Anekdote zum Sonntag (92) – Idioticus Maximus
Fußball in Österreich 3.September.2017 Marie Samstag 0
Wer an Otto Barić denkt, denkt auch an seinen Lieblingsbegriff „maximal“. Der gebürtige Kroate verwendete dieses Adjektiv so häufig, dass es zu seinem zweiten Vornamen mutierte. Otto-Maximale prägte fast zwei Jahrzehnte lang den österreichischen Fußball. Er war fachlich anerkannt, menschlich aber umstritten: So belegte ihn die UEFA 2007 mit einer Geldstrafe, als er sich abwertend über Homosexuelle geäußert hatte.
Aber bereits in den 90ern war der „große Otto“ aufgrund seines arrogant wirkenden Gehabes nicht überall beliebt. Herbert Prohaska stieß sich daran, dass es der Zagreber mit dem Selbstlob hie und da übertrieb. So berichtete er gerne von errungenen Siegen, die nie stattgefunden hatten. Privat und unter vier Augen präsentierte sich Otto meist von seiner Schokoladenseite: Er konnte zuvorkommend, unterhaltsam und witzig sein, sobald allerdings TV-Kameras auftauchten, fuhr er sich durchs gefärbte Haar, richtete sich auf und zeigte seinen Stolz. Kostprobe: „Ich habe viel Erfolg, aber es gab auch Zeiten, wo ich nicht erfolgreich war. Dann habe ich mich gefragt: Ist die Art, wie ich das mache gut? Da hab‘ ich gezweifelt, aber je älter ich geworden bin, desto weniger habe ich gezweifelt. Und heute zweifle ich überhaupt nicht mehr.“, sagte er als Rapid-Coach.
Seine ersten Sporen als Trainer verdiente sich der gebürtige Jugoslawe bei unterklassigen deutschen Vereinen, ehe er nach Österreich kam. Mit Rapid Wien und Austria Salzburg feierte er international seine größten Triumphe und erreichte zwei Europacup-Endspiele. Plötzlich war Otto-Maximale einer der begehrtesten Übungsleiter überhaupt und versuchte beim VfB Stuttgart die Karriereleiter eine weitere Stufe hinaufzusteigen. Das Unterfangen schlug fehl und Barić heuerte bei Sturm Graz an. 1999 wurde er der Nachfolger von Prohaska, als dieser nach der 0:9-Klatsche gegen Spanien seinen Hut als österreichischer Teamchef nahm.
Jetzt mussten sich die Nationalteamkicker schnell damit abfinden, dass Barić seine eigenen Methoden hatte. Nicht nur sein von Taktik geprägtes Training inklusive lautstarker kroatisch-deutscher Zwischenrufe, sondern auch an seine patriotische Grundhaltung, war für die meisten etwas Neues. Kroatien war für Barić das Paradies auf Erden. Egal worum es ging: Otto hatte immer das letzte Wort. Lobte jemand französische Mode, österreichische Gemütlichkeit oder Banalitäten wie das Fernsehprogramm oder das Hotelessen etc. stimmte der Chef oft zu. Nach einer kurzen Atempause folgte jedoch immer der Nachsatz: „Aber in Kroatien maximal ist besser.“ Alles war maximal oder maximale, wie es der heute 84-jährige aussprach. Die Spieler klappten rasch innerlich die Ohren zu, wenn Barić größenwahnsinnige Schwärmereien wieder anfingen.
Als aber ein Spiel gegen Kroatien anstand, waren viele gespannt, ob sich die Prognosen ihres Trainers erfüllen sollten. War das Land südlich von Österreich wirklich so viel schöner, wärmer, gemütlicher, kulinarisch gehaltvoller, fußballerisch stärker – kurz: maximal besser? Als die Kicker in Rijeka landeten regnete es in Strömen. Das Wetter – das laut Barić ja immer „maximale“ schön war – wollte sich nicht bessern. Beim Essen im Hotel bekamen die Rot-Weiß-Roten heimische Fische vorgesetzt, die gut waren, aber sich durchaus mit österreichischem Seefisch messen konnten. Der Wein? Nicht annähernd mit einem edlen Tropfen aus der Alpenrepublik zu vergleichen. Otto Barić verstummte maximal. Das Freundschaftsspiel gegen die Kroaten verlief für die ÖFB-Kicker genauso wie der Wein: Enttäuschend. Man verlor 0:1 und war damit eigentlich noch gut bedient. Barić befand sich in Erklärungsnot: „Ich teste ja nur. Habe gesehen alle Spieler. Dafür Match war gut.“, säuselte der Teamchef in die ORF-Mikrofone. Als er auf den Gegner angesprochen wurde, reckte sich Barić wie ein stolzer Gockel und verkündete: „Ist sehr gute Mannschaft, hat maximale Technik. Schau‘n Sie: Fußball in Kroatien maximal ist besser.“ Herbert Prohaska, der als Analytiker das Team begleitet hatte, stand neben Barić und schüttelte innerlich den Kopf. Er konnte sich nicht mehr beherrschen und nahm Barić nach dem Interview zur Seite. „Schneckerl“ schnaubte: „Ihr wart‘s wie der Regen, der Wein und der Fisch – nämlich oasch.“ Ja, maximale oasch.
Marie Samstag, abseits.at
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