2:2 statt Kantersieg: Rapid gibt Konterchancen und Sieg gegen den WAC aus der Hand
Bundesliga 10.April.2016 Daniel Mandl 0
In den ersten zwei Dritteln der laufenden Saison geizte Rapid mit Unentschieden. Dies ist auch der Grund dafür, wieso man heute mit zehn Saisonniederlagen noch immer auf dem zweiten Platz stehen kann. In den letzten fünf Runden remisierte Rapid dreimal, hält damit nun bei vier Punkteteilungen in der Saison 2015/16. Das hätte diesmal natürlich nicht passieren dürfen.
Seit fünf Spielen ist Rapid sieglos. Für Zoran Barisic ist dies keine ungewöhnliche Situation, denn seit er im April 2013 Rapid-Trainer wurde, ist es bereits das vierte Mal, dass Rapid zumindest fünf Pflichtspiele in Folge nicht gewann. Oberflächlich betrachtet geht die neuerliche Unserie allerdings auf die Kappe seiner Mannschaft, denn die Art und Weise wie Rapid in Wolfsberg konterte, lässt zwangsläufig die erst letztens von Andreas Müller gebrauchten Worte „arrogant“ und „hochnäsig“ neu aufflammen. Oder aber „ängstlich“ – je nachdem, wie man’s sehen will.
Gute Variante mit Tomi als Neuner
Alles der Reihe nach: Zoran Barisic entschied sich für das Auswärtsspiel beim WAC für Tomi anstelle von Matej Jelic als Solospitze. Auch wenn Tomi, der vor der Saison aus Grödig kam, immer wieder als potentieller Fehlkauf abgestempelt wird, bewies er auch beim Auswärtsspiel in Kärnten seine Vielseitigkeit. Zwar nahm er nur peripher am Spiel Rapids teil, jedoch erwies sich der Spanier phasenweise als besserer Prellbock als Jelic. Tomis Physis und Körpersprache (Dinge, die Jelic vermissen lässt) waren in Ordnung, in Kopfballduellen zeigte er seine Abgebrühtheit und Präsenz. Schließlich belohnte er sich mit seinem dritten Pflichtspieltor für Rapid und hatte die Chance auf weitere Treffer, wobei ihm seine mangelnde Schnelligkeit im Weg war. Seine gezielten Anlaufbewegungen stellten die gegnerische Abwehr aber immer wieder vor Probleme.
Locken des Gegners und mehr Vertikalität im Mittelfeld
Barisic versuchte in diesem Spiel den ihm oft abgesprochenen Plan B zu praktizieren und versuchte den WAC herauszulocken. Rapid stand anfänglich etwas zu tief, allerdings wurde die richtige Höhe schon bald gefunden. Man vermied es aber, sich am Sechzehner des Gegners festzusetzen und diesem somit die Chance auf schnelle Gegenstöße zu geben. Eigentlich hätten die Hütteldorfer schon in der ersten Halbzeit alles klar machen können. Chancen für drei, vier, fünf Tore waren da. Dies bewerkstelligte Rapid mit einer deutlich direkteren Spielweise, als in den letzten Wochen und Monaten üblich. Das zentrale Mittelfeld Rapids legte eine wesentlich höhere Vertikalität an den Tag, versuchte also viel häufiger in die Tiefe, weniger in die Breite zu spielen.
Untypische Rapid-Statistiken
Dadurch gab Rapid zwei Statistiken aus der Hand: Der WAC hatte mehr Ballbesitz und die Hütteldorfer spielten viel mehr Fehlpässe als sonst. Allerdings war die Qualität der erfolgreichen Pässe im Schnitt höher, wodurch Rapid gefährlicher wurde und sich dadurch mehr Torschüsse erarbeitete. Christopher Dibon und Srdjan Grahovac waren die einzigen Spieler mit einer Passquote oberhalb der 80%-Marke. Kapitän Steffen Hofmann brachte in der gegnerischen Hälfte beispielsweise nur jeden zweiten Ball an den Mann, jedoch waren die erfolgreichen Zuspiele zumeist gute Verlagerungen.
Mit vergebenen Konterchancen den Sieg verschenkt
Zur Halbzeit wirkte die Situation für Grün-Weiß sehr relaxed – man hatte den WAC im Griff und hatte den Eindruck, als wäre das dritte und allesentscheidende Tor nur eine Frage der Zeit. Kaum jemand hätte auch nur einen Heller auf ein Comeback der sonst schwer zu bespielenden Lavanttaler gesetzt. Trotzdem schaffte es Rapid tatsächlich, die Kärntner ins Spiel zurückkommen zu lassen. Ein Lattenkopfball von Jelic, der stümperhafte Nachschuss von Schaub und weitere hundertprozentige Torchancen nach Kontern wurden vergeben (Alar, Kainz, Jelic). Dass Rapid nach einem Foul an Alar ein Elfmeter vorenthalten wurde, ist für die Hütteldorfer zwar bitter, wurde aber angesichts der katastrophal zu Ende gespielten Konter nicht als Ausrede herangezogen.
Wolfsberg holt 2:2 – und weiß im Grunde nicht wie…
In den letzten zehn Spielminuten gelangen dem Wolfsberger AC noch zwei Treffer und damit ein Punktgewinn. Und das in einem Spiel, das eigentlich mit einem Kantersieg des SK Rapid enden hätte müssen. Rapid machte vieles richtig, ging mit der richtigen Grundausrichtung in das Spiel, verabsäumte es aber in der zweiten Halbzeit einerseits eine der vielen Torchancen zu verwerten und andererseits noch mehr Bälle zu sichern, um mehr Kontrolle über das Spiel zu bekommen.
Keine Vorwürfe, aber ein Spiegelbild für die Mentalität
Zoran Barisic und seinem Trainerteam kann man kaum einen Vorwurf machen. Die Wechsel waren Geschmackssache (vor allem die relativ frühe Einwechslung von Deni Alar), die Ausrichtung passte und man hatte den Eindruck, dass auch Barisic selbst aktiver war als in den Spielen zuvor. Es bleibt jedoch dabei, dass Rapid ein Mentalitätsproblem hat. Einer Mannschaft mit unbändiger Siegermentalität kann ein derartiger Fauxpas nicht passieren. Die Konter in der Schlussphase standen sinnbildlich für die derzeit ängstlichen Rapid-Offensivspieler, denen die Selbstverständlichkeit in ihrem Spiel fehlt. Fazit: Das wohl bitterste und unverdienteste Remis der letzten Jahre, aber dennoch ein Spiegelbild für die allgemeinen Probleme in Grün-Weiß.
Daniel Mandl, abseits.at
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Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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