Am vierten Spieltag der Qualifikationsgruppe der österreichischen Bundesliga ging es für die Mannschaften Schlag auf Schlag, stand doch eine „englische Runde“ auf dem Programm. Für die Wiener Austria sind dies indes Wochen der Wahrheit, was nicht nur auf dem Platz gilt, sondern vor allem abseits des Feldes, geht es doch in den nächsten Tagen um die sportliche Zukunft und das sprichwörtliche Überleben. Für die Akteure der Violetten sicherlich keine einfache Situation, weshalb der Sieg zuletzt in St. Pölten umso imposanter erscheint. Doch auch die SV Ried kann auf erfolgreiche letzte Spieltag zurückblicken, denn seit der Amtsübernahme von Andreas Heraf, ist man unbesiegt geblieben und nur schwer zu knacken.
Rieder Nebelgranaten und die Betonmischer
Vom krisengeschüttelten Team der SV Ried ist in den letzten Wochen wenig übriggeblieben, denn seit der Übernahme von Trainer Heraf, erfolgte bei den Innviertlern der Umschwung. Wie gelang dieses Kunststück? Die Oberösterreicher waren auch unter Ex-Trainer Muslic nicht so schlecht, wie es die Statistiken und die Punkteausbeute andeuten würden, doch oftmals fehlte den Riedern schlicht auch das nötige Glück, was man anhand mehrerer Last-Minute-Niederlagen entnehmen konnte. Allerdings war der aktive Spielansatz von Muslic mit eingebauten Pressingwellen nicht wirklich von Erfolg gekrönt und konnte die Mannschaft dies nur zum Teil umsetzen. Neo-Trainer Heraf verfolgt dagegen einen völlig konträren Ansatz und setzt vordergründig auf eine sehr destruktive Spielweise, in der die defensive Stabilität die oberste Priorität genießt und dem beinahe alles untergeordnet wird. Daher läuft man auch sei einigen Wochen in einem 5-4-1 System auf, wo man es den gegnerischen Offensiven besonders schwermacht.
In der Offensive hofft man dabei auf den lieben Gott – und auch ein wenig auf den sich in exzellenter Form befindlichen Offensivspieler Grüll, der aktuell den Angriff der Oberösterreicher auf seinen Schultern trägt. Bei den erfolgreichen Spielen hatte er meist entscheidend seine Füße im Spiel und konnte mit seinen Aktionen für den Unterschied sorgen, wovon nun die Rieder in Form von saftigen Punktegewinnen profitieren. Der Austria stand also eine recht unangenehme Aufgabe bevor, die man nach wie vor ersatzgeschwächt in Angriff nehmen musste. Einzig der gesperrte Teigl kehrte in den Kader zurück, ansonsten vertraute Austria-Trainer Stöger weitestgehend auf die erfolgreiche Elf vom Sieg gegen St. Pölten und dem 4-4-2, in welchem Djuricin und Wimmer die Doppelspitze formten, während Fitz erneut auf dem Flügel postiert wurde.
Im Vergleich zum Spiel gegen St. Pölten war den Wienern dabei klar, dass diesmal noch mehr spielerische Lösungen gefordert sein werden und man viel Ballbesitz haben wird. Die Rieder überraschten allerdings zunächst nicht nur bei der Aufstellung, sondern auch beim System. Ried-Trainer Heraf entschied sich, nahezu die gesamte Mannschaft auszutauschen und vielen Akteuren Spielminuten zu gewähren, die in letzter Zeit wenig Einsatzzeit abbekamen. Darüber hinaus starteten die Oberösterreicher überraschenderweise aus einem 4-4-2 System heraus, was darauf deuten ließ, dass die Gäste doch eventuell einen etwas offensiveren Ansatz verfolgten.
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Komplizierte Raumsuche und der fehlende letzte Punch
Doch nach einigen Minuten offenbarte sich am Feld, dass dies in Wirklichkeit nur eine Nebelgranate war und man keine Anstalten machte, von der eigenen destruktiven Spielanlage abzuweichen, sondern indes nur kleine Psychospielchen mit der Austria spielte, um Verwirrung zu stiften. Daher orientierte sich der Allrounder Lackner auch recht schnell vom Mittelfeld zurück ins Abwehrzentrum und rückte neben den beiden Innenverteidigern ein. Dadurch entstand auf dem Feld ein maximal defensives 5-4-1 System, mit zwei äußerst tiefen Blöcken, die eng zueinanderstanden und wenig Platz dazwischen ließen. Der Austria wurde im Spielaufbau alle Zeit der Welt gegeben, man fokussierte sich stattdessen auf die relevanten Räume in der eigenen Strafraumnähe und das da nichts durchkam. Die Mitte wurde dabei Maximal verdichten und durch dieses 5-4-1 hatte man neben dem engstehenden Mittelfeld auch noch drei Innenverteidiger für das Zentrum zur Verfügung, um dieses zu überfluten und mit einer Menschenmauer zu versehen.
Als wäre die Aufgabe nicht bereits von Haus aus ein schwieriges Unterfangen, geriet die Austria auch noch nach wenigen Sekunden bereits in Rückstand. Nach einem Eckball traf der aufgerückte Innenverteidiger quasi mit der ersten Aktion zum frühen 1:0 der Gäste. Dies war natürlich Wasser auf den Mühlen der Rieder, konnte man sich dadurch vollkommen auf die Defensive konzentrieren und mussten die violetten Gastgeber kommen. Wie reagierte die Austria auf den Rückstand? Man ließ sich nicht wirklich großartig aus der Ruhe bringen und versuchte kühlen Kopf zu bewahren. Das Spielgerät wurde sicher in den eigenen Reihen zirkuliert und man versuchte, den Block der Rieder in Bewegung zu bringen und auseinanderzuspielen. Etwas überraschend kippte ein Mittelfeldspieler zwischen die Innenverteidiger zu Beginn und sorgte für eine Dreierkette, obwohl die Gäste eigentlich den Spielaufbau gar nicht anliefen und nur ein Rieder-Stürmer den aufbauenden Austrianern gegenüberstand.
Hier zeigte die Violetten im Vergleich zum Spiel gegen St. Pölten einige gute Anpassungen, da die beiden Sechser sich in der Positionierung besser abwechselten, aber auch das Abkippen variabler gestaltet wurde, weshalb auch u.a. Rechtsverteidiger Ebner mal tiefer verblieb und eine Dreierkette entstehen ließ. Das war für die Ballzirkulation in den ersten beiden Dritteln natürlich förderlich, weshalb der Ballbesitz auf über 75 Prozent anwuchs und die Passquote über 90 Prozent betrug, allerdings wirklich gefährlich wurde man dadurch nicht, da man weiter vorne an Präsenz einbüßte. Man versuchte sehr aktiv über die beiden Außenverteidiger ins letzte Drittel zu kommen und seitlich den Beton der Rieder zu knacken, was sich allerdings als schwere Angelegenheit offenbarte. Die Gäste schafften es nämlich, recht schnell Zugriff auf die Außenzonen zu kriegen und verschoben recht ballorientiert, wodurch man die Flügelspieler konstant doppeln konnte. Für die Austrianer verkomplizierte dies die Sache ziemlich, da man selten in Eins gegen Eins-Situationen kam und vielfach in Unterzahl agieren musste.
Dadurch war es wichtig, im Zwischenlinienraum die notwendige Präsenz mitzubringen und auf engem Raum Durchsetzungsvermögen zu beweisen. Allerdings fehlte es hier an den notwendigen Ressourcen, da ein Fitz etwa auf dem Flügel versauerte und sich aufgrund seiner physischen Limitierungen schwertat, während Wimmer sich im engen Raum schwertat, einerseits eine Bindung aufzubauen, andererseits in seinen Aktionen sauber zu bleiben. Einzig sofern Fitz oder Sarkaria in die Halbpositionen einrückten, entstand hier im Ansatz Gefahr, wodurch allerdings in weiterer Folge der Flügel verwaist blieb, da etwa ein Ebner nicht viel Dynamik im Offensivspiel mitbringt. Bei der besten Aktion des Spiels gelang es Sarkaria im Zwischenlinienraum diagonal freizuspielen, ehe der Kreativspieler mit einem tödlichen Pass Djuricin bediente, der im letzten Moment geblockt wurde.
Ansonsten war es meiste Zeit über das gleiche Bild, welches man zu sehen bekam: Viele Pässe, viel über die Breite, zahlreiche Standardsituationen, aber nur selten wirkliche Strafraumaktionen, wo man zu klaren Abschlusspositionen kam. Allerdings wurde es den Wienern natürlich auch schwergemacht und im Rahmen der Möglichkeiten, war das Dargebotene gar nicht so schlecht. Das Gegenpressing funktionierte die meiste Zeit und man konnte viele Bälle rückerobern, was man auch anhand der Ballbesitzstatistik entnehmen kann. Daraus resultierte eine klare Dominanz, die man allerdings nur selten in gute Torchancen ummünzen konnte. Hier hätte man sich noch ein sauberes Positionsspiel gewünscht, bessere Rochaden und mehr Konsequenz in den Aktionen. Man bekam dann zumindest einen Elfmeter zugesprochen, wodurch der Ausgleich erzielt wurde und es mit einem 1:1 in die Pause ging.
Austria wirkt zunehmend ratlos
Zum Beginn der zweiten Halbzeit reagierte Gäste-Trainer Heraf mit einem Doppelwechsel und brachte mit Grüll und Bajic seine beiden „Raketen“ auf das Feld. Der Hintergedanke dahinter war klar, die beiden Offensivspieler sollten das zuvor nicht vorhandene Konterspiel der Rieder beleben und die Wiener mit ihrer Geschwindigkeit vor Probleme stellen. Und dieser Plan ging auch auf, denn mit ihrem Tempo im Konterspiel, bedrohten sie die Gastgeber immer wieder und kamen auch zu Möglichkeiten. Dadurch war bei der Austria Vorsicht geboten, da man in der Absicherung aufpassen musste und auch nicht mehr so offensiv wie im ersten Durchgang agieren konnte. Die Folge war, dass man nur noch selten wirklich Durchschlagskraft entwickelte und sich zunehmend schwertat, überhaupt ins letzte Drittel vorzudringen.
Immer wieder lief man sich auf dem Flügel fest und agierte zu unsauber auf engem Raum. Man wirkte sichtlich zunehmend ratlos und es fehlte an den nötigen Lösungsansätzen, da man mit dem Latein am Ende war. Hier hätte es zwingend frische Impulse von draußen gebraucht, allerdings zögerte Austria-Trainer lange bei seinen Einwechslungen und brachte nicht etwa Zeka, der mit seiner Dribbelstärke für Dynamik über den Flügel sorgen hätte können. Auf der anderen Seite nutzen die Rieder eine ihrer Konterchancen zum 2:1 durch den eingewechselten Grüll, der den Not-Innenverteidiger Zwierschitz alt aussehen ließ. Danach rannte die Austria mit dem Kopf durch die Wand und setzte sich in der gegnerischen Hälfte fest, wobei man meist nur aus der Distanz gefährlich wurde. Letztlich führte die schönste Aktion des zweiten Durchgangs zum Ausgleich in der Nachspielzeit durch den starken Djuricin, der vor dem Tor die Ruhe behielt und seiner Mannschaft zumindest einen Punkt bescherte.
Fazit
Die Austria musste sich also letztlich mit einem Punkt begnügen, wobei man dadurch immerhin das Worst-Case Szenario einer Niederlage abwenden konnte. Gegen solch einen destruktiven Gegner auch noch zu verlieren, hätte den Violetten bestimmt besondere Schmerzen bereitet und wäre auch nicht dem Spielgeschehen entsprechend gewesen. Man war zwar über die gesamte Spieldauer bemüht und auch dominant, aber letztlich auch zu limitiert, um mit den engen Räumen umzugehen und sich hier zu behaupten. Die Aufgabenstellung war allerdings auch nicht leicht, sind die Innviertler doch aktuell das wohl destruktivste Team der Liga, welches unangenehm zu bespielen ist. Allerdings müssen die Austrianer lernen damit umzugehen und vor allem darf man keine zwei Gegentreffer gegen einen solchen Gegner kassieren, denn das erschwert die Sache natürlich nochmal ungemein.
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Dalibor Babic
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