Abstiegskampf statt Europacup: Die untypische Aufstiegssaison des SV Mattersburg
Bundesliga 3.Juni.2016 Benjamin Doppler 0
In den vergangenen Saisonen wurde es zur Tradition, dass die Aufsteiger die Bundesliga aufmischen und oftmals auch auf Anhieb sich auf das internationale Parkett begeben durften. Der SV Mattersburg brach mit dieser Tradition und musste bis zum Schluss um den Ligaverbleib bangen. abseits.at begibt sich auf Ursachenforschung!
Es hätte ein Schreckensszenario für die Burgenländer werden können: In der letzten Minute der 36. Runde erzielt der SV Grödig den 3:2-Endstand – Glück nur für den SV Mattersburg, dass man sich in der Runde zuvor ebenfalls knapp von den Abstiegssorgen entledigen konnte. Was jedoch bleibt sind enttäuschte Gesichter, erhoffte man sich nach dem Aufstieg in Bundesliga eine fulminante Saison, wie sie die Aufsteiger der letzten Jahre hinlegten. Man ist gut beraten, dies als Schuss vor den Bug zu interpretieren.
Drehen wir kurz die Zeit zurück und blicken auf das erste Saisonviertel zurück. Der SV Mattersburg startet erwartungsgemäß als Aufsteiger gut, gewinnt bereits am Saisonauftakt gegen Meister Red Bull Salzburg. Nach neun Runden stand man mit 16 Punkten auf Rang drei, Medien stimmten sich gerade für Lobeshymnen ein. Plötzlich verliert man aber den Faden und geriet bis zum Saisonende doch in den Abstiegsstrudel. Wenig verwunderlich, wenn man die besonderen Umstände und hausgemachten Probleme miteinbezieht.
Die Causa Onisiwo
Die Burgenländer gerieten ausgerechnet mit ihrem Star der Mannschaft in einen folgenschweren juristischen Clinch. Karim Onisiwo sah den SVM lediglich als Sprungbrett an, was durchaus legitim ist, doch die Verantwortlichen sahen sich wie so oft nicht bereit, ihre Spieler ziehen zu lassen. Schließlich fand man mit der in Österreich typischen vereinseitigen Option das nötige Schlupfloch, um sich loszueisen. Onisiwo landete Anfang Jänner in Mainz, doch bereits im Sommer 2015 wurde der Grundstein für den Wechsel gelegt. Der Nationalspieler zahlte nach der Vertragsverlängerung seine Gehälter an den Verein zurück und bekam stattdessen von einer deutschen Spieleragentur die notwendigen Lohnfortzahlungen.
Was nach außen hin nicht als störender Faktor kommuniziert wurde, entpuppte sich jedoch sehr wohl als Problem: Onisiwo ließ sich im Training hängen – sofern er erschien – und brachte auch am Platz keine mannschaftsdienlichen Leistungen. Seine Einsätze ließen sich nicht durch seine Trainingsleistungen begründen, sondern viel mehr damit, dass der Verein nicht noch mehr Wirbel in der Causa verursachen wollte, indem er seinen Star aus dem Kader strich. Was blieb, war viel Lärm, der die Mannschaft ablenkte.
Der launische Spanier
Ein anderer Knackpunkt, der eine euphorische Aufstiegssaison verhinderte, war der Spanier Jano, der eine Saison zuvor den Aufstieg mitermöglichte, in der Bundesliga aber nicht so sattelfest blieb. Wie seine Mannschaftskollegen zeigte auch der 29-Jährige gute Leistungen, sah sich jedoch dann mit einem Leistungsabfall konfrontiert, der bis zur letzten Runde kein Ende nahm. Ungewohnt viele Ballverluste und ideenlose Spielaufbauversuche dominierten von nun das Spiel von Jano, der aber als systemrelevant gilt. Das Spiel der Burgenländer steht und fällt mit dem Spanier, der aufgrund der verfehlten Kaderpolitik in seinen Schwächephasen nicht ersetzt werden konnte.
Eine Truppe, sie sich selbst aufstellt
Jeder Verein kennt diese Situation: Aufgrund von Sperren und Verletzungen ergeben sich an manchen Spieltagen wegen fehlender Alternativen die Startaufstellungen von selbst. Bei den Burgenländern ist dies an jedem der 36 Spieltage der Fall. Schwere Missstände in der Kaderpolitik verursachten, je länger die Saison dauerte, mehr schwerwiegende Probleme.
Einerseits fehlte vielen Spielern der nötige Konkurrenzkampf, um sich weiterentwickeln zu können und in die intern verursachte Drucksituation zu geraten, Leistungen im Training und am Platz zu bringen, ehe man den Stammplatz verliert. Spieler wie Torhüter Markus Kuster oder Torchancen-Einfädler Michael Perlak litten im Besonderen darunter. Erster, da er sich nie bedroht sah, seinen Platz im Tor zu verlieren und eine Abflachung seiner Entwicklungskurve als Konsequenz präsentiert bekam und Letzterer musste viele Spiele trotz nicht optimaler körperlicher Verfassung bestreiten. Für Perlak wäre in manchen Phasen eine Pause äußerst förderlich gewesen, um sich vollends auskurieren zu können. Er stand aber beinahe jedes Wochenende auf dem Platz, da man keine Alternativen hatte. Ein hausgemachtes Problem.
Zu guter Letzt hat man punkto Transfers zu Saisonbeginn die Hausaufgaben nicht gemacht, bei genauerem Hinsehen entpuppt sich der Kader des SV Mattersburg als unausgewogen und deutlich zu dünn um eine Saison ordentlich zu überleben. Aus Spargründen lag dies jedoch nicht, ein Blick auf die hohen Personalausgaben der Burgenländer erweckt nicht gerade den Blick eines angesetzten Sparstiftes.
Gähnende Pappeln
Die Fans des SV Mattersburg ließen vor allem zu Saisonbeginn die typische Euphorie vermissen, die einen Aufsteiger bis dato auszeichnete. Zwar liegt man mit durchschnittlichen 4.916 Zuschauern pro Match auf Platz 5 der Zuschauer-Statistik, auf die Stimmung schlug sich dies jedoch nie nieder. Was sich aber mit den zum Teil zu hohen Ticketpreise erklären lässt: Im internen Ligavergleich ist hier der SV Mattersburg unangefochten die Nummer Eins. Wenn man bedenkt, dass in Matterburg selbst die VIP-Tribüne nicht überdacht ist, sind Diskussionen über die Attraktivität der Liga nicht unbegründet.
Der SV Mattersburg steht vor einer heißen Phase: Kaderpolitisch muss sich einiges ändern, um nicht als Abstiegskandidat Nummer Eins in die neue Saison zu gehen. An Potential mangelt es dem Team sicher nicht, aber nur wenn man sich von den hausgemachten Problemen befreien kann, wird man in Mattersburg wieder erfolgreiche Zeiten erleben können.
Benjamin Doppler, abseits.at
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Benjamin Doppler
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