Elf Punkte Rückstand auf den SC Wiener Neustadt, plus schlechtere Tordifferenz: Für den Kapfenberger SV 1919 ist die Ausgangssituation vor dem letzten Meisterschaftsviertel dieselbe... Abstieg praktisch nicht mehr abzuwenden: Brutale Kapfenberger nur 1:1 gegen Mattersburg!

Elf Punkte Rückstand auf den SC Wiener Neustadt, plus schlechtere Tordifferenz: Für den Kapfenberger SV 1919 ist die Ausgangssituation vor dem letzten Meisterschaftsviertel dieselbe wie nach 26 Runden. Rein praktisch ist das Team von Thomas von Heesen hiermit abgestiegen und die Vorzeichen dafür lieferte auch das gestrige Kellerduell mit dem SV Mattersburg.

Der KSV muss in den letzten neun Runden (aufgrund des Torverhältnisses) zwölf Punkte auf Wiener Neustadt aufholen. Mattersburg ist mit 13 Punkten Vorsprung und einer positiven Tordifferenz praktisch „safe“. Berechnet man den bisherigen Punkteschnitt des SC Wiener Neustadt muss man hochgerechnet davon ausgehen, dass die Stöger-Elf im Laufe der restlichen Saison noch zehn Punkte sammelt. Würden die Niederösterreicher diesen Schnitt (1,1 Punkte pro Spiel) beibehalten, würden Kapfenberg nicht mal sieben Siege aus den letzten neun Spielen reichen. Man müsste – um auf Nummer sicher zu gehen – alle weiteren Spiele gewinnen. Auch wenn der unwahrscheinliche Fall eintreten würde, dass Wiener Neustadt keinen einzigen Punkt mehr macht, müsste Kapfenberg entweder vier Spiele gewinnen (so viele in den bisherigen 27 Runden gesamt) oder drei Siege und zumindest drei Unentschieden einfahren. Selbst die größten Optimisten müssen sich hiermit mit dem Abstieg abfinden.

Wie in der Landesliga

Das Ambiente beim Spiel zwischen dem KSV 1919 und dem SV Mattersburg hatte die Anmut einer Landesligapartie. Schüttere Kulisse, schlechter Rasen und die erste rote Karte nach nur fünf Minuten. Es war symptomatisch für die aktuelle Lage des Tabellenschlusslichts, dass Kapitän (!) David Sencar nach knapp fünf Minuten in seinem ersten Zweikampf gegen Mattersburgs Stefan Ilsanker nicht zurückzog und dem 22-Jährigen mit dem gestreckten Bein gegen den Unterschenkel fuhr. Auch wenn Präsident Erwin Fuchs und Co. sich maßlos über Schiedsrichter Grobelnik beschwerten, war dessen Entscheidung richtig. Grobelnik scheute sich nicht davor in der Anfangsphase Gnade vor Recht ergehen zu lassen, auch in der fünften Minute ist das Spiel im Gange und eine gelbe Karte wäre in dieser Szene klar zu wenig gewesen. Nicht mutig, sondern professionell vom 36-jährigen Schiedsrichter.

Brutal und ratlos

Ebendieser Gerhard Grobelnik zückte seit dem 29.Oktober 2011 keine rote Karte mehr. Derer waren es am Samstag jedoch gleich drei. Der Platzverweis für Mattersburgs Alois Höller, der wegen seiner zweiten gelben Karte vom Platz flog, war eher hart – der dritte Ausschluss des Tages, diesmal erwischte es den Brasilianer Nathan Junior, jedoch wieder klar und deutlich. Nathan Junior kam nach einem verlorenen Zweikampf seinem Gegenspieler Adnan Mravac mit einer „Luftgrätsche“ entgegengeflogen und traf den Bosnier zum Glück nicht voll. Es war ein Foul, mit dem auch eine Karriere beenden könnte – die rote Karte somit eindeutig vertretbar. Sencar und Nathan Junior fungierten als Sinnbilder für eine aussichtslose Lage in Rot-Weiß. Die Nerven liegen blank und auch die Kicker glauben nicht mehr so richtig an den Klassenerhalt, was hiermit eindrucksvoll und brutal bewiesen wurde.

Einfache aber schwere taktische Fehler vor dem 1:1

Auch spielerisch lief es diesmal nicht so locker wie zuletzt. Gegen Rapid überzeugte Kapfenberg phasenweise mit sicherem und gefälligem Kurzpassspiel, doch als man gegen Mattersburg das Spiel machen musste, passierten Schlampigkeitsfehler en masse. Einer von ihnen führte zu einem möglicherweise abstiegskampfentscheidenden Gegentor. Kurz vor dem 1:1 durch Marvin Potzmann hatte Kapfenberg den Ball am eigenen Strafraum praktisch wiedergewonnen und fuhr einen Konter über Haruna Babangida, der jedoch von Mattersburg-Spielern umzingelt war. Babangida hatte zentral eine Anspielstation, hätte den Ball ganz simpel hinten raus spielen können. Doch der nigerianische Tricksler entschied sich für einen Haken, den Mattersburg ahnte und im Block, mit vier Leuten am linken Flügel, umschalten konnte. Der erste Schnitzer war also vollbracht, doch Kapfenberg machte noch einen zweiten entscheidenden Fehler im Pressing. Florin Lovin stand grundsätzlich gut, orientierte sich am Ballführenden – doch der ebenfalls attackierende Haruna Babangida machte es ihm taktisch falsch gleich, anstatt im Raum zu decken. Dadurch standen gleich zwei Mattersburger frei und mit einfachsten Pässen wurde der Treffer zum 1:1 eingeleitet. Dass Florin Lovin, seit Sencars Ausschluss Kapitän der Kapfenberger, den schönen Schuss von Marvin Potzmann noch mit der Hand abfälschte passte ins Bild.

Wie geht’s weiter in Kapfenberg?

„Unten“ dürfte damit alles entschieden sein, auch wenn sich Kapfenberg nach der Winterpause giftiger und spielerisch besser präsentierte, als in der ersten Saisonhälfte. Auf den Kapfenberger SV wartet somit eine ungewisse Zukunft, vor allem da viele Spieler den Steirern nicht in die zweite Liga folgen werden. Ein Vorbild kann man sich jedoch am SCR Altach nehmen, der in der Winterpause der Saison 2008/09 ebenfalls stark aufrüstete, um den Klassenerhalt zu fixieren, schließlich trotz 17 gewonnenen Punkten in den 15 Frühjahrsrunden abstieg. Altach stürzte jedoch entgegen der Vermutungen vieler Fans nicht komplett ab, sondern spielt derzeit wieder um den Aufstieg in Österreichs höchste Spielklasse.

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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