Am achten Spieltag der Meisterrunde, kam es zwischen dem SK Sturm Graz und der Wiener Austria zu einem enorm wichtigen Duell um einen Europacupplatz. Die Grazer hatten dabei die Möglichkeit, mit einem Sieg die Austria auf Distanz zu halten und zumindest den vierten Tabellenplatz abzusichern, mit der Möglichkeit auch noch den WAC abzufangen. Auf der anderen Seite war es für die Austria ein wirkliches Endspiel, da man nur mit einem Sieg eine Chance auf diesen heiß begehrten dritten Tabellenplatz wahren konnte. Das Spiel bot also viel Spannung und für beide Teams ging es um äußerst viel.
Sturm zeigt spielerische Ansätze
Der SK Sturm läuft unter Trainer Mählich nun seit einigen Wochen bereits mit einem neuen System auf, nachdem man der Fünferkette in der Abwehr abgeschworen und die Grundordnung auf ein 4-1-4-1 umgestellt hat. Prinzipiell eine gute Entscheidung der Grazer, denn man verfügt speziell im Mittelfeld über sehr interessante Personalien und durch die neue Systematik rückt der Fokus vermehrt auf diese Region, wodurch auch das Ballbesitzspiel der Steirer angekurbelt werden sollte. Auf der anderen Seite vertraute die Austria auf ihre übliche 5-2-3/3-4-3 Grundordnung, wobei man personell etwas durchmischte und u.a. mit Ebner ein wichtiger Baustein aus dem Herbst nach einer langen Verletzungspause in die Mannschaft zurückkehrte.
Die Austria versuchte es zu Beginn etwas abwartender und formierte sich gegen den Ball zu einem 5-2-3/5-4-1, wobei man die Abwehrspieler des Gegners gewähren ließ und nur versuchte, die Passwege zuzustellen. Die drei vordersten Spitzen sollten vor allem den zentralen Korridor abdecken, wobei speziell Stürmer Monschein mit seinem Deckungsschatten den gegnerischen Sechser Dominguez vom Spiel abschneiden sollte. Im Ballbesitz bzw. Spielaufbau zeigten die Wiener in den Anfangsminuten interessante Ansätze und spielten sich in einer Szene schön durch die Defensivformation des Gegners in die gegnerische Hälfte. Die Grazer versuchten nämlich ihrerseits, mit einem 4-3-3 gegen den Ball die Austria zuzustellen, wobei man dabei sehr mannorientiert agierte und jeder Spieler eine klare Zuteilung bekam. Die drei Angreifer der Gastgeber orientierten sich an den drei Innenverteidigern, die beiden Achter rückten auf die gegnerischen Sechser Jeggo und Matic und so weiter.
Doch die Austria konnte wie erwähnt in den Anfangsminuten im Spielaufbau diese gegnerische Mannorientierung über den Halbraum aushebeln. Da der ballnahe Achter der Grazer auf den Sechser des Gegners herausrückte und Rechtsverteidiger Spendlhofer von Martschinko nach hinten gedrückt wurde, öffnete sich dadurch der Halbraum für Prokop, der völlig frei und ungedeckt den Ball empfangen konnte und damit die erste und zweite Pressinglinie des Gegners aushebelte. Zum Leidwesen der Austria, war dies jedoch die einzige Szene, wo dieser Ansatz sauber und gut ausgeführt wurde. Die restliche Halbzeit tat man sich äußerst schwer, von hinten sauber herauszuspielen und flüssig in die gegnerische Hälfte zu kommen. Über die beiden Sechser kam man nicht nach vorne, da diese recht gut abgedeckt wurden und weil man nicht geduldig genug den Ball in den hinteren Reihen zirkulieren ließ, konnten die Violetten auch die beiden Halbraumspieler Prokop und Grünwald nicht freischieben und in Position bringen. Stattdessen spielte man viele lange Bälle und versuchte, die Schnelligkeit von Stürmer Monschein auszunutzen und ihn hinter den Außenverteidigern zu schicken. Die Folge war jedoch meist der Ballverlust, weshalb die Wiener wenige Spielanteile hatten.
Pressingresistenter Dominguez bringt Sturm Struktur
Davon profitierte auch Sturm, die durch diese erzwungenen langen Bälle, das Spielgerät relativ rasch sichern und in eigenen Ballbesitz umwandeln konnte. Die Steirer versuchten dabei sichtlich eine spielerische Linie in ihr Spiel zu bringen und über einen kontinuierlichen Spielaufbau nach vorne zu kommen. Dafür ließ man etwa die beiden Außenverteidiger recht tief, damit man mit der Viererkette die erste Pressinglinie der Austria mit ihren drei Stürmern strecken und auch eine Überzahl schaffen konnte. Die Schlüsselrolle im Spielaufbau nahm aber eine Etappe weiter vorne der Ankersechser Dominguez ein. Der Spanier, der im Winter erst zu den Grazern kam, zeichnet sich durch seine Pressingresistenz aus und bringt eine unheimliche Ruhe und Sauberkeit am Ball mit, wodurch er dem Spiel der Steirer Struktur verleihen kann. Immer wieder konnten sich die Gastgeber über den spanischen Sechser von hinten lösen und für einen sauberen Übergang in die gegnerische Hälfte sorgen.
Das konnte man auch bei der ersten vermeintlichen Großchance von Sturm sehen, die zu Unrecht wegen Abseits zurückgepfiffen wurde. Die Szene nahm ihren Lauf, da Ankersechser Dominguez seine Pressingresistenz demonstrierte und das Gegenpressing der Austria mit einer Aktion aushebelte, wodurch die Gäste plötzlich in eine Unterzahlsituation gerieten und folglich Stürmer Pink alleine auf den Kasten zulaufen konnte. Die Entstehung der Szene kann man beim nächsten Bild gut nachvollziehen:
Die Austria mit dem Ballverlust und dem versuchten Gegenpressing, allerdings lässt sich Sechser Dominguez trotz des Druckes nicht aus der Ruhe bringen und spielt mit einem Gegner im Rücken den raumöffnenden Pass zu Stürmer Pink, der Klatschen lässt und in die Tiefe startet, um von Jantscher den Ball wiederzuerhalten.
Sturm war in dieser Phase die wesentlich bessere und strukturiertere Mannschaft und kontrollierte dadurch die Partie, weshalb man auch auf Ballbesitzzeiten von 60 Prozent kam. Neben dem starken Dominguez, kam man ebenfalls über die tiefen Außenverteidiger recht schnell in die gegnerische Hälfte und vor allem Linksverteidiger Mensah konnte mit seinen Vorstößen immer wieder Meter nach vorne machen und das Spiel in höhere Zonen verlagern. Die Austria brachte nicht wirklich einen Fuß auf das Spielfeld und wirkte nicht nur im Ballbesitz fahrig, sondern auch im Defensiv- und Zweikampfverhalten. Zwar rückte man durchaus aktiv auf den ballführenden heraus und doppelte ihn auch, allerdings bekam man schlicht zu wenig Zugriff und saubere Balleroberungen, um selber in Ballbesitz zu kommen, geschweige denn überhaupt kontern zu können. Die Folge war, dass man eigentlich nur reagierte und sich immer tiefer nach hinten fallen ließ, um zumindest Sturm nicht die Möglichkeit zu geben, einen Treffer zu erzielen.
Auch dieser Plan ging schief, denn die Steirer nutzten ihre Überlegenheit aus und erzielten den verdienten Führungstreffer. Nach einer Flanke vom druckvollen Mensah, kam der Ball über Umwege zu Kiteishvili, der technisch stark seine Gegenspieler ausspielte und mit einem schönen Flachschuss das 1:0 erzielte. Es schien so, als würde alles optimal in Richtung der Gastgeber laufen. Doch wenig später leistete man sich einen kapitalen Bock, womit man den Gegner zum Leben erweckte. Linksverteidiger Mensah spielte einen schlechten Rückpass, den Monschein abfing und in weiterer Folge mit seinem Abschluss an Torhüter Siebenhandl scheiterte, ehe Kapitän Grünwald den Nachschuss zum 1:1 verwertete. Damit war die Austria plötzlich wieder im Spiel zurück und gab den Gästen sichtlich Auftrieb und Selbstvertrauen zurück.
Das Spiel wurde dadurch bis zur Halbzeitpause plötzlich extrem hektisch und teilweise wild, wodurch die Struktur etwas verloren ging und beide Teams gefährliche Situationen überstehen mussten. Die Austria war plötzlich sogar die gefährlichere Mannschaft und kam einige Male zu aussichtsreichen Situationen im Strafraum, doch die Grazer konnten meist noch im letzten Moment klären. So ging es mit einem 1:1 Unentschieden in die Halbzeitpause.
Passive Austria präsentiert sich kaltschnäuzig
Vor dem Wiederanpfiff musste die Austria schon eine bittere Nachricht hinnehmen, denn Innenverteidiger Schoissengeyr musste verletzungsbedingt in der Kabine bleiben, weshalb der junge Borkovic in die Partie kam und ihn ersetzte. Damit blieb von der Stammabwehr nur noch Madl über und man agierte quasi mit dem letzten Aufgebot. Die Folge davon war, dass man sich nun aus Vorsicht weiter nach hinten orientierte und in erster Linie danach trachtete, keinen Gegentreffer zu kassieren und Stabilität in die Defensive zu bringen. Dadurch kam Sturm wieder zu mehr Ballbesitz und agierte aktiver, während die Austria zurückhaltend und in einer passiven Haltung verblieb.
Doch mit dem ersten Konterangriff, schlugen die Wiener dann plötzlich eiskalt zu. Kapitän Grünwald schickte den schnellen Monschein auf die Reise, ehe der Ball über Umwegen zu Grünwald kam, der nach einem 60 Meter Sprint sehenswert den Ball ins Netz zum 2:1 beförderte. Mit der Führung im Rücken verbarrikadierten sich die violetten Gäste nun erst hinten ein und ließen den Gegner kommen. Ein engmaschiges 5-4-1 wurde vor dem eigenen Tor aufgestellt und Sturm musste nun gegen den tiefstehenden Block der Austria Lösungen kreieren. Doch so richtige Lösungsansätze hatte man nicht parat. Die meiste Zeit versuchten es die Steirer über die Flügel und über diese Zone Durchbrüche zu kreieren, doch entweder agierte man im letzten Drittel zu ungenau, oder konnte die Austria diese durchschaubaren Versuche verteidigen. Die Folge davon war, dass man aus dem Spiel heraus eigentlich zu keiner guten Abschlussaktion kam und nur nach Standards einige Male gefährlich wurde.
Und das obwohl die Austria in der Abwehr auf der letzten Felge daherkam. Rückkehrer Ebner musste nach 70 Minuten runter, da er von Krämpfen geplagt war, weshalb Sechser Demaku als Halbverteidiger aushelfen musste und damit zwei Drittel der Innenverteidigung 18 Jahre alt waren. Dennoch verteidigte man weiterhin diszipliniert und kam auch auf weitere Chancen, für die Vorentscheidung zu sorgen. In der 85. Minute war es dann letztlich soweit und der starke Grünwald schickte Monschein auf die Reise, der diesmal die Ruhe behielt und zum 3:1 Endstand einschob, der die drei Punkte für die Austria endgültig besiegelte.
Fazit
Sturm musste also einen herben Dämpfer im Kampf um den dritten Tabellenplatz hinnehmen. Zwar brachte man insgesamt keine schlechte Leistung und war über weite Strecken der Partie die spielbestimmende Mannschaft, doch man leistete sich einerseits kapitale Fehler, die sofort bestraft wurde, und andererseits konnte man in der zweiten Halbzeit gegen den tiefstehenden Block des Gegners letztlich zu wenige Lösungen und Durchschlagskraft kreieren, um das Spiel doch noch drehen und gewinnen zu können. Damit spitzt sich die Situation für Sturm im Kampf um den Europacupplatz zu und in den letzten beiden Runden braucht man dringend Punkte, um zumindest den vierten Platz abzusichern.
Die Austria dagegen, konnte dieses wichtige Spiel für sich entscheiden und damit zu den Grazern aufschließen. Leistungstechnisch zeigten die Violetten zwar lange Zeit keine gute Leistung und waren vor allem bis zum 1:1 überhaupt nicht auf dem Feld, doch nach dem Ausgleichstreffer bekam man die dringend benötigte Moralspritze, um in dieses Spiel zu finden. Speziell in der zweiten Halbzeit zeigte man vor allem in kämpferisch Hinsicht einen beherzten Auftritt und verteidigte mit Mann und Maus das eigene Tor, weshalb man nur wenige Chancen des Gegners zuließ, während man in der Offensive dank der Genieblitze von Kapitän Grünwald, die eigene individuelle Klasse nutzen und somit den Sieg letztlich fixieren konnte. Dank dieses wichtigen Erfolges, steht nun ein echtes Finale am kommenden Sonntag gegen den WAC an, wo man mit einem Sieg nochmal einen Angriff auf den dritten Tabellenplatz starten könnte, der in vielerlei Hinsicht enorm wichtig für die Austria wäre.
Dalibor Babic, abseits.at
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