Analyse: Austria kommt nicht vom Fleck
Bundesliga 17.Dezember.2019 Dalibor Babic
Am 18. Spieltag der österreichischen Bundesliga stand bei der Begegnung zwischen der Wiener Austria und dem Wolfsberger AC für beide Teams das letzte Spiel der Herbstsaison auf dem Programm. Für die Austrianer war dieses Duell dabei so etwas wie das „Spiel der letzten Chance“, denn um an der Meistergruppe dranzubleiben, war ein Sieg und drei Punkte dringend vonnöten. Doch dagegen hatte der WAC klarerweise etwas einzuwenden, brauchten doch auch die Kärntner diese drei Punkte dringend, um an Rapid vorbeizuziehen und die Winterpause auf dem dritten Rang zu verbringen.
Austria startet wie aus der Pistole geschossen
Die Wiener Austria befindet sich in den letzten Wochen auf dem aufsteigenden Ast, ist man doch seit immerhin vier Spielen ungeschlagen geblieben und lieferte zum Teil gute Leistungen ab. Am vergangenen Wochenende trotzte man dem Erzrivalen Rapid auswärts ein 2:2 ab und zeigte dabei speziell im ersten Durchgang eine bärenstarke Vorstellung. Um das Selbstvertrauen war es bei den Violetten daher recht gut bestellt und man schien langsam endlich auf Betriebstemperatur zu kommen. Jedoch plagten die Austria unter der Woche einige Verletzungssorgen, weshalb letztlich auch Senkrechtstarter Pichler für diese Partie ausfiel. Statt ihm rückte der erst 18-Jährige Patrick Wimmer in die Startelf, der sein Talent bei den Young Violets in der zweiten Liga unter Beweis stellte.
Austria-Trainer Ilzer entschied sich auch deshalb für diese Variante, da die Violetten dadurch die Grundformation nicht verändern mussten und im zuletzt etablierten 4-2-3-1 auflaufen konnten. Jedoch war kam man personell speziell auf den offensiven Flügelpositionen arg dezimiert und gab es keinerlei Alternativen mehr. Die Austria wollte aus gutem Grund auch wenig Verändern, kam doch mit dem WAC eine äußerst unangenehm zu bespielende Mannschaft an den Verteilerkreis, die unter der Woche ein beachtliches 2:2 Unentschieden bei der AS Roma holte. Daher waren die Rollen in diesem Spiel auch vertauscht und die violetten Gastgeber gingen als Underdog in diese Partie.
Doch von Anfang an zeigten die „Veilchen“ alles andere als eine Underdog-Rolle, im Gegenteil. Man präsentierte sich äußerst zielstrebig und griffig in den Zweikämpfen, setzte den WAC früh unter Druck und konnte dadurch eine Mehrheit der Duelle für sich entscheiden. Aus diesem Grund verzeichnete man in der Anfangsphase eine klare Mehrheit an Ballbesitz und verlagerte das Spielgeschehen in die Hälfte der Gäste. Die Gründe dafür waren einerseits die schnellen Ballgewinne und der Zugriff im Zweikampf, andererseits aber vor allem das direkte und schnörkellose Spiel nach vorne, welches mit wenig Kontakten und hohem Tempo vonstattenging. Dabei schafften es die Violetten vor allem, über die Flügelzonen die Kärntner immer wieder aufzureißen und sich durchzusetzen. Der Belohnung für diese starke Anfangsphase folgte auch prompt, denn nach einer Standardsituation überhob Kapitän Grünwald den gegnerischen Torhüter sehenswert und brachte die Gastgeber damit in Front. Auch in den nachfolgenden Minuten änderte sich am Spielgeschehen zunächst wenig, auch wenn der WAC allmählich zu immer mehr Ballbesitz kam und begann, das Spiel an sich zu reißen.
WAC bringt Zentrum unter Kontrolle
Nach gut einer halben Stunde liefen sich die Kärntner die Müdigkeit allmählich aus den Beinen und begannen, ihr gewohntes Spiel durchzuziehen. Dieses besticht dadurch, dass man aus dem kompakten rautenförmigen 4-3-1-2 System sehr flexibel und facettenreich agiert. Prinzipiell versucht man die zentralen Regionen zu dominieren und über einen kontinuierlichen Spielaufbau den Gegner zu knacken, agiert dabei aber sehr variabel im Positionsspiel. Vor allem die flexible Positionierung der Achter fällt dabei auf, die wenn nötig auch Breite geben und auf den Flügel ausweichen, um den Gegner zu verwirren und dessen Formation zu strecken. Zum Ende der ersten Halbzeit wurden dabei die Spielprinzipien des WAC immer deutlicher und sauberer, wodurch man den Gegner vor Probleme stellen konnte.
Vor allem die Rotationsbewegungen wussten dabei zu überzeugen, denn man stresste den Abwehrverbund der Austria konstant mit Fall- und Gegenbewegungen, aber auch mit Tiefenläufen. Das erforderte ein hohes Konzentrationsmaß der Gastgeber, da man laufend Abwegen musste, ob man seine Position hält oder den Gegner verfolgt und damit seinen Raum öffnet. Die Violetten versuchten über ihre beiden Offensivspieler Fitz und Monschein und Mithilfe eines 4-4-2 gegen den Ball die Wolfsberger vom Zentrum und dem Sechserraum wegzudrängen, damit die Gäste auf den Flügel ausweichen mussten. Das klappte in der Anfangsphase gut, bekam aber mit Fortdauer der ersten Halbzeit immer mehr Bruchrisse.
Der WAC versuchte folglich den Sechserraum zu überladen und es gab von Achter Ritzmaier, aber auch von Spielmacher Liendl zunehmen Abkippbewegungen nach hinten zu sehen. Damit wollte man das Übergangsspiel aus dem Spielaufbau heraus ankurbeln und für eine bessere Struktur sorgen. Die Wolfsberger stellten die Austria also in vielen Bereichen vor Herausforderungen, die die Violetten im ersten Durchgang überwiegend recht ordentlich bewältigen konnten. Daher ging es auch verdientermaßen mit einer knappen 1:0 Führung in die Halbzeitpause, auch wenn der WAC mittlerweile ein klares Plus an Ballbesitz verbuchte.
„Stressige“ Spielweise bereitet Austria zunehmend Probleme
Nach dem Wiederanpfiff zum zweiten Durchgang, folgte im kommenden Abschnitt eine relativ rassige Phase, in der es auf beiden Seiten ordentlich zur Sache ging. Die Angriffswellen wechselten sich ab und die beiden Mannschaften versuchten zügig und direkt nach vorne zu spielen und den gegnerischen Strafraum zu attackieren. Der Austria gelang es, über die horizontale Spielweise und mittels Verlagerungen immer wieder für schnelle Flügelangriffe zu sorgen, wodurch man flüssig ins letzte Drittel kam. Der WAC überzeugte dagegen auch weiterhin mit den klugen Rotationsbewegungen und einem guten Positionsspiel, brachte insgesamt eine immer bessere spielerische Linie in das eigene Auftreten hinein. Das Spiel hätte in dieser Phase in beide Richtungen kippen können und ein Treffer hing in der Luft.
Doch nach gut 60 Minuten drohte das Spiel nicht nur zunehmend in die Richtung des WAC zu kippen, sondern tat es letztlich auch. Die Kärntner schafften es nun kontinuierlich die Austria über den Spielaufbau zu knacken und vor allem das Zentrum konstant zu bespielen. Spielmacher Liendl fiel immer öfter nach hinten zurück und die Violetten verabsäumten es, diese Bewegungen zu verfolgen und einzudämmen. Dies war auch schwierig, da der WAC die zentralen Räume gut überlud und durch die Rotationsbewegungen und die vielen Positionswechsel die beiden Sechser der Austria einen schwierigen Job zu erledigen hatten. Dabei war es egal, ob der WAC über das Zentrum oder die Außenverteidiger das Spiel aufbaute, man fand über die vertikalen oder diagonalen Pässe meist einen Weg in das Zentrum und in den Zwischenlinienraum, wo man den Violetten wehtun konnte.
Austria-Trainer Ilzer versuchte dann auch auf diese Problematik zu reagieren und mit Jeggo einen zweiten Sechser zu bringen, da auch der Jungspund Fitz in der Arbeit gegen den Ball die Intensität vermissen ließ und zu wenig Widerstand und Unterstützung für die Sechser leistete. Das war allerdings nötig, da der WAC auch noch Ankersechser Leitgeb einwechselte und dieser noch mehr Struktur und Präsenz in das Zentrum brachte. Doch obwohl der Trainer der Violetten auf die Umstände am Feld reagierte und versuchte, die wacklige Defensive zu stabilisieren, fing man sich dennoch den Ausgleich ein. Im Nachgang einer Standardsituation setzte sich der eingewechselte Leitgeb gegen mehrere Gegenspieler durch und legte auf Torjäger Weissman ab, der mit seinem ersten Schuss prompt ins Schwarze und zum 1:1 Ausgleich traf.
Trotz der Strapazen der Europacup-Belastung, schien der WAC die frischere Mannschaft zu sein, während die Austria körperlich hinterherhinkte. Das merkte man vor allem erneut bei der fehlenden Entlastung und einige Spieler konnten die Intensität in beide Richtungen nicht über 65 Minuten halten. Da den Violetten aber auch die Optionen auf der Bank fehlten, konnte man das Ruder auch nicht mehr wirklich rumreißen und kam auch zu keiner Chance auf den Siegestreffer mehr. Der WAC schien sich auf der anderen Seite ebenfalls mit dem Unentschieden anfreunden zu können, weshalb es auch letztlich bei der Punkteteilung blieb.
Fazit
Für die Austria war diese Partie zweifellos ein Spiel der gemischten Gefühle. Einerseits bewies man erneut phasenweise, dass man mit den Teams der Meistergruppe ohne weiteres Mithalten und diese auf vor Probleme stellen kann, aber andererseits folgte mit Fortdauer auch der wiederholte Einbruch und man konnte das Leistungsniveau nicht über 90 Minuten halten. Das wäre nicht so problematisch, würde man nicht arg unter Zugzwang stehen und noch irgendwie den Sprung in die Meistergruppe schaffen wollen. Aufgrund dieser Tatsache ist das Ergebnis daher zu wenig und überwiegt letztlich die Enttäuschung, da es mehr oder weniger das Schicksal der Qualifikationsgruppe besiegelt. Dennoch geht es in kleinen Schritten in die richtige Richtung bei der Austria und Talente wie Sarkaria, Pichler oder Wimmer geben den violetten Anhängern Hoffnung auf bessere Zeiten.
Dalibor Babic
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