seinem Rohdiamanten vorhat: nach dem Leih-Jahr in Graz soll er den Durchbruch beim FCB schaffen und in die Fußstapfen eines Jamal Musiala treten. „Wir werden Lovros Entwicklung in Graz ganz genau beobachten„, sagte etwa Bayern-Sportdirektor Christoph Freund zu fcbayern.com. So weit denkt Zvonarek allerdings noch nicht. „Für mich zählt die Gegenwart. Ich will hier in Graz ein starkes Jahr spielen„, sagt er im Brustton der Überzeugung. Auf Förderer Thomas Tuchel wird Zvonarek bekanntlich dann nicht mehr setzen können, Vincent Kompany zieht ab jetzt die Fäden in Sachen Training und Match. Tuchel wird trotzdem eine wichtige Person auf Zvonareks Karriereweg bleiben, galt als Vertrauensmann Zvonareks und bezeichnete diesen „als fleißigen, feinen Kerl.“

Stimmungskanone wie seine Neo-Kollegen Jusuf Gazibegovic oder Mika Biereth ist Zvonarek allerdings keine: „Ich mag keine Partys. Ich gehe gerne spazieren oder lese, vor allem Biografien gefallen mir. Das heißt aber nicht, dass ich nicht auch gern mal Spaß habe„, lacht er. Keinen Spaß versteht man im Trainingsgelände des SK Sturm in einer anderen Sache: rote Kleidung ist verboten, trägt man diese doch beim Stadtrivalen. Und jetzt ist mit Zvonarek einer da, der ausgerechnet von den (Münchner) Roten kommt. Besteht da Gefahr, zu den falschen Klamotten zu greifen? Zvonarek ist schon voll integriert: „Nein, keine Sorge. Ich hab kein rotes Privatgewand. Aber die ‚Kein-Rot-Regel‘ hat man mir gleich zu Beginn hier beigebracht.“ Rot(-weiß) sehen werden Zvonarek und Co. am kommenden Wochenende, da steht der Test gegen Adi Hütters AS Monaco an. Dienstag bittet der FC Porto zum Probegalopp. So können sich die Grazer an das Niveau, das in der Champions League wartet, gewöhnen. Und nach dem Pflichtspielauftakt im Cup in Krems wartet zum Liga-Start der österreichische „Classico“ gegen Rapid in Hütteldorf. Lovro Zvonarek freut sich schon. In Graz will er die nächste Etappe auf dem, seinem Vornamen entsprechenden und in der Steiermark besungenem, Laurenzi-Berg erklimmen.

Philipp Braunegger für abseits.at

Philipp Braunegger