Tabellenführer Sturm Graz konnte im Spitzenspiel der Runde gegen Red Bull Salzburg mit einem 1:0 Erfolg seinen Siegeszug prolongieren und den Vorsprung auf den... Analyse: Sturm setzt Siegesserie gegen RB Salzburg fort

Tabellenführer Sturm Graz konnte im Spitzenspiel der Runde gegen Red Bull Salzburg mit einem 1:0 Erfolg seinen Siegeszug prolongieren und den Vorsprung auf den amtierenden Meister bereits auf fünf Punkte ausbauen. Die Spielgeschichte ist eigentlich relativ schnell erzählt: Die Blackies zogen sich im Spiel gegen den Ball in die eigene Hälfte zurück und verteidigten die zentralen Spielfeldbereiche sehr kompakt, um das in den letzten Wochen starke Kombinationsspiel der Bullen so gut es geht eindämmen zu können. Daher wirkt es fast schon paradox, dass der entscheidende Siegestreffer für Sturm aus einer frühen Balleroberung im Angriffsdrittel entstanden ist.

Grundordnungen und Personal

Keine großen Überraschungen gab es vor Spielbeginn in Bezug auf die taktischen Grundordnungen sowie den personellen Besetzungen der beiden Teams. Beide Trainer hatten das zurzeit wohl stärkste Personal zur Verfügung. Dazu scheinen sowohl Foda als auch Rose in dieser Frühphase der Saison bereits die besten Grundordnungen für ihre Spieler gefunden zu haben.

Franco Foda schickte seine Mannschaft erneut im 5-4-1 / 3-4-3 System auf das Feld. Gegenüber dem letzten Spiel gegen Rapid gab es keine einzige Veränderung im personellen Bereich. Die Dreierkette vor Torhüter Siebenhandl setzte sich daher erneut aus den beiden Halbverteidigern Koch und Lykogiannis sowie aus dem jungen Maresic als zentralen Punkt zusammen. Unterstützt wurden diese drei Spieler von den Flügelverteidigern Hierländer und Potzmann. Das Mittefeld bestand im Zentrum aus Zulj und Lovric sowie auf den Flügel aus den stark spielenden und pfeilschnellen Röcher und Huspek. Kapitän Deni Alar fungierte erneut als Solospitze.

Auch beim Meister aus Salzburg gab es wie bereits beschrieben keine nennenswerten Überraschungen. Die Einser-Garnitur, die sich unter Rose in den ersten Monaten herauskristallisiert hat, bekam auch in Graz das Vertrauen. Einzig der angeschlagene Paulo Miranda musste in der Innenverteidigung durch Marin Pongracic ersetzt werden. Andreas Ulmer musste ebenfalls bereits in der Pause nach einem Zusammenstoß mit Alex Walke durch Patrick Farkas ersetzt werden. Rose blieb auch seiner 4-3-1-2 Grundordnung treu, welche man in diesem Spiel aufgrund der höher positionierten Achter auch als 4-1-3-2 beschreiben könnte.

Sturm Graz steht tief und macht das Zentrum dicht

Obwohl Sturm Graz aktueller Tabellenführer ist und ein Heimspiel hatte war es nicht sonderlich überraschend, dass sie sich im Abwehrverhalten tief in die eigene Hälfte zurückzogen und den Salzburgern deren erstes Drittel kampflos überließen. Bereits im letzten Auswärtsmatch gegen Rapid funktionierte dieser Matchplan doch recht überzeugend.

Zu dieser vorsichtigeren und passiveren Ausrichtung passt im Moment auch der 5-4-1 Mantel sehr gut. Neben dieser Grundstruktur ist eine ballorientierte Raumdeckung das Kernelement der Grazer im Spiel gegen den Ball. Die horizontalen Verschiebebewegungen gehen sehr synchron vonstatten, vor allem die Fünferkette wirkt darin bereits sehr gut eingespielt. Die häufig verwendeten situativen Mannorientierungen sieht man daher bei Sturm praktisch gar nicht. Gegenspieler werden stattdessen sauber übergeben und vom Nebenspieler aufmerksam aufgenommen. Die beiden Verteidigungslinien bleiben dadurch immer konstant sichtbar, was vor allem gegen Salzburg und deren Vertikalpässe mit ein Schlüssel zum Sieg war.

Ein wichtiger Baustein im Matchplan von Franco Foda dürfte gewesen sein, dass im Mittelfeld das Zentrum sowie die Halbräume geschlossen bleiben. Dadurch sollten die effektiven und von den Salzburger Innenverteidigern forcierten flachen und vertikalen Schnittstellenpässe zugestellt werden und das Aufbauspiel in die Breite verlagert werden.
Schlüsselrollen hatten dabei die beiden Außenspieler Röcher und Huspek inne, welche  bei Ballbesitz von Pongracic bzw. Caleta-Car sehr eng zur den Sechsern einrückten und sich in den Halbräumen positionierten. Die Flügelzonen wurden daher bewusst offen gelassen, erst bei einem Pass in diese Zonen wurde dorthin verschoben und der ballführende Außenverteidiger von Salzburg von den Außenspielern attackiert.

Zweiter Eckpfeiler für das erfolgreiche Spiel gegen den Ball war die Kontrolle des Zwischenlinienraums. Gegen Rapid war der Abstand zwischen der Fünferkette und dem Mittelfeld doch häufig etwas zu groß. Für die Salzburger wäre dies salopp formuliert eine Einladung zum Tore schießen gewesen und hätte fatal für die Steirer enden können. Vor allem weil kein Druck auf die Innenverteidiger ausgeübt wurde und die Salzburger solche Pässe in Ruhe vorbereiten hätten können. Aber die Blackies zeigten sich in diesem Aspekt verbessert, in erster Linie waren schlichtweg die vertikalen Abstände zwischen den Verteidigungslinien enger und kompakter. Dadurch konnte das Herausrücken der Verteidiger aus der Fünferkette effizienter und griffiger gestaltet werden.

Sollte doch einmal ein Pass in den Zwischenlinienraum durchgegangen sein, schoben sich die beiden Kette zusammen und der räumliche wie zeitliche Druck auf die Salzburger Spieler konnte hochgehalten werden. Dadurch waren deren Kombinationen nicht so erfolgsstabil und durchschlagskräftig wie in dieser Saison schon gesehen. Mannschaftstaktisch war daher das Spiel gegen den Ball sehr stimmig und geschlossen durchgezogen. Die wichtigen Zonen wurden aufmerksam zugestellt und mit der notwendigen Intensität über 90 Minuten kompakt verteidigt.

Salzburger Spielkontrolle ohne Durchschlagskraft

Bedingt durch die tiefe Ausrichtung von Sturm kontrollierte Salzburg das Spielgeschehen mit mehr Ballbesitz. Die Marschroute von Rose im Aufbauspiel war recht klar. Man wollte ausgehend von den Innenverteidigern flach durch das Zentrum in den Zwischenlinienraum spielen, wo man dann mit Ablagen, Doppelpässen und dritten Läufen die Verteidiger aus der Abwehrlinie ziehen wollte um durch diese geöffneten Bahnen hinter die Fünferkette zu kommen. Die Aktion in der ersten Halbzeit mit Yabo und Gulbrandsen, wo der Schiedsrichter zu Unrecht auf Abseits entschieden hat, war exemplarisch dafür.
Die Positionierungen dafür waren auch durchaus passend. Die beiden Achter Berisha und Yabo ließen sich im Aufbau nicht unnötig in tiefe Zonen fallen sondern schoben sich auf Höhe von Hannes Wolf zwischen die zwei Verteidigungslinien von Sturm. Die beiden Stürmer Dabbur und Gulbrandsen reagierten darauf mit ausweichenden Bewegungen. Vor allem Dabbur rückte teilweise sogar ganz auf den linken Flügel. Dadurch befanden sich permanent fünf Spieler im Zwischenlinienraum. Durch das engmaschige Defensivkonzept der Grazer waren aber die Schnittstellen nicht vorhanden, die notwendig gewesen wären um diese Akteure auch tatsächlich in Aktion bringen zu können. Salzburg kontrollierte daher zwar den Ballbesitz, ihnen ging aber häufig die Tiefe und Durchschlagskraft in Richtung Tor ab.

Die in den letzten Spielen bereits sehr gut eingebundenen Diagonalpässe der Außenverteidiger vom Flügel in den Zwischenlinienraum wurden zu wenig forciert. Für Ulmer (Farkas) und Lainer hätten sich hierfür durchaus Räume ergeben. Vor allem Lainer spielt solche Pässe sehr gut und konstant auf einem hohen Niveau. Vielleicht ist für solche Aktionen die Position von Reinhold Yabo ab der 25. Minute etwas adaptiert worden. Er verließ nämlich häufig im Spielaufbau seine Position im Zentrum und wechselte auf den rechten Flügel. Womöglich sollte er dort Potzmann binden und somit mehr Platz für Stefan Lainer schaffen, um genau solche Spielzüge zu ermöglichen. Allerdings wurde diese Rochade mannschaftlich nicht besonders eingebunden und daher war diese Variante auch im weiteren Spielverlauf nicht allzu häufig zu beobachten.

Situatives Angriffspressing bringt Sturm den Siegestreffer

Wie so viele Mannschaften, die auf ein Abwehr- oder Mittelfeldpressing zurückgreifen, nutzt auch Sturm Graz immer wieder konkrete Auslöser in einem Spiel, um situativ auf ein Angriffspressing zu switchen. Die häufigsten Pressingauslöser dabei sind Abstöße und Einwürfe.
Um dafür den nötigen Zugriff herzustellen rücken die beiden Außenspieler Röcher und Huspek neben Alar in die vorderste Linie vor, dahinter orientieren sich die Flügelverteidiger an den gegnerischen Außenverteidigern und die beiden Sechser Zulj und Lovric rücken ebenfalls nach und stellen die umliegenden zentralen Optionen zu. Dadurch entsteht in den meisten Fällen eine 3-4-3 Ordnung.
Genau durch ein solches situatives Angriffspressing entstand das entscheidende Tor durch Deni Alar, wie man anhand der nachfolgenden Situation unmittelbar vor dem Tor erkennen kann.

Röcher und Huspek rücken neben Alar vor. Huspek läuft im Bogen von außen nach innen Caleta-Car an, wodurch der Passweg auf Patrick Farkas zugestellt ist. Unterstützend dazu rückt auch Stefan Hierländer auf der ballnahen Seite aus der Fünferkette heraus und stellt Farkas zu.
Für Caleta-Car blieb in dieser Situation nur mehr der riskante Pass auf den entgegenkommenden Berisha, der aber von Lovric aufmerksam verfolgt wurde und durch eine schlechte Ballmitnahme den Ball für Lovric kurz frei gab, der daraufhin sofort in die Tiefe weiterleiten konnte.

Sturm hat aber auch eine solche Umschaltaktion unbedingt gebraucht, um ein Tor zu erzielen. Das Aufbau- und Ballbesitzspiel war für einen Tabellenführer doch sehr überschaubar. Von hinten vorgetragene Angriffe waren eigentlich über die gesamte Spielzeit nicht zu sehen. Natürlich hat auch das hohe Pressing von Salzburg seinen Teil dazu beigetragen. Aber es waren hauptsächlich individuelle Aktionen von Röcher oder Huspek, wodurch torgefährliche Aktionen entstanden sind. Etwas schade, weil Sturm mit seiner 3-4-3 Ordnung über eine gute Raumaufteilung verfügt und dazu noch viele pressingresistente Spieler in der Mannschaft hat. Im Interview nach dem Spiel hat Franco Foda auch angemerkt, dass er sich mehr und längere Ballbesitzphasen von seiner Mannschaft gewünscht hätte.

Fazit

Unterm Strich ging der Sieg für Sturm durchaus in Ordnung. Sie haben sich auf die Stärken von Salzburg gut eingestellt und die entscheidenden Räume auf dem Platz sauber verteidigt. Ab der 70. Minute wurden die Abstände bei den Grazern wieder etwas größer (die Hitze war sicher mit ein Grund dafür), wodurch Salzburg wieder besser ins Spiel fand. In dieser Phase hatte auch Patrick Farkas die größte Möglichkeit auf den Ausgleichstreffer.
Der Auftritt von Salzburg war deshalb aber noch lange nicht schwach, der Gegner hat schlichtweg auch nicht so viel hergegeben wie jene der letzten Wochen. Dazu waren die individuellen Leistungen der Offensivspieler nicht so herausragend wie zuletzt, wodurch der Offensiv-Motor etwas in Stocken geraten ist. Man darf also gespannt sein, wie beide Teams aus der Länderspielpause kommen und das erste Quartal in der Liga fertig spielen.

Sebastian Ungerank, abseits.at

Sebastian Ungerank

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