Nachdem die lange Serie an ungeschlagenen Spielen für die Wiener Austria am vergangenen Spieltag beim 0:1 gegen Salzburg endete, war nun im Lager der... Analyse: Austria bezwingt den GAK dank der Halbzeit-Umstellungen

Nachdem die lange Serie an ungeschlagenen Spielen für die Wiener Austria am vergangenen Spieltag beim 0:1 gegen Salzburg endete, war nun im Lager der Violetten Wiedergutmachung angesagt und man wollte wieder schnell in die Spur zurückfinden. Es ging dabei nach Graz zum GAK, womit man nun innerhalb eines Monats gleich drei Mal in der steirischen Landeshauptstadt gastierte.

Im Vergleich zu der Niederlage in Salzburg, musste Austria-Trainer Stephan Helm eine wichtige Änderung vornehmen, fehlte doch Abwehrchef Dragovic aufgrund seiner fünften gelben Karte gesperrt und damit der wohl wichtigste Spieler der Mannschaft. Für ihn rückte Galvao in die Abwehr, während Plavotic die Position von Dragovic im Zentrum der Innenverteidigung übernahm. Noch dazu bekam Perez-Vinlöf diesmal den Vorzug vor Guenouche, der zuvor die vergangenen beiden Spiele starten durfte.

In Sachen System gab es auch keine großartige Überraschung und man lief im gewohnten 3-3-2-2/5-3-2 auf. Der GAK auf der anderen Seite hatte nicht diesen Luxus, auf fast die gleiche Mannschaft des vergangenen Spieltages zurückgreifen zu gönnen, grassierte doch ein Virus in den Reihen der Steirer und waren davon gleich mehrere Stammspieler betroffen. So fiel auch unter anderem der Stammtorhüter Wiegele und Kapitän Maderner aus, womit den „Rotjacken“ kein nomineller Mittelstürmer mehr zur Verfügung stand. Keine einfache Situation für den GAK-Trainer Rene Poms, der es seit seiner Übernahme schaffte, die Mannschaft direkt zu stabilisieren und vor allem gegen den Ball zu einer guten Organisation zu verhelfen.

GAK geht mutig gegen Austrias-Spielaufbau vor

Daher war man nun klarerweise gespannt darauf, wie es der GAK mit dieser „Rumpftruppe“ angehen wollen würde. In Sachen Grundformation gab es keine Überraschung und man lief im gewohnten 5-2-3/3-4-3 auf. In der ersten Pressinglinie setzte man auf eine „flache Dreierreihe“, die recht eng nebeneinanderstand und zunächst den zentralen Raum verschließen sollte. Gleichzeitig orientierte man sich aber auch an die gegnerische „Dreierkette“ im Aufbau und schob auf den ballführenden hinaus, um diesen zu stellen. Die defensive Anordnung der ersten Pressinglinie kann man beim nächsten Bild gut erkennen:

Austria im Aufbau, der GAK empfängt die Gäste in der ersten Pressinglinie aus einer „flachen Dreierreihe“ heraus, die eng zusammensteht und die zentralen Passwege verschließen, aber auch den ballführenden Verteidiger stellen soll.

Spielten die Innenverteidiger der Austria dann in die Breite auf die „Schienenspieler“, war dies der Pressingauslöser für den GAK. Hier wurde dann aus dem 5-2-3 situativ ein 3-4-3 und der eigene Flügelverteidiger der Grazer attackierte weit vorne seinen gegnerischen Positionskollegen. Damit sollte verhindert werden, dass die Gäste über den Flügel sauber und in Ruhe ihr Übergangsspiel in die gegnerische Hälfte aufziehen konnten. Man verschob dazu in diesen Pressingmomenten auch recht ballorientiert, wodurch man in Ballnähe recht präsent war und den Raum entsprechend eng machen konnte.

Generell legten es die Steirer in ihrem defensiven Matchplan recht mutig an und man verteidigte überwiegend aus einem 3-4-3 heraus. Die Innenverteidiger der Austria wurden zwar in Ruhe gelassen, aber sobald der Ball zu den lokalen Mitspielern ging, wurden diese aggressiv angelaufen. Das sorgte dafür, dass die violetten Gäste sehr viel in die Breite spielen und immer wieder den Weg zurück über die eigene Dreierkette im Aufbau suchen mussten, um es dann über die andere Seite zu probieren.

Perez-Vinlöf mit Schlüsselrolle im Aufbau

Das kam für das Trainerteam der Austria nicht überraschend, weshalb man sich im Spielaufbau auch etwas gegnerspezifisches überlegte. Hier wählte man zwei Varianten: Die Erste betraf wie mittlerweile üblich Halbverteidiger Handl, der situativ auf die „Sechs“ neben Kapitän Fischer kippte. Diese Variante verpuffte jedoch recht schnell, da sich der GAK drauf einstellte und in den Fällen situativ auf ein 3-5-2 umstellte. Bei der zweiten Variante überlegte man sich einen weiteren strategischen Kniff und kam hier Linksverteidiger Perez-Vinlöf eine Schlüsselrolle zu. Der schwedische U21-Teamspieler sollte sich seitlich hinter der ersten Pressinglinie des Gegners und in der Schnittstelle der gegnerischen Defensivordnung positionieren. Die beschriebenen Aspekte kann man bei der nächsten Bildsequenz gut erkennen:

Die Austria im Aufbau, Halbverteidiger Handl rückt neben Fischer ins Zentrum, wodurch in der Spieleröffnung situativ eine Viererkette entsteht. Die erste Pressinglinie des GAK reagiert darauf (blaue Linie) und wird Handl von einem Stürmer verfolgt. Linksverteidiger Perez-Vinlöf positioniert sich seitlich hinter der ersten Pressinglinie (gelber Strich) und in der Schnittstelle der defensiven Formation des Gegners, weshalb er frei und anspielbar ist.

Diese Überlegung des Trainerteams der Austria war an und für sich ein kluger Schachzug, da wie man sieht im Umkreis jeder GAK-Spieler gebunden ist und eine Vier-gegen-Drei-Überzahlsituation auf Ballhöhe herrscht. Damit hatte man prinzipiell einen strategischen Lösungsansatz, mit dem man konstant ein ordentliches Übergangsspiel aufziehen konnte und in die gegnerische Hälfte kam. Das machte sich auch bezahlt und in der Anfangsphase bekamen die Violetten einen recht guten Zugriff auf das Spiel. Man kam gut aus dem Spielaufbau in die gegnerische Hälfte und stellte den GAK vor Probleme.

Durch das 3-4-3 der „Rotjacken“ in der Defensive, bedeutete dies für die Innenverteidiger der Grazer, dass man in der letzten Abwehreihe oftmals Mann gegen Mann gegen die violetten Stürmer verteidigen musste. Hier zeigte sich der erwähnt mutige Ansatz der Gastgeber, will man das doch eigentlich gegen die physisch starken Angreifer der Wiener unbedingt vermeiden. Und es wäre für die Steirer in der Anfangsphase auch beinahe schiefgegangen: Nachdem die Austria über den oben erwähnten strategischen Kniff Perez-Vinlöf freispielte, stand die GAK-Abwehr recht hoch und verteidigte Mann gegen Mann, wie die nächste Bildsequenz zeigt:

Die Austria spielt Perez-Vinlöf mit einer Verlagerung im Spielaufbau frei, der dann viel Zeit am Ball hat und mit einem langen Ball den in die Tiefe startenden Prelec bedient. Der legt anschließend auf Malone ab, der mit einer flachen Hereingabe den mitgelaufenen Barry findet und dieser nur noch ins leere Tor einschieben muss. Ein toller Spielzug.

Da Angreifer Malone mit der Zehenspitze im Abseits stand, wurde das Tor zum Leidwesen der Austria zwar vom „VAR“ einkassiert, zeigte aber dennoch wunderbar die bislang beschriebenen Aspekte der beiden Teams auf.

Violettes Übergangsspiel flacht immer mehr ab

Das sollte aus Sicht der Wiener jedoch eine der letzten Situationen im ersten Durchgang sein, wo es aus dem Spielaufbau heraus gelang, sauber in die gegnerische Hälfte zu kommen. Nach gut 20 Minuten flachte das Spiel der Gäste nämlich zunehmend ab. Das hatte im Enddefekt zwei große Ursachen: Der erste Grund lag am GAK, der sich nach den durchwachsenen Anfangsphase defensiv anpasste und auf den Schachzug mit Linksverteidiger Perez-Vinlöf reagierte. Man setzte nun Flügelverteidiger Schiestl auf den Schweden an, während Fitz von Halbverteidiger Graf gedeckt wurde. Durch diese klarere Zuordnung gelang es einen besseren Zugriff auf diese Variante zu erlangen und das gegnerische Vorwärtskommen zu erschweren.

Die andere Ursache lag an der Austria selbst. Man schläferte sich mit dem eigenen Spielaufbau bisweilen selbst ein. Immer wieder wurde der Ball in der Verteidigung von links nach rechts gespielt (weshalb die violette Innenverteidigung am Ende mit Abstand die meisten Ballkontakte im Spiel hatte) und eine Lücke in der Verschiebebewegung des GAK gesucht. Doch diese Lücke wurde von den Violetten kaum gefunden und wenn doch, dann nicht wirklich ausgenutzt. Oftmals rannte man sich am Flügel fest und spielte unter Druck einen Pass der Seitenlinie entlang, womit die Offensivspieler jedoch recht wenig anfangen konnten.

Des Weiteren wurde auch der Schachzug mit Perez-Vinlöf nicht optimal weitergedacht. Einerseits gelang es zu selten wie beim Abseitstor, den GAK beispielsweise auf die rechte Seite zu locken, dann die Seite zu verlagern auf Perez-Vinlöf, der dann den direkten langen Pass auf die Stürmer sucht. Andererseits war aber Perez-Vinlöf auch oftmals isoliert, da er kaum Anspielstationen in seiner näheren Umgebung hatte und damit ein Vorwärtskommen nahezu unmöglich war. Das kann man beim nächsten Bild gut erkennen:

Perez-Vinlöf am Ball, in seiner lokalen Umgebung hat er mit Fitz nur eine Anspielstation, wodurch er in einer klaren Unterzahl und isoliert vom Rest der eigenen Mannschaft ist.

Hier hätte es mehr Unterstützung und positionelle Rochaden gebraucht, um auch mehr Anspielstationen zu kreieren. Man hätte z.B. Barry in die Region positionieren, oder Halbverteidiger Galvao die Rolle von Perez-Vinlöf einnehmen lassen können, damit der Linksverteidiger anschließend nach vorne gehen und für Breite im Spiel hätte sorgen können. Eine Variante wäre es auch gewesen, ganz simpel wie etwa beim Abseitstor, das Pressing des GAK anzulocken und dann lange Bälle auf die Stürmer zu spielen, um dann notfalls auf die zweiten Bälle zu gehen.

Stattdessen versuchte man aus diesen isolierten Ausgangssituationen heraus krampfhaft spielerische Lösungen zu kreieren, was mehrmals in gefährliche Ballverluste – speziell von Perez-Vinlöf – im Spielaufbau mündete. Dadurch gelang es dem GAK erstmals nach 25 Minuten in der Offensive aktiv zu werden, nachdem man zuvor kaum den Ball über mehr als zwei, drei Stationen laufen lassen konnte. Diese Einladungen nahmen die Gastgeber klarerweise an und kreierten nicht nur Offensivszenen, sondern gewannen dadurch auch an Mut und Selbstvertrauen. Vereinfacht gesagt holten die Violetten den Gegner mit den eigenen leichten Ballverlusten zurück ins Spiel und hauchten ihm Selbstvertrauen ein.

Dadurch verloren die Austrianer immer mehr den Faden und blieb es bis zum Halbzeitpfiff ein ausgeglichenes Spiel, ohne große Torraumszenen auf beiden Seiten.

Passende Halbzeitumstellung legen den Grundstein zum violetten Sieg

Nach dem schwachen zweiten Abschnitt der ersten Halbzeit, musste Austria-Trainer Helm reagieren und an Lösungsansätzen arbeiten, um das Spiel seiner Mannschaft wiederzubeleben. Dabei galten die Maßnahmen vor allem dem stockendem Aufbauspiel, wodurch man ja Probleme hatte, sauber in die gegnerische Hälfte beziehungsweise ins letzte Drittel zu gelangen. Zunächst versuchte man das Isolationsproblem beim strategischen Kniff mit Perez-Vinlöf zu lösen, in dem man einerseits Halbverteidiger Galvao weiter aufrücken ließ und andererseits Kapitän Fischer in die Nähe positionierte. Dadurch bildete man fortan ein spielerisches Dreieck und kreierte eine konstante Überzahl in dieser Region, was das nächste Bild gut zeigt:

Die Austria im Spielaufbau, Galvao rutscht nun weiter in die Breite, während Fischer sich aktiver zwischen der ersten Pressinglinie anbietet. Durch diese verbesserte Positionierung entsteht ein schönes „Dreieck“, mit dem man eine Überzahl kreiert.

Der zweite Lösungsansatz betraf auch diese Thematik und man nahm einen Rollentausch vor. Statt Perez-Vinlöf, übernahm nun Fitz diese Schlüsselrolle im Aufbau. Der Linksverteidiger gab fortan die Breite und schob weit nach vorne, während Fitz sich nun fallen ließ und die Bälle abholte. Es war bereits im ersten Durchgang etwas seltsam, warum Fitz diesen Part so selten ausfüllte und stattdessen häufiger am Flügel Breite gab oder höher verblieb. Diesen Umstand erkannte man scheinbar auch und korrigierte ihn, weshalb nun eben die Rollen der beiden Spieler getauscht wurden.

Dazu versuchte man auch den Pressingauslöser des GAK zu unterbinden und zielte es auf die Seite ab, wo Debütant Schiestl agierte. Da Perez-Vinlöf nun weit aufrückte, wurde Flügelverteidiger Schiestl nach hinten gedrückt und zögerte oftmals, auf Fitz herauszurücken und ihn zu attackieren. Dadurch bekam der Spielmacher der Violetten nun viel Freiraum und wurde strategisch freigeschoben, was im nächsten Bild gut zu erkennen ist:

Die Austria im Spielaufbau, der Ball kommt zu Fitz, der im Umkreis von mehreren Metern keinen Gegenspieler hat und für den sich kein Grazer verantwortlich fühlt (siehe gelbe Linien). Stürmer Lichtenberger bleibt an Galvao dran, Sechser Fofana an Fischer und Flügelverteidiger Schiestl an Perez-Vinlöf.

Es gab auch einen dritten Ansatz der lautete, den Ball öfter direkt in die letzte Linie zu spielen – wenn es sein muss auch in Form von langen Bällen. Es galt die Pressinglinien des GAK zu überwinden und die Innenverteidiger unter Druck zu setzen, die ja keine Unterstützung bekamen. Man sollte schlichtweg variabler im Übergangsspiel werden und sich nicht ausschließlich auf eine flache Lösungsfindung versteifen. Das war jedoch nicht immer nötig, so wie etwa in der letzten Bildsequenz, als Fitz den am linken Bildrand freistehenden Malone fand und anschließend der Ball in den Strafraum kam und ein Handspiel eines GAK-Verteidigers erfolgte. Den fälligen Elfmeter verwandelte Spielmacher Fitz wie gewohnt souverän zum 1:0 und brachte damit seine Mannschaft in Front, womit die Umstellung direkt in einen Torerfolg resultierte.

Mit diesen Anpassungen gelang es der Austria, das Spiel wieder unter Kontrolle zu bringen und dem GAK keine Luft zum Atmen zu geben. Durch diesen aufgebauten Druck machten die Gastgeber Fehler, so wie beim 2:0, als Malone auf einen Fehler des Verteidigers spekulierte und nicht nur mit einem Ballgewinn belohnt wurde, sondern auch mit einem Torerfolg und seinem siebten Saisontor. Im Anschluss daran kontrollierten die Violetten das Spiel und wollten es in Ruhe nach Hause verwalten. In der Nachspielzeit wurde es dann nochmal kurz spannend, nachdem man das erste Gegentor nach einem Eckball in dieser Saison kassierte und der GAK mit dem 1:2 nochmal herankam. Jedoch war dies zu spät, weshalb es bei dem Endstand auch bleiben sollte.

Dalibor Babic