Am fünften Spieltag der österreichischen Bundesliga gastierte die Wiener Austria bei ihrem „Angstgegner“, dem SCR Altach. Angstgegner sind die Vorarlberger allerdings für die Austrianer... Analyse: Altach bleibt für die Austria ein schwieriges Pflaster

Am fünften Spieltag der österreichischen Bundesliga gastierte die Wiener Austria bei ihrem „Angstgegner“, dem SCR Altach. Angstgegner sind die Vorarlberger allerdings für die Austrianer nur im Ländle, wo man sich traditionell sehr schwertut und nur selten Siege feierte. Auf der anderen Seite bauten die Altacher genau auf diese tolle Bilanz, weshalb man auf den zweiten Heimsieg in Serie spekulierte und sich gute Chancen dahingehend ausrechnete.

Altach parkt den Bus in die eigene Spielhälfte

Der FK Austria Wien erwartete dabei bereits im Vorfeld dieser Begegnung ein Geduldsspiel, da die Altacher gerade gegen qualitativ bessere Gegner gerne äußerst defensiv agieren. Das sollte auch gegen die Violetten nicht anders sein und gleich von der ersten Sekunde weg wurde klar, wie der Matchplan der Vorarlberger aussehen würde. Man formierte sich zu einem klaren 5-4-1, setzte dabei auf ein tiefes Abwehrpressing und agierte nicht, sondern reagierte nur auf den Gegner und dessen Angriffsversuche.

Stürmer Gustavo Santos zog in der ersten Pressinglinie seine einsamen Kreise und orientierte sich meist auf einen der beiden Sechser der Austria, während die restlichen Linien sich in einem 5-4 engmaschig und kompakt zurückzogen. Der Plan der Altacher sah es offensichtlich vor, den Spielaufbau den Gästen zu überlassen, mit zwei Ketten das Zentrum zu verschließen und den Gegner auf die Flügel zu drängen. Nach Ballgewinn versuchte man den physischen Stürmer Gustavo Santos oder den schnellen Flügelflitzer Bahloul einzusetzen.

Und die Austria? Da gab es keine Überraschungen und ließ Trainer Stephan Helm die gleiche Elf auflaufen, die den LASK mit 2:1 bezwang. Man lief also erneut im 4-2-3-1/4-3-3 auf und die Spielanlage war darauf ausgerichtet, Kontrolle zu erlangen. Im Ballbesitz versuchte man geordnet die tiefstehende Abwehr der Altacher zu bespielen und spielerische Lösungen zu forcieren. Hier hatte man sich strategisch etwas überlegt, nämlich den Fokus auf die rechte Angriffsseite zu legen.

Man setzte in dieser Zone auf eine „Überladung“, indem man Kapitän und Zentrumsspieler Fischer nach rechts hinter Außenverteidiger Ranftl abkippen ließ. Dadurch konnte Ranftl weit nach vorne schieben und als Breitengeber fungieren, gleichzeitig auch den gegnerischen Flügelverteidiger nach hinten drücken, damit dieser in einer tiefen Position verbleiben musste und Flügelstürmer Gruber von seinem nominellen Gegenspieler quasi „befreit“ wurde.

Doch nicht nur das, zusätzlich ließ man auch noch „Zehner“ Fitz in den rechten Halbraum abkippen, damit dieser ein Dreieck mit Fischer und Ranftl bilden sollte. Dieses Muster kann man beim nächsten Bild gut erkennen:

Austria im Ballbesitz, der Fokus liegt auf dem „Überladen“ der rechten Seite, wo der ballführende Fischer aus dem Zentrum nach rechts kippt. Währenddessen gibt Rechtsverteidiger Ranftl die Breite, wodurch wiederum Gruber in die Mitte rücken kann. Zur Unterstützung kommt auch noch Fitz entgegen, wodurch man einen nummerischen 4 gegen 3-Vorteil hat. In dem Bild erkennt man auch schön das tiefe und engmaschige 5-4-1 der Altacher (rote Linie).

An und für sich ist die Grundidee dieser Variante eine gute Maßnahme, um Zuordnungsprobleme beim Gegner zu verursachen und Überzahlsituationen zu kreieren, um so den Block des Gegners zu destabilisieren. Das Problem dabei? Die Austria konnte zunächst kaum Kapital daraus schlagen.

Balanceprobleme und ein zu hoher Rechtsfokus

Die Gäste aus der Bundeshauptstadt kamen zwar in der Anfangsphase auf einen Ballbesitzwert von knapp 70 Prozent, doch vieles davon spielte sich in ungefährlichen Räumen und eher in tiefen Positionen ab. Man kreierte zwar auf der rechten Seite wie erwähnt eine Überzahlsituation, doch hatte meist zum einen nicht die nötige Ruhe am Ball, um diese sauber auszuspielen und den freien Mann zu finden, damit dieser dann in Richtung Strafraum vordringen konnte.

Zum anderen fehlte es auch an der nötigen Balance und es entwickelte sich ein absurder Rechtsfokus. Man spielte sich in dieser Zone einige Pässe hin und her, der Gegner verschob natürlich auf die Seite und stellte die Optionen zu, wodurch nun eigentlich der Weg auf die andere ballferne Seite hätte gesucht werden müssen. Doch meist kam der Ball über die Innenverteidigung nach zwei Pässen wieder zurück auf die rechte Flanke, wo der Gegner quasi bereits dastand und einen kurzen Weg hatte, um erneut zum Ball zu verschieben.

Hier hätte man Spielverlagerungen auf die linke Seite einbauen müssen, um einerseits den freien ballfernen Raum zu attackieren, andererseits den Gegner zum Verschieben auf die andere Seite zu zwingen. Und wenn Altach rüberschiebt, dann wieder die Gegenbewegung ansetzen und auf die rechte Seite zurückkehren, wo die Überzahl wartete.

Diese Balanceproblematik im Spiel verfolgt die Austria schon seit dem Saisonstart. Oftmals sucht man den Weg zu voreilig nach vorne und bereitet die eigenen Angriffe nicht entsprechend vor, wodurch man zwar schnell nach vorne kommt, aber sich oftmals auch viele einfache Ballverluste erlaubt und so den Gegner zum Kontern einlädt. Und gerade bei der wackligen Defensive und problematischen Konterabsicherung der Austria, ist das alles andere als eine gute Idee.

So war es dann auch in diesem Spiel und in den ersten 18 Minuten passierte recht wenig. Vieles wirkte noch unrund im Spiel und man sah Trainer Helm oftmals mit Fitz und Fischer diskutieren, wie sie sich am besten positionieren sollen. Womöglich monierte der Trainer die zu tiefe Positionierung seiner Spieler, wodurch man im Spielaufbau zwar viele Anspielstationen hatten, da jeder entgegenkam, aber dafür über weniger Präsenz in höheren Zonen verfügte. Meist spielte man sich wie erwähnt auf der rechten Seite fest und agierte dann eher mit hohen Verzweiflungsbälle und Flanken in den Strafraum in der Hoffnung, ein Ball würde mal durchrutschen.

Wenig erfolgsversprechend und für die kopfballstarke Abwehr der Altacher recht einfach zu verteidigen. Doch ironischerweise fiel genau nach diesem Muster letztlich mit der ersten Torchance der Führungstreffer der Austrianer. Altach-Verteidiger Koller ließ sich von Prelec aus seiner Position ziehen, wodurch der eingerückte Gruber völlig freistand und von Linksverteidiger Vinlöf mit einer Flanke aus dem Halbfeld bedient wurde und per Kopf zum 1:0 traf.

Auch wenn bei der Austria nicht alles gut war, blieb man dennoch die klar spielbestimmende Mannschaft und belohnte sich mit dem 1:0. Das lag auch daran, dass von Altach einfach viel zu wenig kam. Man verblieb nur in einer passiven Haltung und ließ den Gegner kommen, war nicht aggressiv genug in den Duellen und auch nach Ballgewinn war wenig Plan im Spiel nach vorne zu erkennen bzw. war aufgrund der eigenen tiefen Positionierung der Weg zum gegnerischen Tor einfach viel zu lang. Dabei bot die Austria dem Gegner eigentlich erneut sehr viel Raum zum Kombinieren an und wirkte das gruppentaktische Verhalten gegen den Ball recht fragil, doch agierten die Vorarlberger zu mutlos, um dies konsequent zu bespielen und auszunutzen.

Doch manchmal muss man gar nicht so viel investieren, um zum Torferfolg zu kommen. Auch ein einfacher Einwurf und zwei gewonnene Kopfballduelle können ausreichen, um zum Ausgleich zu gelangen – so wie in diesem Spiel. Die Austria verteidigte den Einwurf nicht gut und wurde prompt mit dem Ausgleich aus dem Nichts bestraft. Ironischerweise wurde danach jedoch das Spiel der Austria besser.

Das Einwirken von Trainer Helm auf Fischer und Fitz schien Früchte zu tragen. Ersterer blieb nun konstant auf der rechten Seite und verließ diese nicht mehr voreilig, während Fitz seine Position im Zwischenlinienraum öfter hielt und Freiräume suchte. So kamen die Violetten auch zu einigen hochkarätigen Torchancen und zweimal Fitz und Prelec hatten die Möglichkeiten auf ein weiteres Tor. Man ließ diese Chancen jedoch liegen, weshalb es mit dem 1:1 Pausenstand in die Kabine ging.

Altach wacht auf und wird aktiver

Nach dem Wiederanpfiff sollte sich prompt eine Phase einstellen, die in die Kategorie „offener Schlagabtausch“ einzuordnen wäre. Die Altacher kamen mit einem ganz anderen Gesicht aus der Kabine und wurden von ihrem Trainer Standfest scheinbar wachgerüttelt. Man ging nun nach Ballverlust aktiv ins Gegenpressing und versuchte das Spielgerät schnell wiederzuerobern, der Abstoß des Gegners wurde nun zugestellt und auch die Pressinglinie wurde situativ in die gegnerische Hälfte verlegt. Man erhöhte schlicht die eigene Intensität und forderte die Austrianer öfter heraus.

Gleichzeitig versuchte man auch schneller nach vorne zu spielen und über Umschaltsituationen die Gäste zu knacken. Es dauerte auch keine 60 Sekunden und beinahe hätte das funktioniert. Die Austria ging großes Risiko und versammelte sechs Spieler im Strafraum, man verlor den Ball und kam nicht mehr ins Gegenpressing, wodurch die Altacher viel Raum vorfanden und bis in den Strafraum spazieren konnten, ehe Ingolitsch eine Hereingabe völlig freistehend aus wenigen Metern über das Tor beförderte. Eine Riesenchance zur Führung, die man liegenließ.

Doch dieser mutigere Ansatz der Gastgeber bedeutete auch, dass man etwas mehr Räume offenbarte. Und die Austria schlug nach dieser Möglichkeit quasi postwendend wieder zurück. Ausgangspunkt war dabei ein Muster, was vereinzelt schon im ersten Durchgang zu sehen war und unter anderem zur Torchance von Fitz führte, als dieser zum Heber ansetzte. Ranftl wurde freigespielt und führte den Ball auf der rechten Seite nach vorne, wo er dann einen scharfen Diagonalball in die Spitze auf Zielspieler Prelec spielte, der auf den nachrückenden Fitz ablegte und dieser dadurch mit Tempo in den Strafraum stoßen konnte. Dieses Muster kann man beim nächsten Bild gut erkennen:

Austria im Ballbesitz, Ranflt führt den Ball auf der rechten Seite nach vorne und spielt einen schönen Diagonalball ins Sturmzentrum auf Prelec (gelber Strich), der wiederum technisch fein auf den nachstoßenden Fitz ablegt (roter Strich) und dieser in den Strafraum eindringen kann und freistehend zum Abschluss kommt, jedoch den Ball neben das Tor setzt.

In solchen Szenen blitzt bei den Austrianern das Potenzial in der Mannschaft auf und dass man durchaus auch mit wenigen Stationen nach vorne kommen kann. Jedoch ist das alles noch auf sehr wackligen Füßen aufgebaut und nicht kontinuierlich genug. Das sah man dann auch in den nachfolgenden Minuten, wo es regelrecht hin und her ging und beide Teams Chancen im Minutentakt vorfanden, was man als dominante Mannschaft eigentlich nicht zulassen sollte.

Die Altacher kamen nun öfter zu guten Umschaltsituation, aber fanden auch Wege aus dem Spielaufbau nach vorne. Das Anlauf- und gruppentaktische Defensiverhalten der Austrianer ließ mal wieder zu wünschen übrig, da man zu wenig Kompaktheit zeigte, keinen richtigen Pressingauslöser fand und die Mannschaftsteile zu weit auseinander waren.

So rettete Sahin-Radlinger nach einem Konter in höchster Not gegen Gustavo Santos, während auf der anderen Seite Gruber und Prelec gute Einschussmöglichkeiten ausließen. Die Schlüsselszene im Spiel sollte dann ein klares Handspiel der Altacher im Strafraum sein, was sowohl dem danebenstehenden Schiedsrichter Hameter, als auch dessen Kollegen im VAR-Raum zum Ärger der Austria-Spieler entging. Nach dieser Situation sollte das Spiel letztlich völlig abflachen.

Die Austrianer hatten keine wirklichen Ideen oder neue Impulse mehr, um eine neue Dynamik für die Schlussphase zu entfachen. Man brachte mit Cristiano und Wels zwei neue positionsgetreu Spieler, jedoch beließ man sonst alles gleich. So blieb es auch beim hohen Rechtsfokus, auf den sich die Altacher einstellten und diesen in den Griff bekamen. Am Ende sollte Ranftl auf den absoluten Bestwert von 98 (!) Ballaktionen kommen, während sein Pendant auf der anderen Seite Perez-Vinlöf mehr als ein Drittel weniger verzeichnete (58).

Da auch die Altacher das Risiko nicht erhöhten, plätscherte das Spiel in den letzten 20 Minuten vor sich hin und bis auf jeweils eine Kopfballchance, sollte es keine nennenswerten Szenen mehr von beiden Teams geben, weshalb man sich wohl leistungsgerecht mit einem Unentschieden trennte.

Dalibor Babic, abseits.at

Dalibor Babic

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