In der zehnten Runde der österreichischen Bundesliga gastierte die Wiener Austria im Ländle beim SCR Altach. Die Vorarlberger konnten dabei vor dem Duell gegen... Analyse: Altach bezwingt die Austria

In der zehnten Runde der österreichischen Bundesliga gastierte die Wiener Austria im Ländle beim SCR Altach. Die Vorarlberger konnten dabei vor dem Duell gegen die Wiener Selbstvertrauen tanken und endlich mal wieder voll punkten, weshalb man sich im Aufwind wähnte. Auf der anderen Seite konnte auch die Austria ein Erfolgserlebnis in der letzen Woche feiern, nachdem man nach einer guten Leistung in Hartberg einen Last-Minute Sieg errang. Daher stand nun für die Veilchen der schwierige Gang nach Altach bevor, der für die Violetten in der Vergangenheit kein guter Boden war und wo man bereits länger einem Sieg hinterherläuft.

Austria vertraut auf gleiches System

Nach den beiden letzten vollen Erfolgen im Cup und in der Meisterschaft, gab es für Austria-Trainer Letsch wenig Grund für großartige Veränderungen. Speziell im Spiel gegen Hartberg punktete die Letsch-Elf mit einer guten Struktur und einem sauberen Positionsspiel, konnte dadurch den Gegner entsprechend bespielen und sich eine Vielzahl an hochkarätigen Torchancen erarbeiten. Daher liefen die Veilchen auch gegen Altach erneut in einem 4-1-4-1 auf, mit Jeggo als Ankersechser, Matic und Ebner auf der Acht und Prokop und Grünwald nominell auf dem Flügel. Schmerzhaft war allerdings der Ausfall von Abwehrchef Madl, der speziell mit seiner starken Spieleröffnung ein wichtiger Faktor im Offensivspiel der Veilchen ist.

Interessant sind bei dem 4-1-4-1 vor allem die Rollen von Kapitän Grünwald und Achter Ebner, denn Ersterer bestimmt quasi das Verhalten des Zweiteren. Da Grünwald bekanntlich kein Flügelspieler ist und auch so seine Probleme im Defensivverhalten hat, versucht Austria-Trainer Letsch mit Ebner nun, Grünwald eine freiere Rolle zu ermöglichen, ohne allerdings auf Kosten der eigenen Stabilität und Balance. Daher besetzt Spielmacher Grünwald in Wirklichkeit eher selten den rechten Flügel und hält sich stattdessen eigentlich konstant im Zwischenlinienraum auf, während Achter Ebner und Rechtsverteidiger Klein für den rechten Flügel zuständig sind. Die beiden wechseln sich dabei fleißig ab, wobei Rechtsverteidiger Klein meist sehr weit aufrückt und quasi als Flügelstürmer agiert, während Ebner öfters hinter ihm abkippt und dieses Aufrücken ausbalanciert. Diese Verhaltensweise kann man beim ersten Bild auch recht gut erkennen:

Die Austria im Spielaufbau, Rechtsverteidiger Klein rückt weit auf und schiebt nach vorne, weshalb Kapitän Grünwald (gelber Kreis) in den Halbraum einrücken kann. Achter Ebner balanciert und sichert das Ganze ab und kippt dafür hinter Klein.

Prinzipiell ist dabei diese Vorgehensweise auch gut durchdacht und ergibt Sinn. Durch die freie Rolle kann sich Grünwald überall aufhalten und seine Stärken im letzen Drittel ausspielen, ohne dass seine Schwächen im Defensivverhalten zum Tragen kommen, wie wenn er z.B. statt Ebner auflaufen würde, was die Balance/Stabilität wiederum zum Kippen bringen könnte. Gegen Hartberg funktionierte dieser Mechanismus recht gut und speziell Grünwald und Klein profitierten davon.

Gleichwohl hat natürlich auch  Altach die Partie gründlich analysiert und Schlüsse daraus gezogen, sowie es mittlerweile jeder Gegner klarerweise tut, und hat sich einen entsprechenden Matchplan zurechtgelegt. Die Vorarlberger liefen in einem klassischen 5-3-2 auf, welches im Ballbesitz zu einem 3-1-4-2 mutierte. In erster Linie konzentrierten sich die Gastgeber allerdings auf das Defensivverhalten und die Stabilität gegen den Ball, damit man den Kasten sauber hält und dann im Umschaltspiel für Gefahr sorgt. Mit der Fünferkette und den drei zentralen Mittelfeldspielern verfolgte man dabei ein klares Ziel, nämlich das Zentrum zu verschließen. Die Austria sollte zwingend aus dem Zwischenlinienraum gedrängt und auf den Flügel geleitet werden, um dort dann isoliert zu werden. Dafür wählte man zunächst eher ein passives Mittelfeldpressing, wo man eher darauf bedacht war, die Passwege zuzustellen, als Druck auf den Gegenspieler auszuüben.

Die beiden Stürmer versuchten dabei zunächst, den Sechser Jeggo bzw. Zuspiele über das Zentrum abzudecken, um in weiterer Folge dann bei einem Pass nach außen nachzurücken und den ballnahen Innenverteidiger und Sechser zuzustellen, um die Austria auf dem Flügel festzusetzen. Sobald das Zuspiel auf Linksverteidiger Cuevas erfolgte, rückte der ballnahe Achter der Altacher aus seiner Position und stellte ihn, während der Rest nachschob und sich an den Gegenspielern orientierte. Diese Praxis kann man beim nächsten Bild auch gut erkennen:

Die Austria im Spielaufbau, Altach leitet die Austria bewusst nach außen und versucht sie dann mannorientiert zuzustellen, indem sich die beiden Stürmer um den ballnahen Innenverteidiger und Sechser kümmern, während der Achter aus dem Mittelfeld auf Cuevas herausrückt.

Vereinfacht gesagt, hatte die Austria im Zentrum den Ball, bildete man einen raumorientierten Block und versuchte die Passwege zuzustellen. Kam dann der Ball auf dem Flügel, wechselte man quasi zur Mannorientierung und stellte die jeweiligen Gegenspieler in ballnähe zu, um die Austria auf der Seite zu isolieren. Das Problem dabei, diese Praxis funktionierte in der Anfangsphase nicht wirklich. Das lag daran, dass Altach nicht wirklich Druck machte und aggressiv auf die Gegenspieler draufging, sondern stattdessen weiterhin versuchte, die Passwege zuzustellen. Dadurch hatte die Austria allerdings Zeit am Ball und konnte problemlos das Spiel verlagern bzw. die Seite wechseln, um sich der Isolierung zu entziehen. Andererseits aber machte es die Austria auch gut, sowohl Igor als auch Sechser Jeggo bewegten sich intelligent, setzten sich ab und blieben anspielbar und man war scheinbar darauf gut vorbereitet, da man immer wieder die Altacher auf eine Seite anlockte, um dann das Spiel zu verlagern und einen Schnellangriff über die andere Seite zu fahren, wodurch man öfters ins letzte Drittel vorstoßen konnte.  Ein Paradebeispiel dafür war die erste Chance der Austria durch einen Grünwald-Kopfball, als man von hinten bis ganz nach vorne kam, indem man die Altacher auf rechts anlockte, dann die Seite schnell wechselte und Cuevas dadurch viel Platz und Zeit zum Flanken bekam.

Dadurch erspielte sich die Austria speziell in den ersten 15 Minuten ein deutliches Übergewicht, hatte nicht nur mehr als zwei Drittel Ballbesitz, sondern auch die Zweikampfquote der Wiener lag in dieser Höhe, da man auch ein gutes Gegenpressing spielte und so die Altacher zu einigen Fehlern zwang. Man agierte also dominant und hatte alles im Griff. Doch nach der guten ersten Viertelstunde war es plötzlich damit vorbei.

Rhythmusveränderung wirft Austria aus der Bahn

Der Trainer der Altacher Werner Grabherr erkannte, dass seine Mannschaft zu passiv agierte und überhaupt keinen Zugriff auf die Austria bekam. Also wies er sein Team nun an, wesentlich früher zu attackieren und den Gegner aggressiver zu stören. Die Austria wurde nun also bereits tief in der eigenen Hälfte angelaufen und konnte sich nicht mehr in Ruhe den Gegner zurechtlegen und bespielen. Die Gastgeber rückten dabei  konstant mit mehreren Spielern in die gegnerische Hälfte und versuchten, die Austria zumindest zu langen Bällen zu zwingen und sie nicht mehr über Flachpässe nach vorne kommen zu lassen. Dabei hatte jeder Spieler quasi einen direkten Gegenspieler und die Zuteilung war bei diesem mannorientierten Pressing klar, wie man dies anhand des nächsten Bildes feststellen kann:

Die Austria im Spielaufbau, Altach rückt nun mit mehreren Spielern frühzeitig nach vorne auf und versucht mittels mannorientiertem Pressing Druck auf die Gegenspieler auszuüben und sie zuzustellen.

Wie reagierte die Austria darauf? Sie versuchte sich zunächst aus diesem Pressing zu befreien und spielerische Lösungen zu finden. Man schaffte es zunächst sogar einmal über die erste Pressinglinie des Gegners, doch die darauffolgenden Bewegungen passten nicht, weshalb der Ball wieder zurückgespielt wurde und man dem Gegner quasi eine zweite Chance zum Pressen gab. Nachdem Torhüter Pentz und Innenverteidiger Schoissengeyr jeweils einen Wackler hatten, verzichtete man daraufhin spielerische Lösungen zu finden und schlug die Bälle stattdessen lang nach vorne. Das erwies sich jedoch als kontraproduktiv, da die Altacher mit ihren drei großgewachsenen Innenverteidigern natürlich wenig Mühe hatten diese zu klären und die Bälle oft postwendend wieder retour kamen. Auch dadurch kamen die Altacher wieder besser ins Spiel, da man durch die langen Bälle der Austria anfing Zweikämpfe zu gewinnen, das Spielgerät zu sichern und in der Haltung allgemein aktiver zu sein. Zwar konnte man durch die Limitiertheit in der Offensive letztlich wenig daraus machen und leistete sich zu viele Ballverluste, allerdings schaffte man es dadurch zumindest, die Austria von ihrem Spiel abzuhalten und ihr einen Spielstil aufzuzwingen, den sie nicht beherrscht.

Es dauerte etwas, bis die Austria sich auf diesen veränderten Rhythmus einstellte und besser damit zurechtkam. Nach gut 35 Minuten war dies dann der Fall und man bekam wieder mehr Bewegung in das eigene Spiel, kehrte zum eigentlichen Plan mit den schnellen Seitenwechseln zurück und konnte dadurch wieder den Ball länger in den eigenen Reihen sichern und laufen lassen. Jedoch hatte man nach wie vor Probleme, richtig konkret nach vorne zu kommen. Die Altacher konzentrierten sich auch weiterhin darauf, mit ihren drei Innenverteidigern und drei zentralen Mittelfeldspielern vor allem den Zwischenlinienraum zu verknappen, damit die Austria nicht über das Zentrum angreifen kann. Dafür rückte die Fünferkette immer wieder sehr weit auf und hielt Kontakt zum Mittelfeld, damit die Abstände eng genug blieben und wenig Platz vorhanden war. Dies kann man auch beim nächsten Bild gut erkennen:

Austria im Ballbesitz, Altach rückt mit der Abwehrkette weit auf und hält die Abstände kurz, um sich auf das Verschließen des Zwischenlinienraums zu fokussieren und die Austria von diesem Korridor im Zentrum fernzuhalten.

Durch diese Vorgehensweise gelang es, die Austria aus dem Zentrum fernzuhalten und sie auf die Flügel zu zwingen, wo man dann gut nachschob und viele Spieler in Ballnähe brachte. Dass der Plan funktionierte kann man auch daran ablesen, dass Austrias-Linksverteidiger Cuevas letztendlich 120 (!) Ballkontakte im Spiel hatte und damit mit Abstand die meisten. Das Problem für die Austria dabei war, dass man sich über den Flügel kaum durchspielen konnte, was speziell an der schwachen (offensiv) linken Seite lag. Matic hatte so seine Probleme mit der Positionsfindung und war im ersten Durchgang kaum ein Faktor, aber auch Prokop fand gar keine Anbindung und fühlte sich durch die Manndeckung des Gegners sichtlich unwohl und konnte sich daraus kaum einmal lösen, da er sich nicht gut bewegte und meist auf die Bälle wartete. Das ist natürlich problematisch, denn gerade die linke Seite ist allgemein fußballerisch die wesentlich stärkere und sollte für spielerische Lösungen sorgen. Doch bis auf einige gute Flanken des starken Cuevas fand da wenig statt. Erst gegen Ende der Halbzeit wurde es etwas besser, da Matic nicht mehr Cuevas auf den Füßen stand, sondern weiter aufrückte, aber auch mit Prokop öfter die Positionen tauschte und da zumindest etwas Bewegung auf links brachte, wodurch das Ganze nicht mehr ganz so starr wirkte. Dennoch kam bis auf einige Flanken wenig Zählbares dabei raus und so erspielte man sich auch kaum Chancen, da die bevorzugte Region im Zwischenlinienraum und damit Spielmacher Grünwald gut abgedeckt wurden. So musste man mit dem 0:0 in die Kabine.

Altach schockt die Austria

Nach dem Wiederanpfiff gab es auf Seiten von Altach wenig Grund für Veränderungen, da man in der Defensive wenig zuließ und der eigene Plan nach der schwachen Anfangsphase und den darauffolgenden Anpassungen weitestgehend aufging. Auf der anderen Seite sah dies naturgemäß anders aus und so reagierte der Austria-Trainer mit einem Wechsel und brachte Ewandro für den schwachen Prokop. Und dieser Wechsel sollte sich auch prompt bezahlt machen, denn mit Ewandro kam wesentlich mehr Dynamik und Spielwitz in die Mannschaft, denn der Brasilianer bewegte sich nicht nur intelligent, sondern fand dank seiner technischen Klasse auch immer wieder selbst in engen Situationen Lösungen. Dadurch kam auch Matic wesentlich besser ins Spiel und das Flügelspiel der Austria wurde quasi wiederbelebt. Beinahe hätte sich dies auch in einer großen Möglichkeit niedergeschlagen, doch nach einer schönen Kombination über Ewandro und Grünwald kam Friesenbichler nur einen Schritt zu spät.

Man versuchte aber auch Lösungen gegen das Angriffspressing zu finden und sich daraus zu lösen. So kippte Ebner nun bereits im frühen Spielaufbau hinter Klein, während dieser nach vorne ging und man hatte dadurch quasi eine flache Viererkette im Aufbau, was für die Altacher schwerer anzupressen war. Dadurch befreite sich die Austria auch prompt einmal aus dem Pressing und kam in die gegnerische Hälfte vor. Doch bevor sich diese Ansätze weiter entfalten konnten, schlug Altach plötzlich zu. Nach einem Eckball-Trick kam der Ball zu Stürmer Mwila und der netzte aus kurzer Distanz zum 1:0 ein. Mit der ersten richtigen Chance gingen damit die Altacher in Führung und schockten die Austria, die nun klarerweise kommen musste. Die Wiener wirkten allerdings alles andere als geschockt, sondern es schien so, als wäre dies der nötige Weckruf gewesen. Plötzlich spielte man wesentlich schneller und zielstrebiger nach vorne, ging mehr Risiko im Spiel ein und speziell Matic und Ewandro konnten über die linke Seite gemeinsam mit Cuevas viele Angriffe initiieren und immer wieder spielerische Lösungen finden. So erspielte man sich auch einige gefährliche Szenen und Abschlüsse, wobei die größte der eingewechselte Ewandro vergab, der nach einem tollen Pass von Cuevas schon am Torhüter vorbei war, sich allerdings den Ball zu weit vorlegte. Darüber hinaus erzielte man auch einen Treffer nach einem Corner, allerdings erkannte der Schiedsrichter den Treffer nicht an, was durchaus umstritten war.

Genau in dieser Drangphase fingen sich die Violetten dann den nächsten Treffer ein. Stürmer Mwila zog aus der Distanz ab und erzielte ein Traumtor, wodurch die Altacher auf 2:0 stellen und ihren Vorsprung damit ausbauten.  Im Anschluss daran stellten die Gastgeber auf ein 5-4-1 um und sie zogen sich weit in die eigene Hälfte zurück, um die Null zu halten und sich auf das Verteidigen zu konzentrieren. Die Austria brachte noch zwei zusätzliche Offensivkräfte und stellte auf ein offensives 4-3-3 um, allerdings war es gegen die Menschenmauer des Gegners schwer, Lösungen zu finden und Durchbrüche zu kreieren, um mit einem Treffer das Spiel nochmal spannend zu machen. So blieb es letztlich beim 2:0 Heimsieg der Altacher.

Fazit

Die Austria musste sich also im Ländle zum wiederholten Male geschlagen geben und mit leeren Händen heimfahren. Dabei startete man ordentlich in diese Partie, kontrollierte sie in der Anfangsphase und schien alles im Griff zu haben. Nachdem allerdings die Altacher anfingen zu pressen, wurde man aus dem Rhythmus gebracht und bekam Probleme, ließ sich auf die Spielweise der Vorarlberger ein und verlor damit die eigene Linie im Spiel. Erst im zweiten Durchgang konnte man sich etwas erfangen und speziell der eingewechselte Ewandro brachte frischen Wind in das eigene Spiel, jedoch bekam man in dieser Phase ein unnötiges Tor und musste damit einem Rückstand hinterherlaufen. Erst in dieser Phase nach dem ersten Gegentor zeigte man jenes Gesicht der Austria, das man sich von Beginn an erwartete. Man konnte sich in der gegnerischen Hälfte festsetzen und einige gefährliche Situationen kreieren, wobei der Schiedsrichter mit einer umstrittenen Entscheidung ein Tor aberkannte. Stattdessen bekam man mit dem zweiten Torschuss des Gegners auch den zweiten Treffer eingeschenkt und konnte danach das Ruder nicht mehr rumreißen. Damit erlitt man einen kräftigen Dämpfer und ließ wichtige Punkte liegen, die auch für die Stimmung in der Länderspielpause gut gewesen wären. Immerhin hat man nun jetzt zwei Wochen Zeit, am Spiel zu feilen und die Problemzonen anzugehen, bevor das Spitzenspiel gegen Sturm Graz ansteht.

Hier findet ihr die Spielerbewertungen und die Kommentare der Fans zu dieser Partie!

Dalibor Babic, abseits.at

Dalibor Babic

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