Die polnische Nationalmannschaft ist zum zweiten Mal in Folge bei einer Europameisterschaft als Gruppenletzter in der Vorrunde ausgeschieden. Im letzten Gruppenspiel gegen Tschechien begann... Ohne Mut und kein Risiko – Polen nach 0:1 gegen Tschechien ausgeschieden

Die polnische Nationalmannschaft ist zum zweiten Mal in Folge bei einer Europameisterschaft als Gruppenletzter in der Vorrunde ausgeschieden. Im letzten Gruppenspiel gegen Tschechien begann der Gastgeber zwar engagiert und hatte gute Chance, musste sich aber letzten Endes 0:1 geschlagen geben. Das Siegtor erzielte Petr Jiracek in der 72. Minute.

Die Ausgangssituation vor den finalen Spielen in Gruppe A war für alle vier Mannschaften offen. Sowohl Tschechien und Polen als auch Griechenland und Russland hatten die Qualifikation für das Viertelfinale in den eigenen Händen. Nach nicht hochklassigen aber durchaus interessanten 90 Parallelminuten schafften schließlich die Hellenen und unsere nördlichen Nachbarn das Weiterkommen. Polens Teamchef legte nach der Niederlage sogar sein Amt nieder.

Tschechien ohne Rosicky, Polen wie gegen Russland

Tschechiens Teamchef Michal Bilek musste nach dem 2:1-Sieg gegen Griechenland auf seinen Kapitän Tomas Rosicky verzichten. Der Spielmacher erlitt einen Schlag auf die Achillessehne und musste pausieren. An seiner Stelle spielte Kolar. Aufseiten Polens blieb die Startformation im Vergleich zum 1:1 gegen Russland unverändert. Smuda setzte also mit Dudka im defensiven Mittelfeld wieder auf einen zusätzlichen Stabilisator. Ansonsten zeigten sich auf beiden Seiten dieselben Effekte, die man bisher beobachten konnte. Bei den Tschechen war wieder mal vor allem die rechte Seite sehr auffällig. Gebre Selassie und Jiracek setzten die linke Abwehrseite Polens, auf der Boenisch kaum Unterstützung erfuhr, stark unter Druck. Bei Polen herrschte ebenfalls starke Rechtslastigkeit.

Polen mit starkem Beginn

Polens Stürmer Lewandowski sprach vom wichtigsten Spiel des Lebens und dementsprechend forsch begann der Gastgeber die Partie – wie schon gegen Griechenland und Russland. Beide Flügelspieler konzentrierten sich auf eine Seite und wurden vom jeweiligen Mittelfeldspieler in den Halbräumen ergänzt. Gefährlich wurde es für Petr Cech vor allem nach Standardsituationen. Dudka, Obraniak, Boenisch und Wasilewski kamen jeweils nach einem ruhenden Ball zu guten Torchancen. Zudem schalteten Lewandowski & Co. Nach Abspiel- und Leichtsinnsfehler der Tschechen schnell um, allerdings haperte es meist im Abschluss. Der BVB-Torjäger vergab auch die beste Möglichkeit auf ebendiese Art, als er nach zehn Minuten nur das Außennetz traf. Die hohe Motivation war der Smuda-Elf anzumerken, sie gewann zwischenzeitlich bis zu 72% der Zweikämpfe und agierte mit viel Herz. Allerdings sah man auch deutlich, dass sie ohne großen Masterplan unterwegs war und sich die Chancen aus individuellen Fähigkeiten ableiteten.

Anfangsoffensive flaut ab

Nach dem sehr engagierten Beginn schalteten die Polen aber ebenso schnell zurück. Die Abstände zwischen Hintermannschaft und Sturmreihe war viel zu groß. Bei Angriffen fehlte der Nachdruck aus dem Dreiermittelfeld, mindestens zwei Spieler blieben immer zur Absicherung hinten. Von den energischen Vorstößen der Halbspieler aus dem Russland-Spiel war nicht mehr viel zu sehen. So kamen zum Beispiel nur drei Vorwärtspässe von Polanski, der im letzten Match als Verbindungsspieler noch eine ausgezeichnete Arbeit ablieferte, an. In der Rückwärtsbewegung fehlte oft die Unterstützung der Flügelspieler, so dass die Außenverteidiger von den Halbspielern unterstützt werden mussten. Die Nervosität in den Reihen der Weißen stieg stetig an, die Last schien erdrückend. Schon nach dem Eröffnungsspiel gab Smuda zu, dass seine Spieler Probleme mit dem Druck hatten. Dadurch kam Tschechien auf und verzeichnete erste Halbchancen.

Tschechiens einfaches Spiel hebelt Polens Defensive aus

Die Abstimmungsprobleme und das große Leistungsgefälle in der Abwehrkette kamen immer mehr zum Vorschein. Schon in den vergangenen Begegnungen war dies ein entscheidender Faktor dafür, dass es nicht zu mehr als zwei Unentschieden reichte. Mit einfachen Vertikalpässen durch offensichtliche Lücken entblößte Tschechien die polnische Defensive. Dieses direkte Spiel war auch gegen Russland und Griechenland der Schlüssel zum Erfolg.

Kein Spielfluss, viele Fouls

Ein Grund warum dieses Spiel für die meisten Zuseher auf sehr niedriges Niveau eingestuft wird, ist dass kaum Spielfluss zustande kam. Insgesamt 41 Mal Fouls wurden begangen. Besonders auffällig war, dass die Tschechen offenbar bewusst versuchten Polens starke rechte Seite auf diese Weise zu brechen. Dieses Mittel bemühte auch Griechenland im Eröffnungsspiel, als sie in der Mittelphase des Spiels die BVB-Achse lahmlegten. Polen geriet auch dadurch zusehends außer Tritt, im Schnitt schafften es die Akteure nur vier Pässe am Stück hintereinander zu spielen – zum Vergleich: Tschechien kam auf sechs.

Mehr Mut nach der Pause

Die Kunde von Griechenlands späten Führungstreffer in der ersten Halbzeit machte wohl auch in den Katakomben des Stadion Miejski die Runde, denn nach dem Seitenwechsel offenbarten beide Mannschaften mehr Mut zum Risiko. In der 56. Minute wechselte für den blassen Polanksi den offensiveren Grosicki ein, der danach das eine oder andere Mal auf der linken Seite durchbrach. Die Konzeptlosigkeit der Polen war aber weiterhin nicht zu leugnen. Auf der Suche nach passenden Anspielstationen unterlief schließlich Wasilewski der entscheidende Fehler, der das Pendel zugunsten der Tschechen ausschlagen ließ. Der Innenverteidiger leistete sich einen Abspielfehler in der Vorwärtsbewegung und so den zweiten Turniertreffer von Jiracek einleitete. Auch ein weiterer offensiver Doppeltausch von Smuda – Brozek und Mierzejewski für Obraniak und Murawski – blieb ohne Wirkung.

Unausgeglichener Kader entscheidend für Ausscheiden

Dies zeigt ganz gut woran es der polnischen Mannschaft fehlt. Der Kader ist zu unausgeglichen besetzt. Im Eröffnungsspiel drängte sich die Frage auf warum Smuda im Endspurt keine frischen Kräfte brachte. Die Antwort: Weil es keine brauchbaren Alternativen gab. Auf der einen Seite besitzt man mit dem BVB-Trio eine extrem starke Achse, die gehobenen internationalen Ansprüchen entspricht, ergänzt wird die Startelf aber zum Teil von Bankdrückern wie Boenisch. Der Noch-Bremer erwies sich zwar nicht als so gravierende Schwachstelle wie vor dem Turnier befürchtet, fiel aber in seinen Leistungen verglichen zu seinem Pendant auf der rechten Seite deutlich ab. Die drei Mittelfeldspieler agierten zu wenig unterstützend,  so dass das Offensivtrio meist auf sich alleine gestellt war – vor allem Lewandowski konnte einem leidtun. Während er bei Borussia Dortmund ständig Spieler um sich hat mit denen er kombinieren kann, ist er im Nationalteam meist auf sich alleingestellt. Selbst beim extrem dürftigen Champions-League-Auftritts seines Vereins bei Olympiakos Piräus erfuhr der Stürmer mehr Support und wurde mit Pässen in den Strafraum gefüttert. Desweitern war der Plan hauptsächlich über die rechte Seite angreifen viel zu durchsichtig und von den Gegnern entsprechend reagiert. Sei es durch Fouls, wie Griechenland, oder durch hohes Stehen der Außenbahnspieler, wie Russland und Tschechien, die Offensivaktionen aus dem Spiel waren höchst überschaubar. Gegen Griechenland konnte Piszczek zwar noch entscheidende Impulse nach vorne setzen, was hauptsächlich an der defensiven Spielanlage der Hellenen lag, gegen die restlichen Gruppengegner wurde er aber hinten gebunden – Pilar war beispielsweise der am höchsten agierende Tscheche am Feld.

axl, abseits.at

Alexander Semeliker

@axlsem

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