Mentales Training im Sport – ein Schlüsselfaktor für den Sieg
Empfehlungen 7.Dezember.2022 Erwin Novotny
Körperliches Training und die Entwicklung technischer und taktischer Fähigkeiten sind im Profisport selbstverständlich unabdingbar, jedoch nicht die einzigen Faktoren, die über Sieg und Verlust entscheiden. Es kann noch so viel und hart trainiert werden, die Performance ist jedoch nie stark genug, wenn das Erlernte in der Wettkampfsituation nicht abgerufen werden kann. Erfolg im Sport hat weitgehend auch mit mentalen Fähigkeiten und deren Training zu tun – nicht nur was die Visualisierung bestimmter Spielabläufe betrifft, sondern auch Nervenstärke, der Fähigkeit auch unter Druck optimal zu reagieren, und Versagensängste wie auch Stress abzubauen. Nicht nur Profisportler, sondern auch Amateure und sogar Kinder profitieren von mentalem Training, um ihre Performance zu verbessern.
Ganz gleich ob beim Fußball, Skilauf, Tennis oder Leichtathletik: psychologische Betreuung und mentales Training gehören im Profisport zum normalen Trainingsalltag. Der Grund dafür liegt auf der Hand. Fußballlegende Andrea Pirlo sagte seinerzeit: „Fußball spielt man mit dem Kopf. Deine Füße sind nur ein Werkzeug. Ich denke, also spiele ich.“ Noch deutlicher drückt es Mentaltrainer Andreas Mamerow aus, Mitbegründer der Deutschen Mentaltrainer Akademie, der selbst zahlreiche Weltsportler und nationale Teams betreute: „Jeder Sportler braucht mentales Training, um entsprechend in die Lage versetzt zu werden, seine Trainingsleistung auch in einer Wettkampfsituation abrufen zu können.“
Zunächst verstand man unter mentalem Training in erster Linie die Visualisierung von Bewegungsabläufen oder taktischen Situationen während eines Matches, heute umfasst der Begriff jedoch weitaus mehr und behandelt sämtliche Gedanken und Gefühle, die im Leistungssport auftreten – wie eben auch Stress, Leistungsdruck und Versagensängste. Wer sich seiner Handlungsschritte bewusst ist, kann in Stresssituationen und unter Druck besser und schneller reagieren, behält Kontrolle und einen kühlen Kopf, wodurch es sich wiederum bessere Entscheidungen treffen lässt. Glücklicherweise können diese Fähigkeiten erlernt werden.
Visualisierung dient vor allem der Beschleunigung der Leistungsentwicklung, wenn es mit realem Training kombiniert wird. Wissenschaftlich nachgewiesen ist, dass man schneller besser wird, wenn Bewegungsabläufe verinnerlicht und optimiert werden – eben dadurch, dass man sie gedanklich, vor dem inneren Auge, wiederholt durchgeht. Auch Taktiken wie das Gegen-Pressing im Fußball, das Teamplay und wie man andere Spieler in bestimmten Situationen besser unterstützt, wie man am besten anspielbar bleibt und vieles mehr, kann visualisiert werden. Der DFB wendet beim Training Visualisierungstechniken an, direkt bevor bestimmte Fähigkeiten wie Passen, Dribbeln oder der Torschuss auf dem Rasen ausgeführt werden, und hat das enorme Potenzial dieser Vorgehensweise ebenfalls in Studien nachgewiesen: Mittels Magnetresonanztomografie konnte festgestellt werden, dass das Gehirn das Vorstellen einer Bewegung fast genauso aufnimmt wie die tatsächliche Handlung, und dabei nahezu identische Hirnregionen aktiviert werden.
Mentales Training unterstützt außerdem die Konzentrationsförderung – und diese senkt wiederum das Verletzungsrisiko. Allgemein ist bekannt, dass diese vor allem dann auftreten, wenn bestimmte Handlungen nachlässig ausgeführt werden. Das gilt nicht nur im Sport, sondern auch in vielen allen Lebensbereichen. Konzentration und das Bewusstsein von bestimmten Bewegungsabläufen verbessert die Performance – das weiß beispielsweise auch Fintan Costello, Geschäftsführer von bonus.com.de, der den Podcast „Gambling Files“ zu vielen Themen des Glückspiels betreibt, wobei er auch sein persönliches Interesse an mentalen Aspekten und mentaler Gesundheit besitzt. Wer bei Spielen wie Poker die Konzentration und einen kühlen Kopf bewahrt, hat weitaus bessere Chancen zu gewinnen, diese psychologischen Fähigkeiten sind dabei oft sogar wichtiger als strategische Überlegungen.
Nervosität, Lampenfieber und Aufregung vor einem Match können auch hier die Leistungsfähigkeit erheblich negativ beeinflussen. Diplompsychologe und Sportwissenschaftler Dr. Thomas Ritthaler spezialisiert sich bei Sportlern darauf, deren Wettkampfsangst zu beheben, wie auch auf die psychologische Betreuung nach Verletzungen, wenn möglicherweise Angst besteht ins Training zurückzukehren. Wichtig ist für ihn auch die Frage der Motivation, die erheblich mitbestimmt, wie Sportler auf Niederlagen oder Rückschläge reagieren. Hier kommt Verhaltenstherapie oder systemische Therapie zum Tragen: wer einen Sport nur ausübt, um bestimmte Ziele zu erreichen, verliert in einer Durststrecke eher die Motivation als jemand, der aus Liebe zum Sport dabei ist. Ein wichtiger Ansatz ist dabei das Steuern des inneren Dialogs – in der Regel, so der Wissenschaftler, verändert sich dieser, bevor die Leistung nachlässt. Gelehrt wird das Lenken der Aufmerksamkeit und der innere Umgang mit verschiedenen Situationen – gerade, wenn sich der Druck verstärkt oder nach diversen Niederlagen das Selbstwertgefühl sinkt.
Derartige Probleme beheben oder einen Sportler einfach noch besser machen – das sind die Ziele von mentalem Training, und laut Experten kann damit nicht früh genug begonnen werden. Im Kinderfußball wird bereits in der F-Jugend darauf Wert gelegt, ein Alter, in dem Vorstellungskraft und Fantasie besonders ausgeprägt sind. Bereits dann wird mit Visualisierung gearbeitet, zudem werden die jungen Sportler dabei unterstützt besser mit Leistungsdruck und Versagensangst umzugehen.
Auch Amateure profitieren von mentalem Training, besonders da sich die Auswirkungen nicht nur im Sport, sondern gleichzeitig in allen anderen Lebensbereichen wie der Karriere positiv bemerkbar machen. Tipps für Hobbysportler sind unter anderem das Verbalisieren klarer Ziele, die Gefühle vor einer Wettkampfsituation bewusst abzurufen, das regelmäßige Formulieren positiver Affirmationen, und „Stopp“ zu sagen, wenn sich negative Gedanken einschleichen und den Psyche kontrollieren. Wichtig ist hier auch eine realistische Selbstwahrnehmung. Wer eine richtige Prognose der eignen Leistungsfähigkeit abgeben kann und weiß, zu was er in der Lage ist, kann „die eigene Leistung auf den Punkt genau abrufen“, erklärt Mamerow und betont, dass somit auch das Selbstbewusstsein erheblich gestärkt wird.
Aus dem Profisport ist mentales Training schon lange nicht mehr wegzudenken, doch auch im Hobbysport wie auch im Kindersport gewinnt es immer größere Bedeutung, zumal die positiven Auswirkungen in allen Lebensbereichen wie auch in der geistigen Entwicklung gerade von jungen Sportlern erkennbar sind.
Erwin Novotny
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