1:2 in Salzburg: Rapid und die kurzen, mannschaftlichen Blackouts
Bundesliga 8.Mai.2023 Daniel Mandl
Nach dem 1:2 gegen Salzburg am Sonntagabend ist Rapid nun bereits seit 19 Spielen gegen die Roten Bullen sieglos. Wie auch schon in der jüngeren Vergangenheit präsentierte sich Rapid gegen den Tabellenführer allerdings gut. Die offensichtlichen Qualitätsunterschiede machten allerdings am Ende – auch in grün-weißer Überzahl – den Unterschied aus.
Wie immer startete Rapid im 4-2-3-1 und Trainer Zoran Barisic überraschte auf zwei Positionen. Statt Martin Moormann spielte Kevin Wimmer als linker Innenverteidiger, im zentralen Mittelfeld begannen Kerschbaum und Oswald auf der Doppelsechs, während Aleksa Pejic nicht im Kader stand. Salzburg wiederum überraschte im Zentrum mit Dijon Kameri und Oscar Gloukh, mit denen man spielerische Lösungen gegen das ideenlose Rapid-Zentrum finden wollte.
Rapid startet mannschaftlich stark
Rapid kam insgesamt gut ins Spiel und schaffte es auch erstmalig nach längerer Zeit, mannschaftlich geschlossen zu pressen. Wie immer übernahm Burgstaller hier die Rolle des ersten Anläufers und „Dirigenten“ seines Umfelds. Der Unterschied war diesmal, dass auch die Außenverteidiger gut nachrückten und das Mittelfeldzentrum solide gestaffelt war, weshalb Salzburg immer wieder zu Fehlern gezwungen werden konnte.
Barisic lässt Bernardo bespielen
Auch in eigenem Ballbesitz oder bei Ballgewinnen im Zentrum, war recht schnell klar, worauf Rapid es anlegte. Während Salzburg typischerweise durchs Zentrum spielte, um dort die größten Schwachstellen Rapids bespielen zu können, versuchte Rapid auf die rechte Seite zu kommen, weil dort mit Bernardo wiederum die Salzburger Schwachstelle ausgemacht wurde. Eine Option, die sich aus mehreren Gründen als vielversprechend bewies. Nicht nur, weil Bernardo tatsächlich fehleranfällig wirkte und gegen den agilen Kühn ran musste, sondern auch, weil die Spieler am ballfernen Flügel, allen voran Grüll, dadurch immer wieder einrücken und das Zentrum ein wenig überladen konnten.
Speziell in der ersten Viertelstunde verlief das Spiel dadurch äußerst offen und die Vorteile lagen eher auf Seiten der Gäste. Bei einem Schuss von Patrick Greil hatte Salzburg Glück und durfte sich auch bei Schlussmann Köhn bedanken, nicht in Rückstand geraten zu sein. Es wäre eigentlich ein gutes Beispiel dafür gewesen, wie Rapid als qualitativ unterlegene Mannschaft, einen stärkeren Gegner bespielen sollte. Doch eine Fehlerkette bzw. mangelnder Fokus sorgten dafür, dass Salzburg ohne große Gegenwehr in Führung gehen konnte.
Burgstallers Körpersprache vor dem 0:1
Eigentlich war Rapid im Angriff und Oswald versuchte von der Strafraumgrenze abzuschließen, traf dort jedoch einen Salzburg-Spieler. Oswald versuchte nach dem missglückten Abschluss sofort hinter den Ball zu kommen und schaffte dies auch, aber mit Schick, Greil, Kühn und Grüll schalteten gleich vier Rapid-Spieler nicht um und zu allem Überfluss umspielte Salzburg auch noch den zentral positionierten Rapid-Kapitän Burgstaller, indem man den Konter über links vortrug.
Als Oscar Gloukh den Ball ins letzte Drittel auf den späteren Assistgeber Nicolás Capaldo spielte, drehte sich Burgstaller sogar noch nach vorne um und beschwerte sich offensichtlich darüber, wieso außer Oswald, mittlerweile von Gloukh überspielt, niemand defensiv umschaltete.
Als Torschütze Koita schließlich an der Strafraumgrenze an den Ball kam, wusste Burgstaller offenbar bereits, was folgte und griff sich nur noch an den Kopf, während er auch selbst in keine Defensivaktion mehr kam:
Die Körpersprache des umsichtigen Rapid-Kapitäns sprach Bände. 17 Minuten lang hatte Rapid sehr gut mitgehalten, die Salzburger vor Probleme gestellt und war auch selbst gefährlich geworden. Danach war die Hälfte der Mannschaft in einer einzelnen Situation zu bequem, verabsäumte auch (wieder) ein taktisches Foul und Salzburg ging aufgrund einer einzelnen, schnörkellosen Aktion, in der man die individuelle Klasse locker ausspielen konnte, in Führung.
Alternativ ist aber auch möglich, dass Burgstallers Griff an den eigenen Kopf die Folge eines nichtgeahndeten Fouls von Pavlovic, oder Fassungslosigkeit über den schwachen Schiedsrichter Schüttengruber war.
Rapid kommt noch einmal auf – und gibt das Spiel aus der Hand
Rapid steckte aber danach nicht auf und kam unmittelbar nach Koitas Treffer zu einem Stangenschuss von Jonas Auer, ehe Salzburg schließlich stärker und im Kombinationsspiel griffiger wurde. Nun nahmen die Bullen das Heft in die Hand und Rapid wurde praktisch nicht mehr gefährlich.
Das 0:2 war erneut eine Verkettung von bekannten Problemen bei Rapid. Nachdem Auer eine ungefährliche Flanke der Salzburger per Kopf zur Mitte klärte, bekamen die Hausherren im Achterraum absolut keinen Gegnerdruck und konnten im Zentrum mit einfachsten Mitteln Dijon Kameri in Szene setzen. Der lupfte den Ball schön hinter die Rapid-Abwehr, womit die grün-weiße Hintermannschaft auch schon im Cup-Finale so ihre Probleme hatte. Wimmer agierte aufgrund der Elfmetergefahr zu zögerlich und Koita schnappte sich den Schnittball. Salzburg führte 2:0 und die Sache schien gegessen zu sein. Wieder einmal hatte ein Gegner Rapids Schwächen bei hohen, tempierten (sodass Hedl nicht direkt eingreifen konnte) Bällen hinter die Innenverteidiger erfolgreich bespielt.
Schwacher Schiedsrichter macht’s nochmal spannend
Rapid wurde aber noch einmal vom schwachen Schiedsrichter Schüttengruber ins Spiel zurückgeholt. Zunächst erhielten die Grün-Weißen einen harten Elfmeter, nachdem der Schiedsrichter zwei Aktionen, die eher Strafstöße für Rapid hätten sein müssen, in Zusammenarbeit mit dem VAR zuvor schon als regulär bewertete. Den „matschgernden“ Capaldo schloss Schüttengruber zudem aus und so stand es innerhalb einer Minute nur noch 1:2 und Salzburg war plötzlich in Unterzahl.
Jaissle beschäftigt Rapid weiter
Matthias Jaissle wusste allerdings, dass Rapid, wenn die gesamte Mannschaft höher schiebt, um doch noch ein Tor zu erzwingen, Probleme im defensiven Umschaltspiel – speziell im Zentrum – bekommen würde und stellte nicht auf ein 4-4-1, sondern auf ein 4-3-2 um. Eine Variante, die man nur dann spielen sollte, wenn man vom Mittelfeld des Gegners nicht unbedingt überzeugt ist und weiterhin ein relativ offensives Pressing durchziehen möchte. Und tatsächlich war die Variante, die Jaissle erst fünf Minuten vor Schluss doch noch auf ein 4-4-1 änderte, um lange Bälle etwas besser verteidigen zu können, durchaus erfolgreich und Salzburg war in der Schlussphase in Unterzahl gefährlicher, als Rapid mit elf Mann.
Rapid solide, aber ohne Durchschlagskraft und Überraschungsmomenten
Gegen die enorm körperliche Salzburger Innenverteidigung war es für Rapid sehr schwierig, weite Bälle richtig weiterzuverarbeiten. Burgstaller rieb sich gegen Pavlovic auf, verlangte dem Serben auch alles ab, aber die Laufwege und auch der Kampf um die zweiten Bälle war brotlos. Rapid spielte grundsätzlich weiterhin nicht schlecht, kämpfte sehr beherzt, gewann auch viele Bälle und hielt den PPDA-Wert niedrig – aber in die neuralgischen Zonen und gute Abschlusspositionen kam man nicht.
Die Brechstangentaktik kann grundsätzlich aufgehen und ein Lucky Punch ist natürlich immer drin. Aber unterm Strich stand eine Schlussphase in Überzahl, in der Rapid schlichtweg die Ideen und auch die Durchschlagskraft fehlten und in der man durch die 4-3-2-Ausrichtung der Salzburger auch immer wieder Restabsicherung schaffen musste, anstatt mit Mann und Maus anzustürmen, wie es vielleicht gegen kleinere Gegner möglich gewesen wäre.
Gute Rapid-Leistung mit zu vielen Leerläufen und Unkonzentriertheiten
So stand am Ende eine gute kämpferische Leistung Rapids mit einigen Nadelstichen in der ersten Halbzeit, eine neuerlich sehr fragwürdige Leistung von Schiedsrichter Schüttengruber (auch in kleinen Dingen) und eine abgebrühte Salzburger Mannschaft, die zwei typische Rapid-Unachtsamkeiten ausnützte und häufig nur an einem überragenden Rapid-Schlussmann Hedl scheiterte. Grundsätzlich also wieder ein Spiel fürs grün-weiße Selbstvertrauen, nur „kaufen“ kann man sich darum nichts. Den Qualitätsunterschied kompensierte man durchaus gut mit mannschaftlich geschlossenem Auftreten – nur in den zwei entscheidenden Szenen eben nicht. Würde Rapid die Intensität der ersten 17 Minuten aber auch mal für einen längeren Zeitraum aufrechterhalten, wäre auch gegen die „Großen“, zu denen Rapid heuer nicht zählt, mal wieder was drin…
Daniel Mandl, abseits.at
Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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