3:1 über Ried: Austria mit passsicherer Zentrale und besseren Abschlüssen
Bundesliga 5.Mai.2013 Rene Maric 0
Die Austria büßte in den letzten Wochen etwas von ihrem Vorsprung auf den Zweitplatzierten Red Bull Salzburg ein. Gegen die SV Ried wäre somit ein Sieg enorm wichtig, um die heiße Schlussphase der Meisterschaft möglichst abzukühlen. Doch die Rieder sind seit Jahren als Favoritenschreck bekannt, die insbesondere als hervorragend im Umschaltspiel gelten. Allerdings schlug sich die Austria sehr gut und konnte einen „psychologisch wichtigen Treffer“ erzielen.
Ein Tor in der vierten Minute
Oft wird in den Medien von einem „psychologisch günstigen“ bzw. „- ungünstigen“ Treffer berichtet. Meistens fallen diese vor der Halbzeitpause – was nicht allzu viel Sinn ergibt. In der Halbzeitpause ist eine Motivation der Spieler ebenso einfach und kollektiv möglich, wie eine taktische Anpassung, falls der Trainer denn kompetent genug dafür ist. Die psychologische Ungünstigkeit eines solchen Treffers darf man rational in Frage stellen. Allerdings ist die Idee als solche interessant: nämlich aus taktikpsychologischer Sicht.
Die Rieder spielten in den wenigen Minuten vor dem Treffer extrem aggressiv und dominant auf. Sie pressten hoch und wirkten perfekt eingestellt: Die Austria hatte zwar Anstoß, doch nur 40 Sekunden später gab es den ersten Torschuss für die Gäste aus Oberösterreich. Nach der 4. Minute war diese Spielweise aber deutlich riskanter; die Austria konnte theoretisch mit dieser Führung im Rücken den Ball zirkulieren lassen, viele Befreiungsschläge nutzen und dabei nur vorsichtig aufrücken. Diese Berücksichtigung der Stabilität wäre bei einem Stand von 0:0 nicht möglich gewesen. Nichtsdestotrotz machten die Rieder ihre Sache gut.
Ried im 4-2-3-1
Michael Angerschmid hatte für dieses Spiel die Formation etwas umgestellt. Man begann mit einer Viererkette, in der Schicker und Hinum die Außenverteidigerpositionen übernahmen, während Meilinger und Walch über die Flügel als offensive Außenstürmer kamen. Wieso stellten die Rieder um? Neben personellen Gründen können natürlich auch taktische Überlegungen eine Rolle gespielt haben.
Die Austria ist eine der wenigen Mannschaften, die in der österreichischen Bundesliga ein klar erkennbares 4-3-3 in der offensiven Rollenverteilung spielt. Jun und Gorgon kommen gut über die Flügel nach innen, spielen oftmals etwas asymmetrisch und es gibt offensivstarke Außenverteidiger. Zum Beispiel natürlich Linksverteidiger Suttner, der die meisten Ballkontakte in der Bundesliga sein Eigen nennen darf. Wichtig war aber wohl die passstarke Zentrale der Austria.
Die Veilchen hatten mit Grünwald, Mader und Holland drei passstarke Spieler, die sich frei innerhalb des Mittelfelds bewegen konnten. Mit dem 4-2-3-1 hatte die SV Ried gegen diese Akteure mehr Spieler im Zentrum und wurden hier nicht einfach „ausgespielt“. Bei einem 3-3-3-1 gibt es eigentlich nur zwei Spieler in der Mitte: Den Sechser vor der Abwehr und den hängenden Stürmer. Theoretisch könnte eine Dreierreihe enger spielen, doch die Austria ist über die Flügel so intelligent und stark in der Bewegung, dass sie diese Spieler durch einrückende Außenstürmer neutralisieren würde. Letztlich war das 4-2-3-1 eine gute Wahl von Angerschmid, insbesondere weil das Pressing dadurch besser gespielt werden konnte.
Das Rieder Pressing
Wie erwähnt waren die Gäste im Pressing phasenweise extrem stark. Sie pressten nominell zwar in einem 4-2-3-1, in dem der hängende Stürmer nach vorne aufrücken sollte, doch dies erfolgte nur situativ. Sehr oft wurden die Innenverteidiger in Ruhe gelassen und man positionierte sich in einem 4-2-4-0-artigen System. Damit konnten die gegnerischen Außenverteidiger ebenso versperrt werden, wie das defensive Mittelfeld. Die Innenverteidiger der Austria wurden dadurch oft zu langen Bällen gezwungen, wo die Rieder oftmals stärker bei den zweiten Bällen war und schnell kontern konnten.
Das Spiel wurde aber etwas chaotisch, weil die Rieder gegen die gut abgesicherten und dagegenhaltenden Austrianer einige Bälle verloren und zu Gegenkontern einluden. Dadurch waren oftmals beide Formationen relativ offen mit vielen situativen Engen im Gegenpressing und im Spiel gegen die zweiten Bälle. Lange Zeit verteidigten die Rieder aber hervorragend.
Hosiner wurde mannorientiert verfolgt und konnte sich selten unbedrängt zum Tor drehen. Das Mittelfeld der Gastgeber musste viele Bälle zurück oder lang spielen, bei Rückpässen starteten die Rieder hin und wieder ein 4-4-2/4-2-3-1-Angriffspressing und übten viel Druck aus. Letztlich war dies aber gegen die Austria nicht genug.
Ein (knapp) verdienter Sieg für die Austria
Die Gastgeber konnten am Ende einen klaren 3:1-Sieg feiern. Dabei nutzte dieAustria ihre üblichen Stärken. Sie waren gut in der defensiven Absicherung, sie waren sehr gut im Umschaltspiel und auch in der offensiven Bewegung zeigten sie sich trotz der guten Rieder Spielweise eines Meisterschaftsanwärters angemessen.
Philipp Hosiner traf beim frühen 1:0 auch dank seines Torinstinkts, beim zweiten Tor war es dann ein schöner Pass von Jun durch die Schnittstelle gegen eine hoch aufgerückte Rieder Abwehr. Doch auch hier war Hosiner hervorragend in den klassischen Fähigkeit eines Mittelstürmers: Er erkannte den offenen Raum, sah die Schnittstelle und startete perfekt in jenem Moment, als Jun die Möglichkeit zum Abspiel hatte. Die Verwertung des Angriffs war dann ebenfalls technisch hervorragend.
Defensiv stand die Austria souverän und ließ zwar ein paar Chancen zu, doch diese konnte der gut aufgelegte Lindner, einmal mit einer Weltklasseparade, entschärfen. Gartlers Ausweichen auf die Flügel wurde gut verfolgt und auch Suttner zeigte sich im defensiven Stellungsspiel gut, offensiv formierte man sich zumeist in einem 4-1-4-1 und neutralisierte die berüchtigten Rieder Flügelangriffe zu weiten Teilen.
Fazit
Es war eine überraschend gute und auch offene Partie. Die Gäste aus Oberösterreich pressten hoch, aggressiv und taktisch intelligent. Ihre Umstellung auf ein 4-2-3-1 war passend, auch wenn es im Nachhinein das Ergebnis anders suggeriert. Die Austria hatte gar nur einen einzigen Torschuss mehr. Allerdings waren sie im Verwerten von Chancen stärker und auch im Herausspielen besser. Besonders Hosiner zeigte wieder in Ansätzen seine Klasse, obwohl die Austria wohl öfter zu langen Pässen greifen musste, als es ihnen lieb war.
Rene Maric, abseits.at
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