Die Nummer eins im Waldviertel – Der SV Horn im Preseason-Check
Sonstiges 6.Juli.2012 Georg Sander 1
Die größten Erfolge des Waldviertler Fußballs liegen schon ein bisschen zurück. 1988 gewann der damalige Zweitdivisionär Kremser SC den ÖFB-Pokal. 1991/92 war die letzte Bundesligasaison desselben und somit gibt es seit 20 Jahren keinen Erstligakick im Nordwesten Österreichs. Frisch in die zweite Spielklasse aufgestiegen will der SV Horn das beste Ergebnis eines Waldviertler Fußballvereins in der Liga erreichen – die Kremser wurden 57, 59 und 91 Neunter.
Ein Tiroler für den Norden
Michael Streiter ist ein Aufsteiger. Mit der SPG Wattens/Wacker schaffte er 2003 den Aufstieg in die zweite Liga, mit Altach 2006 jenen in die Bundesliga. 2007 übernahm er die Red Bull Juniors von Thorsten Fink und stieg im Winter 2008 zum Co-Trainer auf. Streiter hatte schon bewiesen, dass er erfolgreich arbeiten kann, erweiterte sein Repertoire als Assistenztrainer von Giovanni Trapattoni und Co Adriaanse noch. Nach ein paar Monaten bei seinem Heimatverein aus Volders übernahm er im Oktober 2010/11 den ambitionierten Ostligisten. Seine Bilanz kann sich sehen lassen: In 50 Spielen ließ er seine Mannschaft von der Leine, erreichte einen Punkteschnitt von 2,48 Zählern pro Partie. Im Schnitt erzielten die Horner 2,48 Tore pro Spiel und erhielten eines. Im Relegationsspiel gegen seinen ehemaligen Klub Wattens überzeugte seine Mannschaft, die sich physisch in einem Topzustand befand, mit einer Gesamtscore von 9:1 und einer eiskalter Chancenverwertung.
Ein guter Mix
Die berühmte Ausgewogenheit im Kader gibt es in Horn in alle Richtungen, jung und alt, Österreicher und Legionär. Die meisten Spieler der Saison 2011/12 wurden mit neuen Verträgen ausgestattet. Thomas Friess (27), der torgefährliche Aleksandar Djordjevic (30) oder der Slowake Peter Sedivy (30) sollen der Mannschaft Stabilität aus der Defensive heraus geben. Weiter vorne tun dies der bosnisch-österreichische Mittelfeldspieler Salmin Cehajic (28) in der Defensive und Miroslav Milosevic (26) in der Offensive. Im Sturm kommen Toptorschütze Philipp Zulechner (22) und Michael Wojtanowicz (26) zum Zug. Um dieses Grundgerüst herum agieren entweder junge Spieler, wie David Jelenko (20), der rechts außen spielt, oder Patrick Haas (19) zentral. Die jungen Spieler werden hauptsächlich in der Regionalliga Ost gefunden. Mit Rechtsverteidiger Marco Salvatore (26) und Marcel Toth (23) von der Vienna wurden auch noch Spieler geholt, die sich in der zweiten Liga auskennen und denen auch Niederlagenserien nicht fremd sind. Renato Dias Dos Santos, 25-jähriger Brasilianer, soll den Samba ins Waldviertel bringen. Der Stürmer spielte zuletzt in der Serie C, der dritthöchsten Spielklasse Brasiliens bei União Agrícola Barbarense. Mit Santos André kickte er auch schon in der höchsten Liga des Zuckerhutes – aber nur 12 Minuten.
Wunschaufstellung
Nordtaktik
Die Dominanz in der Regionalliga – 18 Siege, 10 Unentschieden, zwei Niederlagen, Torverhältnis 70:23 – fußt auf zwei Eckpfeilern. Zum einen auf einem äußerst stabilen und erfahrenen Gerüst und zum anderen auf der offensiven Taktik. Zumeist mit nur einem Sechser vor der Abwehr angetreten, versuchte der SV Horn schnell nach vorne zu kommen. Zwei Spitzen werden von einem Spielmacher unterstützt, Überzahlsituationen entstanden durch die Grundausrichtung mit fünf Offensivspielern und einer modernen Interpretation der defensiven Außenbahnen. Das 4-4-2 mit Raute erinnert nicht nur in Ansätzen an die besseren Zeiten dieses System beim SV Werder Bremen. Eine weitere Möglichkeit der Ausrichtung ergibt sich durch ein Zurückziehen des Zehners auf die Position des Achters, etwas, was vor allem Marcel Toth beherrscht. Allerdings, das zeigte die abgelaufene Spielzeit, ist ein mutiges Auftreten eher der Garant in der Ersten Liga, mit dem Abstieg nichts zu tun zu haben.
Was ist zu erwarten?
Mit einem Quasi-Profikader eine Amateurliga zu gewinnen mag nun nicht das große Kunststück sein, Michael Streiter bewies mit seinem dritten Aufstieg aber, dass dies kein Zufall ist. Wenn die Horner das Spiel nach vorne in der zweiten Leistungsklasse beibehalten, ist einiges drinnen. Aufgrund langfristiger Planung wäre zwar auch ein Abstieg nicht der große Weltuntergang, aber für einen Verbleib spricht neben den sportlichen Voraussetzungen auch ein weiterer Faktor: Man ist im nördlichen Niederösterreich Branchenführer. Eine ähnliche Konstellation spülte jüngst den WAC in der zweiten Saison in die Bundesliga. Auch wenn der Verein nicht über die große Tradition verfügt, so können aufgrund der Abwesenheit einer direkten, lokalen Konkurrenz können die Zuseher gebunden werden. Die Verantwortlichen werden sich allerdings auch bewusst sein, dass dies nicht mit Mauern funktioniert, sondern mit begeisterndem Fußball. Ein Platz im gesicherten Mittelfeld ist, wenn im Sommer mit gutem Fußball und Euphorie gestartet wird, mehr als drinnen.
Georg Sander, abseits.at
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Georg Sander
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