Nach der unruhigen Gesamtstimmung vor Saisonbeginn überraschte der SK Rapid zum Ligaauftakt beim LASK mit einer außerordentlich starken Leistung und spielte wohl eine der... 1:1 beim LASK: Starke Rapid-Elf scheitert nur an der Kaltschnäuzigkeit

Nach der unruhigen Gesamtstimmung vor Saisonbeginn überraschte der SK Rapid zum Ligaauftakt beim LASK mit einer außerordentlich starken Leistung und spielte wohl eine der besten Halbzeiten in Zoran Barisic’ zweiter Trainerära.

Rapid ging als Außenseiter ins erste Saisonduell 2023/24. Zoran Barisic entschied sich in Linz erwartungsgemäß für ein 4-2-3-1-System und rotierte im Vergleich zum Cup-Match gegen Donaufeld nur den serbischen Neuzugang Nenad Cvetkovic anstelle von Martin Moormann in die Mannschaft. Der neue LASK-Trainer Thomas Sageder hatte neben sich fünf Neuerwerbungen auf der Bank sitzen, startete aber mit einer Mannschaft ins Spiel, die auch in der vergangenen Saison vollständig bereits in Linz spielte.

Rapid startet mit „Umschaltschlacht“ in die neue Saison

Von Beginn an war sichtbar, dass der LASK hoch stehen und das Spiel machen wollte – aber es war auch sichtbar, dass Rapid sich mit dieser Situation sehr wohl fühlt. Die Hütteldorfer waren mehr als nur im Stande Entlastungsangriffe zu fahren, sondern lieferten dem LASK eine wahre „Umschaltschlacht“. Besonders auffällig war hierbei, dass Trainer Zoran Barisic die Schwachstellen seines eigenen Teams umschiffte.

Rapid verteidigte gegen den Ball gut im Block, kam stets mit neun Feldspielern hinter den Ball. Die Mitte zuzumachen war das Rezept und das funktionierte im Vergleich zum Ende der letzten Saison auch wegen der beiden Innenverteidiger ausgesprochen gut. Leopold Querfeld erwies sich nach und nach als bester Mann auf dem Platz, räumte fast alles weg, gewann 80% seiner Defensivduelle. Neben ihm gab auch der hünenhafte Cvetkovic ein starkes Debüt und sorgte sowohl für weitere Sicherheit im Abwehrzentrum, als auch für gute Aufbaumomente.

Rapid neutralisiert Linzer Schlüsselspieler

Zudem agierten auch die Außenverteidiger Schick und Auer sehr intensiv und nahmen die Zweikämpfe konsequent an. Auch das Mittelfeldzentrum mit Sattlberger und Kerschbaum präsentierte sich verbessert und zeigte in der ersten Halbzeit vor allem ein gutes Positionsspiel, mit dem der LASK nicht zurechtkam und das die Kreise von Nakamura und Zulj komplett eingrenzte. So war der aktivste LASK-Offensivspieler Moses Usor, was durch den Offensivdrang Auers begünstigt wurde – wie schon in der vergangenen Saison war aber das meiste, was der flinke Rechtsaußen zeigte, brotlose Kunst. Marin Ljubicic spielte zwischen den beiden „Lackeln“ in der Rapid-Innenverteidigung praktisch gar keine Rolle.

Grün-Weiß schaltet über die Flügel um

Interessant war aber auch Rapids Verhalten nach Ballgewinnen. Die Umschaltaktionen waren ausgesprochen direkt und hatten die beiden Flügel der Grün-Weißen als Ziel. Das Zentrum wurde im Umschaltspiel weitgehend umschifft – viel mehr suchte man „Longliner“, häufig von den Außenverteidigern auf ihre vorgelagerten Flügelstürmer. Damit wollte man auf der einen Seite die Schnelligkeit von Marco Grüll und Nicolas Kühn ausnutzen, was die Linzer auch tatsächlich immer wieder vor Probleme stellte.

Andererseits war es auch das Ziel, gewonnene Bälle nicht im Mittelfeld zu vertendeln. In der vergangenen Saison war etwa Kerschbaum immer ein gerne gesehenes Pressingopfer für die gegnerischen Zentrumsreihen. Um vor allem Michorl und Jovicic nicht in diese Pressingsituationen kommen zu lassen, wurde das Zentrum im Umschaltspiel und auch im Aufbau nun weitgehend umspielt und die Zentrumsspieler eher in höheren Zonen als mögliche Passoptionen positioniert. Das Resultat daraus war, dass Kerschbaum und Sattlberger nur in wenige Passaktionen kamen: Kerschbaum spielte 31 Pässe bei 74% Erfolg, Sattlberger sogar nur 23 bei 83% Erfolg. Und obwohl beide Spieler zahlreiche Zweikämpfe führten (zusammen 52), kamen sie nur selten in die Verlegenheit richtig angepresst zu werden.

Neuzugang Seidl bringt Rapid verdient in Führung

Rapid arbeitete also mit tiefen Umschaltmomenten an den Flügeln, phasenweise auch mit guten Spielverlagerungen und Diagonalpässen aus der Abwehr heraus. Einer dieser Diagonalpässe von Jonas Auer leitete auch das 1:0 für die Hütteldorfer ein. Eine sauber zu Ende gespielte Aktion wurde von Neuzugang Matthias Seidl abgeschlossen und Rapid führte verdient.

Ebendieser Matthias Seidl war ein wichtiges Zünglein an der Waage und einer der Mitgründe für die auch läuferischen Verbesserungen in Rapids Zentrum. Eine Position, die bei Rapid zuletzt auch eher statisch besetzt war, wurde plötzlich zu einem Aktivposten und Seidl wirkte, obwohl es erst seine zweite Partie für die Wiener war, sehr gut ins Spiel integriert und war ein wertvoller Akteur im gut funktionierenden Gegenpressing. Allgemein wies Rapid auch im Zentrum gute Pressingwerte auf, die besten zwischen der 16. und 30. Minute, wo der LASK durchschnittlich keine zwei Pässe bis zum nächsten Ballgewinn der Grün-Weißen vervollständigen konnte.

Deutliche Verbesserungen an der Fitness

Ebenfalls auffällig war die körperliche Konstitution Rapids: Die Spieler wirkten durch die Bank fitter, naheliegenderweise deutlich ausgeruhter als zum Ende der Vorsaison. Der LASK wurde bis zum Ende stark und hoch attackiert, Grüll und Kühn gingen an ihre Grenzen und sorgten mit Eins-gegen-Eins-Aktionen stets für Unruhe, aber auch die Außenverteidiger konnten ihre Gegner immer wieder gut ablaufen. Im Zentrum fand Rapid in manchen Situationen Geschwindigkeitsnachteile vor, machte dann aber die richtigen, taktischen Fouls, was auch zu den gelben Karten für Kerschbaum, Sattlberger und Kühn führte.

Mayulus Matchball „erpresst“

Die höhere Pressingintensität und die bessere Fitness zeigte sich speziell bei Rapids Matchball in der 90. Minute gut. Der Offensivverbund eroberte gemeinsam einen Ball im Spielaufbau des LASK. Im bisherigen Kalenderjahr hätte sich Rapid in dieser Situation eher zurückgezogen und versucht, die finalen Offensivbemühungen des Gegners tief zu verteidigen. Diesmal resultierte aber eine der zahlreichen Torchancen aus der Pressingaktion: Seidls Pass konnte der eingewechselte Mayulu in der Schlussminute aber nicht im Tor unterbringen.

xG-Werte sprachen klar für Grün-Weiß

Eine Aktion mit Folgen, denn so kam der LASK doch noch zum Ausgleich durch einen Luckeneder-Abstauber – resultierend aus einem Einwurf mit der letzten Aktion des Spiels. Diese eine Unachtsamkeit in Rapids Abwehr reichte dem LASK für einen Punkt, aber nicht weil die Gastgeber selbst so effizient waren, sondern weil Rapid zu diesem Zeitpunkt nicht bereits viel höher führte. Rapid verabsäumte es, den Sack zuzumachen und wurde bestraft. Bis zur letzten Aktion des Spiels lag der xG-Wert bei 0.84 : 2.50 zugunsten der Wiener. Der xG-Endstand war schließlich 1.27 : 2.50.

Punktuelle Veränderungen notwendig

Positionen mit Verbesserungspotential fand man bei Rapid dennoch. Im Zentrum zeigten Sattlberger und Seidl ausgezeichnete Ansätze und auch Kerschbaum spielte eine passable Partie. Allerdings sah man hier auch, dass ein echter Leader als Sechser/Achter-Hybrid die Abläufe, aber auch die beiden unroutinierten Nebenleuite noch deutlich verbessern könnte. Ein „Architekt“, der in diesem Raum das Pressing ansagt, wie es der erneut sehr aktive, aber glücklose Guido Burgstaller in der Offensive macht, würde die Zentralachse vor der starken Innenverteidigung weiter verstärken. Rapid ist bekanntlich aktiv auf der Suche nach einem solchen Spieler und es ist speziell nach diesem Spiel sehr spannend, für wen bzw. welchen Spielertyp sich Rapid hier entscheiden wird.

Mögliche Probleme in der Kaderbreite

Was ebenfalls auffiel war Barisic’ verhältnismäßig aktive Art zu coachen. Der sonst über die 90 Minuten eher lethargisch anmutende Rapid-Trainer war sehr präsent, passte sich seiner Mannschaft an. Zugleich hatte er für die Art des Spiels aber kaum Spieler auf der Bank, die prädestiniert für diese intensive Partie gewesen wären. In der Breite hat Rapid also nach wie vor Probleme und auch wenn der eine oder andere Schlüsselspieler ausfällt, könnte Grün-Weiß auch schon wieder anders aussehen.

So wechselte Barisic erst in der 83. Minute erstmalig. Oliver Strunz kam für Nicolas Kühn, fand aber nicht in die intensive Schlussphase, war nicht sofort auf Betriebstemperatur, was man auch in seiner Zweikampfführung sah: Von sieben gewann er nur einen. Der zweite Einwechsler Mayulu hatte am Ende das 2:0 auf dem Fuß und sah nach dem Schlusspfiff geknickt aus, dass er den Sack nicht zumachte. Natürlich einerseits eine Frage der Qualität und Kaltschnäuzigkeit, aber am französischen Youngster lag es natürlich nicht, dass Rapid am Ende nur einen Punkt entführte. Das einzige, was sich der vielgescholtene Barisic nach dem Spiel möglicherweise vorwerfen musste war, dass er nach Mayulus vergebener Chance keinen dritten Wechsel einschob, um wertvolle Sekunden von der Uhr zu nehmen. In diesem Fall wäre es möglicherweise nicht mehr zu dieser letzten Aktion des LASK gekommen…

Was kann Rapid als spielgestaltende Mannschaft?

Für Rapid geht es am kommenden Samstag mit dem Heimspiel gegen den SC Rheindorf Altach weiter. Hier wird man zu Hause auf eine Mannschaft treffen, die eine völlig andere Spielanlage als der LASK aufs Feld bringen wird. Die Spiele werden also nicht vergleichbar sein, aber es wird ausgesprochen interessant werden, wie die aktuelle Rapid-“Einserpanier“ damit zurechtkommen wird, das Spiel zu gestalten und offensiv weniger Räume vorzufinden.

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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