Am zweiten Spieltag der österreichischen Bundesliga kam es zum Duell zweier „Austrias“, nämlich jener aus Wien, die auf jene aus Lustenau traf. Dabei wollten die Violetten nach den zwei Siegen im Europacup gegen Borac Banja Luka, nun auch in der Liga erstmals anschreiben und wichtige drei Punkte einfahren. Dagegen hatte klarerweise Austria Lustenau etwas einzuwenden, da man in der letzten Saison gegen die „Veilchen“ vor heimischer Kulisse ungeschlagen geblieben ist und diese Serie klarerweise prologieren wollten.
„Veilchen“ überraschen mit offensiver Aufstellung
Die Lustenauer Austria erwischte einen recht wechselhaften Saisonauftakt, da man in Hartberg zwar die klar unterlegene Mannschaft war, jedoch dank eines Kraftakts ein 0:2 aufholen konnte. In Anbetracht der Umstände war dies ein gewonnener Punkt, da auch die Mannschaft aufgrund der vielen Löcher im Kader recht dünn besetzt ist und Trainer Markus Mader wohl eine der schwierigsten Aufgaben der Liga aktuell innehat.
Daher blickte man nun auf Seiten der Vorarlberger natürlich auch gespannt auf den Heimauftakt gegen einen starken Gegner und ob man in der Lage sein würde, die beim Saisonauftakt wacklige Defensive zu stabilisieren. Systemtechnisch entschied sich der Trainer der Lustenauer daher vom 4-2-3-1, welches man noch gegen Hartberg praktizierte, abzukehren und mit einer Fünferkette aufzulaufen.
Konkret „spiegelte“ man schlicht die Formation der Wiener und lief mit einem 5-2-3/5-2-1-2 auf. Damit wollte man für eine klare Zuordnung sorgen und mit den vielen Manndeckungen eng an den Gegenspielern dran sein und diese in viele Zweikämpfe verwickeln. Das wurde von Beginn an auch recht deutlich sichtbar und man versuchte hier auch mit der ersten Pressinglinie, die von den drei Stürmern gebildet wurde, die aufbauende Innenverteidigung der Violetten zuzustellen.
Sofern es den Gästen gelang, diese zu überwinden, rückte Offensivspieler Schmid ins Mittelfeld zurück und sollte Surdanovic und Grabher beim Verdichten des Zentrums unterstützen. Gleichzeitig wurden die Halbverteidiger Grujcic und Mätzler angehalten, in den Zwischenlinienraum herauszurücken und die gegnerischen Stürmer bei deren „Fallbewegungen“ wenn es sein muss zu verfolgen.
Mit einer ähnlichen Herangehensweise hatte man schon gegen die Violetten Erfolg, weshalb auf der anderen Seite klarerweise wiederum Lösungen gefragt waren. Austria-Trainer Wimmer entschied sich die Rotationsmaschine etwas anzuwerfen und brachte einige frische Kräfte in die Begegnung. Systemtechnisch gab es hier zwar keine Überraschungen, jedoch personell: Das Zentrum wurde mit Fischer und Braunöder äußerst offensiv besetzt und im Sturmzentrum feierte der hochtalentierte Huskovic etwas überraschend sein Startelfcomeback und bildete mit Gruber und Fitz das Angriffstrio. Damit war die Herangehensweise auch recht klar, nämlich, dass der Trainer gegen einen tiefstehenden Gegner, einen dominanten Auftritt seiner Mannschaft erwartete und dementsprechende Ressourcen zur Verfügung stellen wollte.
Und von Beginn an wirkten die Gäste auch keineswegs Müde von den Strapazen einer intensiven Europacuppartie am Donnerstag und drückten recht zügig aufs Gaspedal. Der Ball wurde bereits von hinten heraus flach zirkuliert und man suchte spielerische Lösungen, um durch die Linien der Lustenauer zu gelangen. Vor allem das Zentrum mit Braunöder und Fischer übernahm hier eine tragende Rolle im Übergangsspiel und es gelang im Aufbauspiel die beiden Akteure optimal einzubinden, damit sie den Ball anschließend nach vorne tragen konnten. Vor allem ein Muster wurde dabei klar, nämlich, dass man die rechte Seite strategisch überladen wollte.
Austria kehrt zum „spielerischen Dreieck“ auf der rechten Seite zurück
Diese Vorgehensweise ist zuletzt etwas abhandengekommen, da Mittelfeldspieler Fitz aus seiner halblinken Position viele Bälle an sich gezogen und man aus dieser Region viele Angriffe initiiert hat, um die Qualitäten des Spielmachers zu nutzen und hier für eine passende Struktur zu sorgen. Gegen Lustenau änderte sich der Ansatz etwas und verlagerte sich das Geschehen nach rechts, wo man Braunöder eine recht offensive Rolle zugestand und dieser mit Ranftl und Gruber und spielerisches Dreieck bilden sollte. Im Gegenzug übernahm Fischer eher den absichernden Part, um Braunöder den Rücken freizuhalten. Doch nicht nur das, auch Mittelstürmer Huskovic bekam einige Freiheiten in seiner Positionierung und durfte sich auf die Seite fallenlassen.
Dies hatte ein interessantes Positionsspiel zur Folge, was äußerst variabel war und viele Rochaden ermöglichte. Hier wurde mit vielen Gegenbewegungen gearbeitet, denn wenn Huskovic etwa auf den Flügel auswich, rückte im Gegenzug Gruber in die Spitze und besetzte die Position von Huskovic. Das wurde aus einem Kalkül heraus so praktiziert, da man damit die Manndeckungen der Lustenauer durcheinanderbrachte und bei diesen Positionswechseln die Frage bei den Gastgebern entstand, wen man nun zu decken hat. Aufgrund dieser strategischen Vorgehensweise erspielten sich die Wiener auch von Beginn an ein Übergewicht und bekamen die Partie recht schnell in den Griff. Immer wieder kam man sauber aus dem Spielaufbau heraus in die gegnerische Hälfte und drang recht problemlos bis ins letzte Drittel vor.
Dort stiftete man mit den beschriebenen Rochaden für viel Verwirrung und davon profitierte vor allem Angreifer Gruber, der sich meist von den Verteidigern absetzen konnte und dadurch immer wieder in gefährlichen Zonen freigespielt wurde und zu Torchancen kam. Schon nach 20 Minuten hätten daher die Gäste gut und gerne führen können, nachdem man zu einigen guten Möglichkeiten kam und etwa Gruber per Kopf die Stange traf. Nach einer knappen halben Stunde war es dann soweit, als man nach einem weiteren Überladungsversuch und einer Abkippbewegung von Huskovic nach rechts, Ranftl freispielte und dieser mit einer Maßflanke den ungedeckten Gruber bediente, der trocken zum 1:0 traf. Ein schöner Spielzug und ein hochverdienter Treffer. Auch danach ging es in der gleichen Tonart weiter und nahezu im Minutentakt kamen die Violetten zu guten Möglichkeiten, weshalb es gut und gerne 3:0 hätte stehen können.
Immer wieder gelang es der Offensive der Violetten, sich im Zwischenlinienraum aufzudrehen und dann mit Tempo ins letzte Drittel einzudringen. In der Phase waren die Lustenauer schlicht überfordert und trauten sich nicht wirklich nach vorne zu attackieren, da man Angst hatte, weiter hinten ein Loch aufzumachen. Die Wiener waren sehr gut auf die Vorarlberger vorbereitet und das war auch in einer Szene zu sehen, als „Sechser“ Fischer klug hinter Ranftl abkippte, damit die komplette Zuordnung beim Gegner durcheinanderbrachte und Braunöder freispielte, ehe der Ball zu Gruber kam und dieser aus fünf Meter freistehend (kläglich) vergab.
Nur sehr selten gelang es den Gastgebern, über Diaby und Fridrikas gefährliche Umschaltsituationen auszuführen. Eine solche bescherte den Vorarlbergern beinahe den Ausgleich, als nach einem leichtfertigen Ballverlust im Mittelfeld, Fridrikas durchbrach und sich in einem Zweikampf mit Galvao klug fallenließ, weshalb der Schiedsrichter auf Elfmeter entschied. Der gefoulte trat selber an und scheiterte an Austria-Torhüter Früchtl, der die Ecke erriet. Damit bewahrte der Schlussmann die Gäste vor einem riesigen Dämpfer, hatte man doch die Partie mehr als nur im Griff und schien es nur eine Frage der Zeit, bis man die nächsten Treffer folgenließ. So konnte man letztlich froh sein, mit der Führung in die Halbzeitpause zu gehen.
Lustenau stellt um, Wiener werden fahrig
Trainer Markus Mader konnte mit dem Auftritt seiner Mannschaft überhaupt nicht zufrieden sein, denn auch trotz des Elfmeters, hätte man gut und gerne zwei bis drei Gegentore kassieren müssen. Damit war klar, dass es Umstellungen bedarf, um wenigstens zu versuchen, die defensive Ordnung zu stabilisieren. Also stellten die Vorarlberger wieder auf eine Viererkette um und auf ein 4-3-3, weshalb Halbverteidiger Mätzler auf die halbrechte Achterposition nach vorne rutschte. Damit einherging auch eine wesentlich aktivere Verhaltensweise, denn man attackierte die Gäste nun nicht nur früher als zuvor, sondern man rückte auch mit der Abwehr recht weit nach vorne und versuchte damit, nicht nur als Block höher zu stehen, sondern auch die Räume durch die kürzeren Abstände entsprechend zu verdichten.
Die ersten Minuten wirkte das noch recht wackelig und die Violetten kamen zu einigen guten Umschaltsituationen nach Ballgewinnen, die man jedoch nicht sauber zu Ende spielte. Nach und nach bekamen die Lustenauer jedoch einen besseren Zugriff und verloren die Wiener etwas ihren Rhythmus. Einerseits machten es ihnen die Gastgeber nicht mehr so leicht durch das Mittelfeld zu spazieren und war man hier präsenter in den Zweikämpfen, andererseits leisteten sich die „Veilchen“ aber auch leichtfertigere Fehler und wurden im Ballbesitz fahriger. Immer wieder gab es unnötige Ballverluste in der Vorwärtsbewegung und verlor man die Bälle zu schnell, wodurch die verbliebene Dreierkette der Austrianer gehörig unter Druck kam und in diesen defensiven Umschaltsituationen oftmals Eins gegen Eins-Situationen verteidigen musste. Hier mussten die Gäste einige brenzlige Momente überstehen und können sich auch bei Torhüter Früchtl bedanken, der meist auf den Posten war.
Die violetten Austrianer verloren immer mehr ihre Ballsicherheit und fanden nicht mehr den Spagat zwischen den Ball in den eigenen Reihen laufen zu lassen und die vorhandenen Räume via Umschaltaktionen auszunutzen, weshalb man meist recht schnell nach vorne spielte und die Bälle entsprechend schnell wieder verlor. Möglich ist hier auch, dass man langsam die Strapazen vom Donnerstag in den Beinen spürte. Austria-Trainer Wimmer entging diese Tatsache nicht und er reagierte recht zügig auf das wackelige Spiel seiner Mannschaft. Mit Holland, Jukic und Silva brachte er gleich drei neue Spieler und legte mit Potzmann kurz darauf den vierten Wechsel nach. Damit sollten frische Kräfte in die Mannschaft kommen und das Auftreten wieder stabilisieren.
Und das sollte sich auch als goldrichtige Entscheidung erweisen, denn vor allem Holland und Jukic konnten mit ihrer Ballsicherheit das Spiel der Violetten beruhigen und diesem wieder mehr Struktur verleihen. Damit wurden die einfachen Ballverluste auch deutlich weniger und es gelang, die Räume des Gegners wieder effektiver zu bespielen. Das sollte sich auch relativ bald bezahlt machen und nach einem schönen Spielzug flankte der eingewechselte Silva mustergültig auf Gruber, der mit seinem achten(!) Abschluss das 2:0 besorgte. Die Wiener bekamen dann noch einen Elfmeter zugesprochen, der jedoch von Torhüter Schierl pariert wurde, weshalb es letztlich beim 2:0 Auswärtssieg für die „Veilchen“ blieb.
Fazit
Insgesamt war dies ein guter Auftritt der violetten Austria, aus dem man einige wichtige Erkenntnisse ziehen konnte. Vor allem spielerisch war dies ein Schritt in die richtige Richtung und das Trio Fitz, Huskovic und Gruber funktionierte und harmonierte sehr gut, wodurch man sich eine Vielzahl an hochkarätigen Torchancen erspielen konnte und auf einen Expected-Goal Wert von 3,5 kam. Der strategische Fokus auf die rechte Seite erwies sich als richtige Entscheidung von Trainer Wimmer, wovon speziell Matthias Braunöder profitierte, der hier seine Stärken nach vorne entsprechend einbringen konnte und daher auch besser als zuletzt zur Entfaltung kam. Auch Neuzugang Plavotic machte im Zentrum der Dreierkette eine gute Figur und könnte auch am Donnerstag eine Option gegen den Zielspieler von Legia sein.
Sprechen muss man über die Chancenverwertung und Anfangsphase der zweiten Halbzeit, denn in diesen Situationen hätte man das Spiel leichtfertig aus der Hand geben können und war hier nicht abgebrüht genug. Hier machte sich auch das Fehlen von Zielspieler Tabakovic bemerkbar, der in solchen Situationen selbst unter Druck die Bälle sichern und damit der Mannschaft Zeit verschaffen konnte. Hier müssen die Austrianer noch in den nächsten Wochen die richtige Balance finden und vor allem die einfachen Ballverluste abstellen, die die Dreierkette enorm unter Druck setzen, wie man bei der Situation zum Elfmeter sehen konnte. Dennoch kann man mit einem positiven Gefühl aus dieser Begegnung gehen und hat endlich nach einer langen Durststrecke wieder einen Sieg in Vorarlberg eingefahren.
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Stefan Karger
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