In dieser Serie sollen die legendären EM-Momente ausgewählter Teilnehmermannschaften betrachtet werden. Wer waren die großen Spieler? Was waren die entscheidenden Momente? Was die großen... Urlaubsstimmung, Fast Food und Verletzungen – wie „Danish Dynamite“ 1992 den EM-Titel holte!

In dieser Serie sollen die legendären EM-Momente ausgewählter Teilnehmermannschaften betrachtet werden. Wer waren die großen Spieler? Was waren die entscheidenden Momente? Was die großen Rückschläge? Dieses mal der Überraschungs-Europameister von 1992 Dänemark.

Eigentlich hatten die dänischen Nationalspieler schon so gut wie alle ihren Urlaub gebucht und Trainer Richard Möller-Nielsen wollte eigentlich endlich seine neue Küche einbauen. Nach dem Scheitern in der Qualifikation hatten sich die Dänen also schon auf einen geruhsamen Sommer gefreut. Doch daraus wurde nichts. Kurz vor dem Turnier traf die UEFA die Entscheidung die Mannschaft aus Jugoslawien aufgrund des dort tobenden Kriegs von der Europameisterschaft 1992 in Schweden auszuschließen. Da das dänische Team in seiner Qualifikationsgruppe den zweiten Platz hinter Jugoslawien einnahm, durften sie mit nach Schweden fahren.

Die Voraussetzungen waren jedoch alles andere als optimal. Erst am 30. Mai während der Trainingsvorbereitung auf das Freundschaftsspiel gegen die GUS, also noch nicht mal zwei Wochen vor Turnierstart, erfuhren die Dänen von ihrem „Glück“. Torwart Peter Schmeichel erinnert sich: „Mental waren wir bereits im Urlaub. Das Freundschaftsspiel bedeutete nur unserem Trainer etwas. Er stand unter Druck und nahm die Partie sehr ernst. In dieser seltsamen Situation erfuhren wir dann, dass wir bei einer Europameisterschaft antreten. Als uns die Nachricht erreichte, hat jedenfalls keiner lautstark gejubelt.“. Nicht unbedingt zum Jubeln war auch die Tatsache, dass Superstar Michael Laudrup aufgrund einer Auseinandersetzung mit Trainer Möller-Nielsen auf die Teilnahme verzichtete. Schlechter konnten die Bedingungen vor dem Start eines großen Turniers nicht sein.

Schwere Gruppe für „Danish Dynamite“

Auch die Namen der Gruppengegner machten nicht gerade Mut für einen positiven Verlauf des Turniers, warteten doch mit Frankreich, England und Gastgeber Schweden schier unlösbare Aufgaben. Dank eines couragierten Auftritts im ersten Spiel gegen England tankte die Mannschaft aber Selbstvertrauen. Das Spiel endete 0:0 und Schmeichel bezeichnete es als „wichtigstes Ergebnis im Turnier“, denn „man stelle sich vor, wir wären mit 0:5 vom Platz gegangen. Das war durchaus möglich. Wir wären die Lachnummer des Turniers gewesen, und alle hätten gesagt: ‚Das war doch klar, die nehmen das nicht ernst.‘ Aber nach dem Spiel waren wir sogar enttäuscht, dass wir nicht gewonnen hatten. Für mich war das ein positives Signal.“.

Im zweiten Spiel gab es jedoch den ersten Dämpfer. Gegen ein starkes schwedisches Team verloren die Dänen aufgrund eines Tors von Tomas Brolin mit 0:1. Im letzten Gruppenspiel musste somit Frankreich um Superstar Eric Cantona bezwungen werden, während England nicht gegen Schweden gewinnen durfte. Dänemark startete furios mit dem 1:0 in der 7. Minute durch Henrik Larsen. Auch danach war man die bessere Mannschaft, jedoch konnten die Franzosen dank Jean-Pierre Papin in der 61. Minute ausgleichen. Doch „Danish Dynamite“ gab sich nicht auf. Die Belohnung folgte durch den für Brian Laudrup eingewechselten Lars Elstrup in der 78. Minute. Dänemark gewann 2:1, während England mit demselben Ergebnis verlor. Vollkommen überraschend stand man nun tatsächlich im Halbfinale.

Heut‘ gibt’s Big Mac!

Bevor dieses jedoch ausgetragen wurde, begab sich etwas, was endgültig zur Legendenbildung um diese dänische Mannschaft führte. Schmeichel dazu: „Vor dem Abschlusstraining für das Halbfinale gegen Holland fuhren wir in Göteborg mit dem Bus an einer McDonalds-Filiale vorbei. Da haben wir ein bisschen gewitzelt: ‚Trainer, wir würden so gern ein paar Burger essen.‘ Der Coach hat nichts gesagt, aber nach dem Training hielt der Bus tatsächlich vor der Filiale. Alles war extra für uns abgesperrt. Es war eine Überraschung des Trainers für die Mannschaft, mit der niemand gerechnet hatte.“.

Dank dieser Episode wurde aus den Dänen im Laufe der Jahre die burgeressende Spaßtruppe, die nebenbei den EM-Titel gewann. Diesen Mythos möchte Schmeichel so aber nicht am Leben lassen: „Niemand hat sich einen Spaß aus dem Turnier gemacht. Unsere Teilnahme hatte tragische Umstände. Wir durften antreten, weil in Jugoslawien vielen unschuldigen Menschen unglaubliches Unrecht widerfahren ist. Wir waren uns dieser Verantwortung jederzeit bewusst. Es klingt immer so, als seien wir eine Freizeitmannschaft gewesen. Das ist unfair, auch unserem Trainer gegenüber. Wir haben uns genauso professionell vorbereitet wie jedes andere Team auch.“.

Sensation gegen Holland

Denn von ungefähr erreicht man ein EM-Halbfinale nicht – und dort warteten nun die Holländer. Natürlich war die holländische Mannschaft um Ruud Gullit und Marco van Basten klarer Favorit. Wie aber schon im letzten Gruppenspiel gegen Frankreich legten die Dänen gleich los wie die Feuerwehr. Schon in der 5. Minute sorgte Henrik Larsen für das frühe 1:0. Die Holländer ließen sich aber nicht beeindrucken und kamen durch Dennis Bergkamp in der 23. Minute zum Ausgleich. Wer jetzt glaubte, die Luft bei den Außenseitern sei nun raus, hatte sich aber getäuscht, denn nur zehn Minuten später war wiederrum Henrik Larsen zur Stelle. Die zweite Halbzeit dominierte dann aber das Team aus den Niederlanden, doch der damals wohl beste Torhüter der Welt Peter Schmeichel verhinderte mehrfach den Ausgleich.

Kurz vor Schluss der Partie war aber auch der Keeper von Manchester United machtlos. In der 86. Minute sorgte Frank Rijkaard für den verdienten Ausgleich. Die Verlängerung brachte keine Veränderung, sodass das Elfmeterschießen die Entscheidung bringen musste. Nachdem Ronald Koeman und Henrik Larsen ihre Elfmeter verwandeln konnten, vergab Superstar Marco van Basten. Bis zum letzten Elfer der Dänen konnten alle Schützen verwandeln. Es lag nun also an Kim Christofte seine Mannschaft ins Finale zu schießen. Trotz des maximalen Drucks verwandelte er – Dänemark stand sensationeller Weise im Finale!

Mit kaputter Abwehr gegen Deutschland

Die Vorrausetzungen vor dem Finale gegen Weltmeister Deutschland konnten wiedermal schlechter nicht sein. Die komplette Verteidigung drohte auszufallen. Schmeichel schildert die damalige Situation folgendermaßen: „Ich war im Grunde der letzte Verteidiger, den die Mannschaft noch hatte. John Silverbaek hatte eine angerissene Achillessehne, eine Verletzung, mit der man normalerweise Monate pausieren muss. Henrik Andersen hatte sich gegen Holland die Kniescheibe gebrochen. Kent Nielsen fehlte schon verletzt im Halbfinale, und unser Kapitän Lars Olsen hatte eine geprellte Hüfte. Er konnte sich nicht einmal mehr richtig drehen. Nach dem Abschlusstraining musste ich ihn im Hotel sogar die Eingangstreppe hochtragen. Unsere Defensive war also nicht mehr existent.“. Trotzdem ließ Trainer Möller-Nielsen alle außer Andersen spielen. Eine Maßnahme, die gegen Stürmer wie Jürgen Klinsmann oder Karl-Heinz Riedle eigentlich zum Scheitern verurteilt war.

Die Defensive hielt jedoch stand, obwohl die deutsche Mannschaft in den ersten Minuten heftig auf das Führungstor Tor drängte, was laut Schmeichel der Genickschlag gewesen wäre: „Wenn Deutschland ein Tor macht, schießen sie uns ab. Das hätten wir nicht verkraftet. Wir hätten 0:6 verloren, davon bin ich überzeugt. Wir waren einfach fertig und haben alles über unseren Willen und unsere Motivation erreicht.“. Zu diesem Gegentor kam es aber nicht. Ganz im Gegenteil: Die Dänen gingen in der 19. Minute durch John Jensen in Führung. Deutschland rannte danach dann zwar verzweifelt an, konnte aber den Ball nicht hinter die Linie bringen. Das 2:0 in der 78. Minute durch Kim Vilfort war dann der endgültige K.O.-Schlag. Trotz der wohl denkbar schlechtesten Vorrausetzungen hieß der Europameister 1992 Dänemark.

Ral, abseits.at

 

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