4:0 beim Tabellenführer: Taktisch stark eingestellter WAC schockt die Wiener Austria
Bundesliga 8.April.2013 Rene Maric 0
Die Wiener Austria zieht an der Tabellenspitze einsam ihre Kreise. Langsam und sicher bewegt sie sich Richtung Meisterschaft – das Heimspiel gegen den WAC sollte eine der letzten Partien auf diesem Weg sein. Doch die Überraschungsmannschaft der Rückrunde aus Wolfsberg hatte etwas dagegen – mit einer taktisch disziplinierten Leistung des Kollektivs zwangen sie die Austria in die Knie. Dabei war es kein Arbeitssieg, sondern ein souveräner 4:0-Sieg in der Fremde.
Austrias Defensivformation
Die Veilchen pressten wie üblich im 4-1-4-1/4-3-3-Pressing. Dabei ging immer wieder einer der Flügelstürmer nach vorne und wurde somit zu einem zweiten Stürmer. Die Austria wollte also wieder stabil stehen und im Mittelfeld wenig zulassen. Insbesondere durch die minimal tiefere Positionierung der beiden Flügelstürmer wollten sie die Breitenstaffelung verbessern und stärker gegen die gefährlichen Flügelstürmer des WAC vorgehen.
In einem 4-1-4-1 gibt es allerdings immer gewisse Probleme. Einerseits sind die Halbräume offen und der Sechser hinter den beiden Achtern muss sich enorm intelligent und passend bewegen. Tut er dies nicht, wird es problematisch. Dabei ist das natürlich nicht so einfach, wie es klingt – oftmals muss er sich zwischen zwei Gegnern um ihn herum entscheiden und gleichzeitig auf die Bewegung seiner Vordermänner achten. James Holland erfüllte seine Rolle also eigentlich ganz gut, auch wenn er immer wieder gewisse Probleme im Pressing hatte.
Wie der WAC es bespielte
Der WAC bespielte nämlich die Halbräume enorm gut und intelligent. Meistens überluden sie die Flanken dynamisch und spielten mit einem Kontakt schnelle Pässe in die offenen Halbräume. Sobald Holland und der ballnahe Achter Zugriff wollten, ging der Ball in die Mitte oder auf den Flügel. Der frühe Rückstand hatte natürlich auch schwerwiegende Auswirkungen auf die Austria; der WAC musste ja nicht unbedingt durchkommen, weil sie schon führten und dadurch stabiler standen.
Das Tor selbst fiel nach einem katastrophalen Fehlpass bei einem benötigten Seitenwechselversuch; der WAC rückte auf, spielte eine Flanke über die offene Seite und erzielte das in diesem Fall spielentscheidende erste Tor. Auch das zweite Tor resultierte aus einer Flanke. Der stark aufspielende Baldauf ging nach vorne und spielte den Ball auf den ballfernen Flügel, wie es schon zuvor beim ersten Tor geschah. Hier konnten die einrückenden Flügelstürmer wieder mit Dynamik zum Ball gehen und ihren jeweiligen Gegenspieler einfach überlaufen.
Dazu passend ein Auszug aus dem Spiel des WAC gegen Wacker Innsbruck, der die Flexibilität der Mannschaft zeigt:
„Der WAC nutzte dies aus und profitierte dabei zusätzlich von ihren Stärken; dem Einrücken der ballnahen Flügelstürmer, während der ballferne breit bleibt. Sie konnten dadurch interessante Dynamiken erzeugen und waren auch über Seitenwechsel oder Dribblings gefährlich. Auch die Außenverteidiger und die defensive Stabilität nach Ballverlusten profitierten davon.
Nicht von ungefähr waren die Flügelstürmer an jedem Tor beteiligt und ein Außenverteidiger ebenfalls.“
Auch in diesem Spiel wurden die jeweiligen Stärken der Außenverteidiger und Flügelstürmer genutzt, aber weil ein spielerisches Durchkommen mit Pärchenbildungen gegen die Austria nicht möglich ist, wurde die Gruppentaktik etwas angepasst. Jetzt rückte der ballferne Flügel ein und machte die Flanken gefährlicher; was letztlich ausschlaggebend für den Sieg war.
Defensiv standen die Gäste ebenfalls gut. Ihr 4-1-4-1 wurde immer wieder zu einem 4-4-1-1, um die Halbräume zu verschließen. Im Gegensatz zur Austria hatten sie also keine offenen Halbräume und konnten kompakter stehen. Der Zwischenlinienraum war insbesondere nach dem zweiten Tor des WAC fast inexistent, weil sie sich aufs Defensivspiel und vereinzelte Konter konzentrieren konnten. Der WAC verschob also manchmal im 4-1-4-1 und manchmal im 4-4-1-1 hin und her, Letzteres wurde dabei zwischen dem 2:0 und der Mitte der 2. Halbzeit am öftesten genutzt. Dabei hatte einer der zentralen Akteure eine wichtige Rolle inne.
Liendls Rolle
Michael Liendl spielte als höherer Achter und ging im Pressing manchmal sogar nach vorne neben Mittelstürmer Topcagic. Seine Rolle war ungemein interessant und wichtig für den WAC. Indem Liendl nach vorne ging beziehungsweise dort blieb, konnte der WAC nicht nur das 4-4-2 herstellen, sondern nutzte Liendl auch im offensiven Umschaltspiel bewusst. Der ehemalige Austrianer agierte nämlich als Umschalt- und Verbindungsspieler, der das Gegenpressing der Veilchen nach Ballgewinnen des WAC auflösen sollte.
Liendl ist dabei ein Spielertyp wie Florian Mader, der bei der Austria nicht auflief. Er kann lange Bälle aus Drucksituationen spielen und diese damit auflösen. Außerdem kann er sehr gut schnelle Verbindungen nach vorne mit seinem weitreichenden Passspiel schaffen und Konter einleiten. Nicht umsonst war er von Defensivaufgaben in der Tiefe oft verschont und hatte bei den Kärntnern die meisten Ballkontakte.
Peter Stögers Anpassungen
Zur Halbzeit reagierte der Austria-Trainer und veränderte seine Mannschaft. In gewisser Weise stellte er auf ein 4-4-2 um – mit sehr offensiver Verteilung. Vorne sollte Kienast als Wandspieler und Abnehmer für Flanken fungieren. Hosiners Spielintelligenz wurde genutzt, indem sich der Torschützenlisteführende immer wieder auf die Flügel orientierte und sich dort als Anspielstation anbot.
Jun rückte zusätzlich immer wieder von links in die Mitte und öffnete Räume für Suttner. Bereits im 4-3-3 der ersten Halbzeit wurde dies praktiziert, doch Suttner war deswegen oftmals isoliert und die defensiven Mannorientierungen des WAC auf Hosiner und Co. taten ihr Übriges.
Wie in der Grafik zu sehen ist, ließ der WAC situativ große Schnittstellen zu, presste dann aber gut, hatte taktisch ordentliche Bewegungen der Mittelfeldspieler und ließ sich auf keine verfrühten Zweikämpfe ein. Damit hatte die Austria Probleme, welche Stöger mit den schon erwähnten Änderungen verändern wollte.
Fazit
Wirklich positive Effekte hatte das alles also nicht. Die Austria war zwar nach wie vor dominant im Ballbesitz, aber hatte schlicht keinen Zugriff auf den Zwischenlinienraum und wurde auf die Seiten abgedrängt. Der eingewechselte Rechtsaußen Spiridinovic war dabei noch am überzeugendsten. Die Problematik des ineffektiven Raumes, den die Austria bespielte, zeigte sich auch in der Statistik. Man hatte mehr Abschlüsse als der WAC (12:8), aber beim WAC kam viel mehr aufs Tor (3:7).
Die Chancenverwertung der Austria war nicht das Einzige, was nicht klappte – auch das Herausspielen qualitativer Chancen war partout nicht gegeben.
Rene Maric, abseits.at
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