Euro-kritisch (4) – Die UEFA ernährt sich nun mal nicht von Luft und Liebe…
Gruppe B 20.Juni.2012 Georg Sander 1
Der europäische Fußballverband macht keine Gefangenen. Fast täglich müssen Strafen gegen Verbände ausgesprochen werden. Durch die unterschiedlichen Vergehen und die Höhe der jeweiligen Strafen verdeutlicht die UEFA, dass die Fußballfestspiele weniger etwas mit Fairplay oder Sicherheit zu tun haben, sondern mit dem schnöden Mammon.
Nicklas Bendtner und Paddy Power
Die britische Firma „Paddy Power“ gehört laut Medienberichten einem Freund des dänischen Starstürmers Nicklas Bendtner und stellt zu Werbezwecken offensichtlich schicke Unterhosen in grün und weiß her. Besagter Wettanbieter möchte die Strafe in der Höhe von 100.000 Euro übernehmen, die Summe wird wohl aus dem PR-Budget gedeckt, denn keine noch so gute Werbekampagne hätte so viel Aufmerksamkeit auf die Firma gelenkt. Die Beteuerungen von Bendtner, doch nur ein Geschenk getragen zu haben, wirken in dem Lichte dieser Erkenntnis fadenscheinig. Aber Tarnen und Täuschen gehört eben dazu. An einen Zufall ist kaum zu glauben, die Strafe an sich ist wohl in Ordnung, da Schleichwerbung nun mal verboten ist. Die Sponsoren der UEFA und der Verbände lassen sich exklusives Sponsoring viel kosten, bis zu einem gewissen Punkt hegt der Beobachter sogar Verständnis. Die Höhe ist allerdings obszön.
Strafen für Vergehen
Das Grausige an dem Verhalten der UEFA ist weniger das prinzipielle Abstrafen einer solchen, zugegebenermaßen plumpen Aktion, sondern mehr die Strafen, die sonst noch ausgesprochen wurden. Für verbotene Transparente und das Abbrennen pyrotechnischer Gegenstände erhielt der russische Verband eine Strafe in der Höhe von 30.000 Euro, für ähnliche Vergehen erhielt der kroatische Verband eine Pönale in der Höhe von 25.000 Euro aufgebrummt. Deutsche Fans warfen Papierkugeln – 10.000 Euro. Portugal blieb zum Wiederanpfiff gegen Deutschland zu lange in der Kabine – 5.000 Euro. Rassistische Beleidigungen gegenüber dem Tschechen Theodor Gebre Selassie und dem Italiener Mario Balotelli werden lediglich untersucht.
Die UEFA-Arithmetik
Die Höhe der Strafen wirkt gelinde ausgedrückt skurril. Rassistische Beleidigungen sind vorerst einmal gratis, zu spät kommen kostet vierstellig, Pyrotechnik fünfstellig. Aber wehe, es wird einer der Großsponsoren beleidigt, dann wird sofort gehandelt und eine Pönale im sechsstelligen Euro-Bereich ausgesprochen. Die Prioritätenliste der UEFA demaskiert, was in Nyon wichtig ist. Die Vorgehensweise ist widerlich und menschenverachtend. Anders ist das nicht auszudrücken.
Zwischen „War ja klar!“…
Eigentlich könnte sich jede Raunzerei darüber erübrigen, denn so ist die UEFA nun einmal. Sie lässt Städte zwischen Lissabon und Kharkiv in den Fanzonen gleich aussehen, sie manipuliert Live-TV-Bilder, verdient sich an den Meisterschaften dumm und dämlich und schreckt eben auch nicht davor zurück, die Menschenverachtung auch in Zahlen zu belegen. Die Fußballfestspiele verkommen zu einer Schmierenkomödie, in der der kritische Beobachter den Eindruck erlangt, dass irgendwo in Nyon ein Geldspeicher steht und die honorigen Herren in Talern und Kreuzern baden wie einst Dagobert Duck.
…und Fassungslosigkeit
Die Art und Weise wie der europäische Verband sein Weltbild vor sich herträgt, bestürzt trotzdem. Will man das überhaupt wissen? Wir Fußballfans wollen doch wenigstens die Illusion leben, dass der so geliebte Kick auf das runde Leder noch irgendwas mit der Stadt zu tun hat, in der ein Spieler aufgewachsen ist, dass er nicht nur des Geldes wegen zu einem anderen Verein wechselt. Wir wollen daran glauben, dass ein Arbeiterkind bei einem Arbeiterverein spielen will, dass ein Bub vom Land Angst vor der großen Stadt hat und dass Spieler nur zu einem Verein wechseln, wo mehr stimmt als nur der die Höhe der monatlichen Überweisung. Aber da ist wohl gerade der Ausrichter Ukraine mit seinen Oligarchen-Klubs das falsche Land, um daran noch irgendwie zu glauben. Welcher Spieler ist schon so bescheuert und bleibt bei einem Verein, der weniger zahlt als ein anderer…
Klingeling macht die Kassa
Doch es ist alternativlos – der Fußball ist so, ob man will oder nicht. Es werden Unsummen gezahlt und wer nicht spurt, wird abgestraft. Das betrifft aber anscheinend vor allem die Verletzung der Sponsorenrechte, weniger die Sicherheit oder die Menschenwürde. Aber muss man uns das so deutlich zeigen?
Georg Sander, abseits.at
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Georg Sander
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