Von Schwarz-Weiß bis Flat-TV – so entwickelte sich das Fernsehen bei Europameisterschaften | powered by Media Markt
EM-Geschichte 6.Juni.2012 OoK_PS 0
Fußball ist wohl jene Sportart, die global gesehen am meisten polarisiert. Dies kann so weit führen, dass sogar ganze Länder gegeneinander aufgebracht werden, wie es etwa in den 1970ern der Fall war, als ein WM-Qualifikationsspiel zwischen Honduras und El Salvador Auslöser für einen Krieg zwischen diesen beiden Staaten war.
Angesichts dieser großen gesellschaftlichen Bedeutung des Fußballs ist es kein Wunder, dass die Sportart auch seit Anbeginn der Entwicklung des Fernsehens ein elementarer Bestandteil dieses Mediums ist. Vor allem Live-Übertragungen locken Millionen Menschen vor den Bildschirm und sorgen für die besten Quoten.
Mit den Jahren hat sich auch die Technik der Übertragungen rasant weiterentwickelt, denn gab es zunächst nur Berichterstattung von ausgewählten Spielen, ist es seit einiger Zeit völlig selbstverständlich, dass man alle Spiele eines Großereignisses ins Haus geliefert bekommt – in hoch aufgelöster Bildqualität und mit umfangreichen Vorberichten, Analysen und Experteneinschätzungen.
In den letzten zwei Jahrzehnten wurde vor allem die Rahmenberichterstattung rund um Fußballgroßereignisse enorm ausgebaut. Die Präsentationsformen wurden dadurch vielfältiger und auch die neuen Medien in die Berichterstattung eingebaut, zudem ist eine deutliche Dominanz von Unterhaltungsangeboten zu erkennen.
Während früher zumeist die reine Berichterstattung rund um den Sport im Zentrum stand, spielt mittlerweile die Thematisierung von Stimmung, Humor und Fans eine immer größer werdende Rolle, da Fußballturniere vermehrt als Events vermarktet werden, die auch von Personen verfolgt werden, die normalerweise nicht als intensive Anhänger dieser Sportart zu bezeichnen sind.
Durch die seit den 1980ern im deutschen Sprachraum aufgekommene Konkurrenz rund um Fernsehrechte kam es neben einer Ausweitung des Sendeumfangs auch zu einem Ausbau von Werbeangeboten sowie Trailern zur Sender-Eigenwerbung und Gewinnspielen.
Eine Analyse der entscheidenden Spiele der deutschen Nationalmannschaft bei Fußballgroßereignissen von 1994 bis 2008 macht deutlich, wie sehr die Berichterstattung ausgebaut wurde.
Bei der Weltmeisterschaft 1994 in den USA betrug die Gesamtübertragungszeit beim Spiel um den dritten Platz zwischen Schweden und Bulgarien noch 219 Minuten, wovon lediglich 27 auf die Vorberichte entfielen. Dies steigerte sich kontinuierlich mit dem Höhepunkt beim WM-Finale im Jahr 2002 zwischen Deutschland und Brasilien, wo die Vorberichte nicht weniger als 165 Minuten ausmachten und nach dem Spiel noch einmal 127 Minuten analysiert wurde.
Ingesamt dauerte die Übertragung bei diesem Spiel 402 Minuten. Dahinter rangiert das EM-Finale von Wien zwischen Deutschland und Spanien auf dem zweiten Platz – damals wurde über 339 Minuten berichtet.
Deutlich wird die Entwicklung vor allem, wenn man sich die relativen Zahlen vor Augen führt, denn bis zur Jahrtausendwende lag der Anteil des Spiels selbst an den Übertragungen bei rund 50 Prozent, mittlerweile hat er sich jedoch bei 30 Prozent eingependelt. Das bedeutet, dass nur mehr etwa ein Drittel der gesamten Berichterstattung vom Fußballspiel eingenommen wird.
Interessantes fördert ein genauerer Blick auf die Entwicklung der Vor- und Nachberichterstattung zu Tage. In den letzten Jahren kam es hier zu einer Abnahme der klassischen eingespielten Beiträge, so dass immer seltener bereits vorgefertigte Berichte gezeigt wurden. Der Anteil des Live-Gesprächs veränderte sich von 2004 bis 2008 kaum und lag jeweils bei etwa einer Stunde.
Die Steigerung der Sendezeit wird vor allem durch einen deutlichen Anstieg der Moderationen und Präsentationen erreicht. Dazu zählen auch Schaltungen vor dem Spiel zum Live-Kommentator in das Stadion sowie lange Analysen von ebendiesem nach dem Ende entscheidender Partien. Dieses stilistische Mittel soll vor allem für eine höhere Emotionalität der kommentierten Livebilder sorgen.
Ein recht junges und neues Element sind Comedy- und Talksendungen, die zumeist an die Spielberichterstattung anschließen und das gezeigte noch einmal auf humoristische Weise Revue passieren lassen sollen. Auch diese Programme sollen einerseits den Zuschauer emotionalisieren, dienen zudem aber auch als Übergang in das reguläre Programm, mit dem sich die Fernsehanstalten erhoffen, möglichst viele Zuschauer von den Fußballübertragungen weiterhin beim Sender zu halten und so ein Umschalten zu verhindern.
All diese Entwicklungen gingen auch mit einem geänderten Konsumverhalten einher, denn durch die neue TV-Technik verbringen die Menschen wieder mehr Zeit vor dem Fernsehgerät. Teure HiFi-Anlagen werden heute als Statussymbol angesehen und ein an der Wand hängender Flatscreen kann schon das eine oder andere Gemälde ersetzen. Diese Geräte wollen daher auch mit interessantem Inhalt bespielt werden und diesem Wunsch kommen die Fernsehanstalten gerne nach – zumal die ausgebaute Berichterstattung auch für sie Vorteile mit sich bringt.
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