In der Partie zwischen der SV Ried und Admira Wacker Mödling trafen zwei umschaltstarke Mannschaften aufeinander. Zumindest war die Admira eine, bevor ihre Leistungsträger bis zum vergangenen Winter abwanderten. Aktuell scheint die Admira abzustürzen; bei einer Niederlage würden sie auf den vorletzten Platz abrutschen. Die SV Ried hingegen scheint nach einem Durchhänger langsam wieder zu alter Stärke zurückzukehren. In dieser Partie setzten sich die jeweiligen Trends fort, auch wenn der Sieg für die Rieder zu hoch ausfiel.
Vom 4-4-2 und offensiven Sechsern
Wie bereits mehrmals in vorherigen Analysen erläutert, gibt es bei der 4-4-2-Formation ein grundlegendes Problem: Die Verbindung des Mittelfelds nach vorne. Hier gibt es formativ gesehen ein Loch, welches sich auch mit gruppentaktischen Dynamiken nur schwierig füllen lässt. Sturm-Trainer Peter Hyballa lässt sich meistens mehrere Kniffe einfallen. Er spielt mit einrückenden Flügelstürmern, zurückfallenden Mittelstürmern und zumeist einem aufrückenden Sechser.
Bei der Admira sind es sehr oft beide Sechser, die das machen. Trainer Dietmar Kühbauer hat mit seinem 4-4-2 zwei eher diagonale Flügelstürmer, nutzt die Stürmer als Kombinationspartner und die Außenverteidiger bilden Pärchen mit den Außenstürmern. Dadurch hat er keine Spieler frei, falls er das System nicht ändern möchte. Um mehr Druck zu entfachen, insbesondere nach dem Abgang von Philipp Hosiner, besetzt er die Sechserpositionen öfters mit zwei offensiven Spielertypen.
Dadurch entstehen aber Probleme. Weil die beiden Sechser oder zumindest einer konstant nach vorne gehen und das Offensivspiel unterstützen sollen, ist Admira anfällig bei Ballverlusten. Dies ist insbesondere der Fall, wenn sie nach Ballgewinnen ins Konterspiel umschalten und währenddessen den Ball verlieren.
Dies war beim 1:0 für Ried der Fall. Ziegl verlor den Ball, konnte aber seinen Gegenspieler später stellen und zu einem Fehlpass zwingen. Dadurch konnte Ried kontern und fand insbesondere in der Mitte Räume
Es ist gar nicht das Schlimmste, dass Zulj den Pass auf Meilinger in einen viel zu offenen Raum spielen kann. Es ist nicht einmal wirklich schlimm, dass Zulj ziemlich einfach von der Seite nach innen ziehen konnte, um diesen Lochpass durchzustecken. Das Fatale ist eher die Ausgangssituation als solche. Vier Ried-Spieler spielen gegen vier Admiraner, die zuvor noch aufgefächert waren. Der Zwischenlinienraum ist so frei, dass Zulj selbst nachdem er in die Mitte zog, noch immer nicht von den zurückeilenden Sechsern bedrängt wurde.
Dadurch reicht ihm ein sehr einfacher Haken, um sich in einer gefährlichen Position freizuspielen und dann hatte er gar eine Gleichzahlsituation vor sich, in die er sich den Pass aussuchen konnte. Eine hohe Abwehrkette muss immer mit einem gewissen Druck auf den Ballführenden, einer ordentlichen Staffelung, situationsadäquater Absicherung und natürlich möglichst engen Schnittstellen verschlossen sein. Bei der Admira war dies in dieser Situation schlichtweg nicht der Fall.
Fatal, fataler, am fatalsten – die Grundsituation als solche
Gegen eine Mannschaft auf höherem Niveau hätten sie den tödlichen Pass sogar noch früher und gefährlicher kassiert. Hier sehen wir die Ausgangssituation ein paar Sekunden zuvor:
Wegen einem kollektiven individuellen Fehlverhalten entstand eine fast absurde Situation. Die Innenverteidiger orientieren sich falsch, der Außenspieler steht außerdem gänzlich ohne Bindung zur restlichen Abwehrkette falsch und hebt dadurch das Abseits auf. Eine einfache, blindgespielte Weiterleitung hätte Gartler dermaßen freigespielt, dass dieser auf dem Weg zum Tor ohne Sprint und mit höchster Konzentration auf den Abschluss zum Torerfolg hätte kommen können.
Der Kommentator des Spiels sprach auch davon, dass Ried effizienter war –immerhin hatte die Admira ja auch fast doppelt so viele Abschlüsse und einige Torschüsse mehr, also wäre ein Sieg doch verdient gewesen? Dies stimmt nicht ganz. Natürlich sind die Torschüsse oftmals ein Indikator, wer denn wirklich konstant besser beziehungsweise zumindest gefährlicher war. In dieser Partie ist das Ergebnis aber passender, weil sich die Rieder einfach nicht so individuell wie kollektiv schlecht im Abwehrverhalten präsentierten.
Wenn eine Mannschaft mehr Abschlüsse zulässt, diese aber aus ungünstigen Situationen, unter Druck oder Bedrängnis kommen, hat sie oftmals den besseren Plan – in der deutschen Bundesliga können die Gegner Borussia Mönchengladbachs ein Lied davon singen. Gleichzeitig kamen die einzigen Hochkaräter in der Schlussphase, als die Rieder ohnehin als Sieger feststanden und die Schlussphase zu zehnt bestritten.
Das schlechte Linienspiel der Admira und individuelles Fehlverhalten sah man insbesondere an Innenverteidiger Schösswendter, der einige Male das Abseits aufhob und danach auch den Zweikampf verlor; in dieser Szene leitete er durch seine Stellung und schwaches individuelles Verhalten gegen Meilinger den nächsten Treffer ein. Allerdings wäre es falsch, die Niederlage auf Schösswendter abzuwälzen. Er war nur ein Teil einer Fehlerkette und sein (Fehl-)Verhalten liegt auch in der österreichischen Fußballschule begründet, die in taktischen und gruppentaktischen Aspekten dem großen Nachbarn oder auch Ländern wie der Niederlande klar nachhinkt.
Wenn dann einzelne junge Spieler in ihren Anfangsjahren gegen einen intelligent agierenden Gegner die Übersicht verlieren, ist das kein unmittelbarer fehlender Qualitätsnachweis, sondern nur eine logische Konsequenz vorheriger Verfehlungen, die mit „mehr Erfahrung“ weggemacht werden.
Ein Fazit und ein kurzer Blick auf Ried
Die Rieder gewannen 4:1 und stellten auf ihr 3-3-3-1-System um. Zulj als zentraler hängender Stürmer wich oft auf die Flügel aus, Meilinger und Walch rückten herein oder machten das Spiel situativ breit. Hinten gab es mit drei Akteuren immer eine Absicherung gegen die potenziell konterstarken Admiraner und Ried konnte mit Flügelüberladungen schnell aufrücken, wenn sie selbst den Ball erhielten. Ziegl organisierte die Mitte und Gartler bewegte sich in seiner üblichen Rolle als Raumöffner.
Letztlich war es diese Summe intelligenter Anpassungen und Bewegungen, welche der Admira ihr Abwehrverhalten entscheidend erschwerte. Meilingers Dribbelkünste und die effiziente Chancenverwertung waren eher Symptom, als Ursache der klaren Niederlage für die Gäste.
Rene Maric, abseits.at
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